Die dritte Missionsreise

Auf den Spuren des Apostels Paulus - VIII

Die dritte Missionsreise

Die dritte Missionsreise des Apostels Paulus sollte seine letzte sein. So sieht es die Apostelgeschichte. Ihrer Darstellung folgend verlässt Paulus Antiochia, um die Christen im galatischen Land und in Phrygien zu stärken. In der Tat legt auch der Galaterbrief nahe, dass Paulus zumindest ein zweites Mal in Galatien gewesen ist (Gal 4,13). Von dort zieht er durch das Hochland nach Ephesus. Die Metropole mit ihren 200 000 Einwohnern wird für längere Zeit zum Zentrum seines Wirkens. Hier hat später vermutlich eine Schule des Apostels gewirkt, seine Lehre weiter entwickelt und überliefert. 

Wie groß ist die Artemis von Ephesus?
Der Tempel der Artemis machte Ephesus zu einem der beeindruckendsten Orte der Antike. Nicht wenige Menschen lebten von diesem Pilgerzentrum ersten Ranges. Hier knüpft die Erzählung vom Aufruhr der Silberschmiede in der Apostelgeschichte an (Apg 19,21-40). Vieles in diesem Text gibt die Verhältnisse in der Stadt treffend wieder, etwa die Nennung des Amtes eines Stadtschreibers oder die Volksversammlung im Theater. Wenngleich die Szene in der Apostelgeschichte überzeichnet ist, bestätigt Plinius der Jüngere bereits zu Beginn des 2. Jahrhunderts, dass die heidnischen Kulte wegen des sich ausbreitenden Christentums spürbar an Bedeutung verloren haben. Die Befürchtungen der Devotionalienhändler, die im Theater ihre Stadtgottheit hochleben ließen, sollten sich also bewahrheiten.
Für Paulus war Ephesus das ideale Missionszentrum. Geschäftsleute und Wallfahrer, die sich hier auf der Durchreise befanden, konnten die neue Lehre rasch in die verschiedensten Gegenden und Orte tragen. Vermutlich lebten hier schon vor der Ankunft des Apostels die ersten Christen. Im Haus des Ehepaares Aquila und Priszilla, die mit Paulus von Korinth gekommen waren, hat sich wohl bald eine Hausgemeinde gebildet. 
In Ephesus empfing Paulus auch Vertreter aus anderen Gemeinden, die zu ihm kamen, Nachrichten überbrachten und den Rat des Apostels einholten. Zudem sind hier einige Briefe entstanden, man denke nur an die Korrespondenz mit den Korinthern. Ephesus ist jedoch für den Apostel auch ein Ort des Leidens und der Gefangenschaft. Man nimmt an, dass die Briefe an die Philipper und an Philemon in dieser Situation geschrieben worden sind.

Paulus in Mazedonien und Griechenland
Von Ephesus aus reist Paulus nach Mazedonien und Griechenland, um die Gemeinden zu stärken. Er besucht ein letztes Mal Korinth und schreibt dort sein Hauptwerk, den Brief an die Römer, um seinen Besuch in der Hauptstadt des Reiches vorzubereiten. Dann kehrt er auf dem Landweg zurück nach Philippi. Dort setzt er mit dem Schiff nach Troas über, wo bereits zahlreiche Begleiter auf ihn warten. Wegen des bevorstehenden Pfingstfestes ist Eile geboten. Er möchte es gemeinsam mit Pilgern aus aller Welt in Jerusalem verbringen. Paulus besteigt also in Assos ein Schiff und segelt an Ephesus vorbei. Im nahe gelegenen Milet macht er kurz Halt und lässt die Ältesten der Gemeinde von Ephesus zu sich rufen. Ist er nach den Unruhen in Ephesus mit dem Stadtverbot belegt worden? Die Apostelgeschichte schweigt. Sie überliefert an dieser Stelle die Abschiedsrede des Apostels. Damit wird ein Schlussstrich unter sein Wirken in Syrien, Kleinasien und Griechenland gezogen. Das Feld ist bestellt. Paulus hat es geschafft, das Evangelium in den großen Zentren zu beheimaten. In den Gemeinden lebt eine beachtliche Zahl begnadeter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Apostels. Sie werden die christliche Botschaft ins Hinterland tragen und den Glauben an Jesus, den Herrn verbreiten. 
Paulus besteigt in Milet ein Schiff und fährt über Kos und Rhodos nach Patara. Von dort bringt ihn ein weiteres Schiff nach Tyrus. In Ptolemais ist die Seereise zu Ende. Paulus zieht nach Cäsarea und geht von dort hinauf nach Jerusalem. Aus den Paulusbriefen wird ersichtlich, dass er die Kollekte mit sich führt, für die er in seinen Briefen so eindringlich geworben hat (siehe zum Beispiel 2 Kor 8-9).
In Jerusalem beginnt die letzte Phase im Leben des Apostels – seine Gefangennahme und die Überstellung nach Rom.