Nicht anders können
„Glaube und Zivilcourage“ war das Thema des Vortrags in Villach-St. Martin
Was ist Zivilcourage? Wie hilft der Glaube zu einem couragierten Handeln? Welche Situationen erfordern solches Handeln? Wer sind die Menschen, die so handeln? Das waren nur einigen der Fragen, auf die Referentin Sr. MMag. Silke Malmann im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gleich-gültig glücklich. Leben zwischen Welten“ am 26. Juni im Pfarrzentrum Villach-St. Martin Antworten suchte.
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Juden holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der hätte protestieren können. (Martin Niemöller)
Am Anfang wies Sr. MMag. Silke Mallmann auf die Menschen mit verschiedenem Hintergrund und den unterschiedlichen Lebensbereichen hin (Ghandi, Franz von Assisi, Soon Lee, Nelson Mandela, Sophie Scholl, Oscar Romero, Dietrich Bohnhoefer, Ana Politoskaja usw.), die ihr Leben für ihre Mitmenschen oder Menschenrechte eingesetzt haben. Sie alle hatten Mut zum eigenen Urteil, woraus dann auch der Mut (fr. courage) zum staatsbürgerlichen (Bürger: lat: civis) Handeln folgte. Die Soziologin Nunner-Winkler nennt zwei wesentliche Kriterien für Zivilcourage: Die Handlung muss sich an demokratisch-zivilgesellschaftlichen Grundwerten orientieren und sie muss persönlichen Mut erfordern, also mit gewissen Risiken und Gefahren für die handelnde Person verbunden sein. Man kann drei Arten des zivilcouragierten Handelns unterscheiden: Eingreifen (zugunsten anderer, meist in unvorhergesehenen Situationen, in die man hineingerät und schnell entscheiden muss, was man tut); Sich-Einsetzen (meist ohne akuten Handlungsdruck – für allgemeine Werte, für das Recht oder für legitime Interessen anderer, vor allem in organisierten Kontexten und Institutionen); Sich-Wehren (nicht selten verbindet sich das Eintreten für andere mit dem legitimen eigenen Interesse, sich couragiert zu wehren gegen akute Zumutungen und Angriffe, besonders auch gewaltsamer Art).
„Eine Möglichkeit kirchlichen Handelns besteht darin, nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“. (Dietrich Bonhoeffer)
Das kirchliche Handeln kann sich in dem erschöpfen, dass man sich um die Opfer, also um die Menschen kümmert, nach dem ihnen das Unrecht passiert ist. Oder es wird schon aktiv, bevor die Menschen zu Opfern werden. Dabei ist immer zu beachten, dass Gott am Werk ist. Der Glaube, Gott sei immer mit uns auch in den dunkelsten Momenten unseres Lebens, ist ein Motor und Trostspender zugleich. So lange wir den Glauben an seine Begleitung nicht verlieren und uns vor allem auf ihn verlassen, brauchen wir keine Angst haben.
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet. Amen. (Bonhoeffers Glaubensbekenntnis von 1934)
An den Beispielen von Oscar Romero, Dietrich Bonhoeffer, Franz Jägerstetter und Trapistenmönchen in Algerien veranschaulichte Sr. Mallmann, wie die Christen zivilcouragiert handeln. Einsatz für die Armen und Entrechteten, Beharren auf den Menschenrechten, Treue zu eigenen Überzeugungen trotz aller Bedrängnis und für die Mitmenschen da sein ungeachtet aller Bedrohung, war die charakteristische Grundhaltung für die Genannten. Sie alle orientierten sich an Jesus Christus und seinem Handeln. Als Christen konnten sie nicht anders und wir sollten es auch nicht anders können.