Die Feier vom Leiden und Sterben Christi
Frühe Formen christlicher Liturgie und die Struktur der Feier am Karfreitag. von Mag. Klaus Einspieler

Hinweise auf frühe Formen christlicher Liturgie
Auch für den Karfreitag gilt: Da diese Liturgie nur einmal im Jahr gefeiert wird, haben die Riten ihre ursprüngliche Gestalt weitgehend bewahren können. Die Feier übermittelt uns demnach auch wichtige Hinweise über liturgische Gebräuche in der Frühzeit des Christentums. Folgende Auswahl an Beispielen soll dies verdeutlichen. Weitere Aspekte wurden bereits im Rahmen der Liturgie des Gründonnerstags genannt.
► Der Altar ist vollkommen leer, ohne Kreuz und ohne Leuchter.
Am Karfreitag wird keine Eucharistie gefeiert, daher ist der Altar leer. Er wird erst für den Kommunionritus bereitet. Im Altertum wurde der Altar erst bei der Gabenbereitung für die Feier der Eucharistie bereitet. An manchen Orten wurde er sogar erst vor der Gabenbereitung von Diakonen in den Altarraum getragen. Nach der Feier wurde der Schmuck wieder entfernt.
► Der Priester und seine Assistenz ziehen zum Altar, verneigen sich vor ihm und werfen sich nieder oder knien. Dann begibt sich der Priester mit seiner Assistenz zu den Sitzen, wendet sich zum Volk und spricht mit gefalteten Händen das Tagesgebet.
Bis ins frühe Mittelalter war die Eröffnung der Eucharistiefeier ein schlichter Ritus, bestehend aus folgenden Elementen: Einzug – Gebetsstille – Tagesgebet. Der Einzug konnte durch eine Kyrie-Litanei oder einen Psalm (Introitus) musikalisch begleitet werden.
Die Karfreitagsliturgie überliefert uns also die Urform einer Eröffnung. Das Niederwerfen vor dem Altar bezeichnet das innige Gebet, das im Tagesgebet in Worte gekleidet wird. Somit könnte man für die Eröffnung folgenden Grundsatz formulieren: Wir sind gekommen, um anzubeten.
► Die großen Fürbitten.
Der Aufbau der großen Fürbitten erinnert an die Grundstruktur des Fürbittgebets in der frühen Kirche: Nennung des Gebetsanliegens – stilles Gebet der Gläubigen – zusammenfassendes Gebet. Das Beugen der Knie ist leiblicher Ausdruck besonders inniger Fürbitte: Die Gemeinde betet in Stille kniend für das Anliegen, das der Priester zuvor genannt hat. Deshalb sollte dem Beugen der Knie eine angemessene Zeit der Gebetsstille folgen, damit das Beugen der Knie nicht zu einer „liturgischen Turnübung“ verkommt.
► Dein Kreuz, o Herr, verehren wir, und deine heilige Auferstehung preisen und rühmen wir:
Denn siehe, durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt.
In diesem Kehrvers leuchtet auf, dass der Karfreitag mehr ist, als das Gedächtnis des Todes Jesu. Die Feier des Karfreitags beinhaltet als Teil der Drei österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung des Herrn auch den Aspekt der Auferstehung. Ursprünglich wurden alle Geheimnisse in einem Gottesdienst gefeiert, der die ganze Nacht umfasst hat.
Die Struktur der Feier
ERÖFFNUNG
Einzug
Gebetsstille (Priester und Assistenz werfen sich vor dem Altar nieder)
Tagesgebet
I. WORTGOTTESDIENST
Erste Lesung: Jes 52,13-53,12
Antwortpsalm: Ps 31*. Kehrvers: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.
Zweite Lesung: Hebr 4,14-16; 5,7-9
Ruf vor der Passion: Phil 2,8b-9
Passion: Joh 18,1-19,42
Gegebenenfalls Homilie
Große Fürbitten
II. KREUZVEREHRUNG
Erhebung des Kreuzes
Verehrung des Kreuzes mit Begleitgesängen
III. KOMMUNION
Bereitung des Altares
Vater unser mit Embolismus
Kommunion
Schlussgebet
ABSCHLUSS
Segensgebet