Fastenhirtenbrief 2018: Mensch + Gott + Welt
von Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz
Schwestern und Brüder im Glauben!
„Was ist der Mensch“, fragt der Betende in der Bibel seinen Gott und gibt sich selbst die Antwort: „Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott“ (Ps 8).
In der Lebensgeschichte Jesu von Nazareth sehen wir, dass Jesus selbst die Menschen immer wieder fragte: Was brauchst du? Was suchst du? Was soll ich dir tun? Er hatte das Ohr bei den Menschen - und bei Gott, dessen Liebe er in die Welt brachte. Eine Liebe, die unübertrefflich einfühlsam ist.
Was bewegt die Menschen in unserer Umgebung heute? Was brauchen sie? Was suchen sie? Was sollen wir für sie - oder mit ihnen - tun? Das sind Fragen, zu denen ich uns in der Fastenzeit einlade. Sich diese Fragen zu stellen und dabei bewusst auf uns fremde Menschen und Milieus zuzugehen, fordert uns heraus uns Zeit dafür zu nehmen und auf die Antwort zu warten. Den Blick auf die Menschen um uns herum zu richten und ihnen nahe zu sein schafft eine neue Perspektive. Es ermöglicht uns, den Menschen in uns aufzunehmen, mit ihm in Gemeinschaft zu sein, ihn zu halten, zu tragen, von ihm zu lernen und uns von ihm berühren zu lassen, um für ihn da sein zu können. Lassen wir uns auf die unübertrefflich einfühlsame Liebe Gottes ein, die Menschen so zu lieben und anzunehmen, wie sie sind, auch wenn sie ganz anders sind als wir. An Gott dürfen wir dabei Maß nehmen, denn auch Gott liebt mich so wie ich bin.
Wir hören vielleicht von Bedrängnissen des Lebens, unter denen jemand (fast) zerbricht. Wir treffen Menschen auf der Suche nach einem letzten Sinn, in den er sich fallen lässt. Wir begegnen Menschen, die erahnen, dass Leben mehr ist als der Konsum von immer mehr und immer schneller. Wir entdecken die Bereitschaft vieler Menschen ihre Gefühle in religiösen Gesten zum Ausdruck zu bringen, wie zum Beispiel in einem Kreuzzeichen, im Anzünden einer Kerze, beim Fasten, im Gehen eines Pilgerweges, im Suchen der Stille in einer Kirche, in einem Kloster oder im Mitfeiern eines Gottesdienstes. Viele lassen sich auf eine bestimmte Form von Religiosität ein und ahnen etwas von Gott. Sie hören Gott wie in einer Flüsterstimme, die den Prophet Elija in der Höhle erreichte, als er nicht mehr weiter konnte (1 Kön 19,3–13). Viele in unserem Land kennen die überwältigende Wirklichkeit Gottes bei einem Sonnenaufgang am Berg, andere wiederum erspüren ihn in der Musik.
Ich lade Sie ein, den Menschen zu suchen und Gott zu finden – in der Welt so wie sie heute ist.
Gott ist auch im Leid zu finden, in einer schweren Krankheit, oder in der Erfahrung des Verlusts von Lebensbeziehungen. Solche Situationen brauchen keine Rede von Gott. Sie brauchen unsere Nähe in jenen Lebenssituationen, in denen wir sie nicht alleine lassen, wenn sie klagen, anklagen und wütend auf Gott sind. Diese Erfahrungen auszuhalten, durchzutragen und jemandem – ich denke an Gott – in die Hände zu legen, schenkt einen neuen Blick auf die Welt in uns und um uns.
Mensch – Gott - Welt sind die großen Themen, die uns in den nächsten Jahren zum 950 Jahrjubiläum der Diözese Gurk und zur 50 Jahrfeier der Kärntner Diözesansynode im Jahr 2022 begleiten. Auf den Menschen in der Welt von heute zugehen, ihn nach seiner Hoffnung und Not fragen, ihm mit Jesus Christus nahe sein, Gott in ihm und mit ihm entdecken und die Welt mit den Augen Gottes sehen, der unübertrefflich einfühlsamen Liebe, das soll unser pastorales Programm werden.
Gott, begleite uns auf diesem Weg zu den Menschen!
Beginnen wir mit Fasten und Beten einen gemeinsamen Weg der Hoffnung.
Dr. Alois Schwarz
Diözesanbischof
Klagenfurt, Aschermittwoch 14. Februar 2018