lebendig | Uwe Bressnik
Kunst im Dom 2010
Das Projekt „Kunst im Dom 2010“ stellt sich in die Tradition jener kirchlichen Fastentücher in Kärnten, die nicht den gesamten Altar(-raum) verhüllen, sondern lediglich ein Element den Blicken der Kirchenbesucher entziehen. In konkreten Fall ist es das zentrale Altarblatt, das der aus Kärnten stammende in Wien lebende und erst kürzlich mit dem Würdigungspreis des Landes Kärnten ausgezeichnete bildende Künstler Uwe Bressnik als Brennpunkt seiner Kunstintervention auserkoren hat.
Lebendig-bewegtes Fastenbild
Mit mehreren bemalten Netzrasterschichten in den Farben Rot auf Rot auf Blau auf Schwarz verdeckt er das mit ca. 6 x 3,5 Meter sehr groß dimensionierte Altarbild der Klagenfurter Domkirche. Vor dem von Daniel Gran im Jahr 1752 gemalten Altarblatt, das den Abschied der Apostel Petrus und Paulus vor ihrem Martyrium in Rom darstellt, entsteht durch diesen künstlerischen Eingriff eine purpurfarbene (Projektions-)fläche, die sich aufgrund ihrer Mehrschichtigkeit mit jeder Bewegung des Betrachters im Kirchenraum moiréhaft verändert. Die Wahrnehmung eines lebendig-bewegten Bildes wird durch eine von außen gesteuerte rhythmisierte Bewegung des Netzrastergewebes zusätzlich noch verstärkt. Das durch künstliche Beleuchtung akzentuierte neue rote Altarbild bestimmt den Raum- und Farbeindruck der Klagenfurter Domkirche von Aschermittwoch bis Karfreitag.
Schauen und meditieren
Der Blick der Kirchenbesucher wird bereits an der Schwelle des Sakralraumes von Uwe Bressniks Bildinstallation angezogen. Der gleichmäßig pulsierende, purpurrote Farbraum verlangt ein genaues Hinschauen und ein Sich-Einlassen auf das „Bildgeschehen“. Man muss ruhig werden und einen Moment innehalten, um die Veränderung der Bildstruktur deutlich zu erkennen. Den Besinnung suchenden und den nachdenklich-fragenden Betrachter kann dieses Fastentuch/Fastenbild zur Meditation (zum erwägenden Ermessen) und vielleicht auch zur Kontemplation (zur aufmerksamen Beschauung) anleiten und anregen. Der Künstler selbst versteht sein bewegt-lebendiges Bild als pulsierende „Herzklappe“ des Kirchenraumes. Eine große Geste, die von der unscheinbaren aber kontinierlichen Leuchtkraft des Ewigen Lichtes begleitet wird, das in Altarnähe die Gegenwart des lebendigen Gottes symbolisiert.
Kirche ist Leben
Durch die Bild-Intervention von Uwe Bressnik wird die Ostung des Kirchenraumes noch stärker hervorgehoben, seine „Orientierung“ auf die Erwartung der aufgehenden „Sonne der Gerechtigkeit“ als Zeichen für Jesus Christus. Die Farbe Rot verlangt hier – bei aller Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten (Liebe, Herz, Passion, Leidenschaft, Umwälzung/Revolution …) - doch vor allem Sammlung, Konzentration und Reduktion, hin auf die wesentlichen Lebensvollzüge der Kirche, die nicht Organisation und Gedankensystem ist, sondern Leben. Letztlich überzeugt im Glauben nicht Argument und Verstand, sondern „das Herz spricht zum Herzen“ und erreicht so den Menschen. Künstler sind sehr oft auch Fragensteller und Impulsgeber. Das „lebendige“ Altarbild ist auch eine Anfrage an die gegenwärtige Lebenskraft der Kirche.