Fastenzeit 2021: In der Kraft des Kreuzes
Das Kreuzbild von Helene Wernig bildet die zentrale Botschaft der diesjährigen Kunstinstallation. Ab Aschermittwoch lädt die Stadtpfarre zur Betrachtung des Kunstwerkes und zum persönlichen Gebet in die Markuskirche ein.
Nach den Werken von Lisa Huber (2019) und Walter Melcher (2020), dient das Bild von Helene Wernig der diesjährigen Fastentuch-Installation in der Markuskirche. Das gesamte Projekt wurde unter dem Titel „In der Kraft des Kreuzes“ wie alle früheren Installationen in einer extra von Pfarrer Christoph Kranicki dafür geschriebenen Betrachtung vorgestellt:
Die heurige Fastentuchinstallation in der Wolfsberger Markuskirche bilden zwei Elemente: Ein weißes Tuch, das einem Leinentuch gleicht, und ein zentral über dem Volksaltar platziertes Kreuz von Helene Wernig. In seiner Einfachheit verzichtet das gesamte Kunstwerk auf Lärm und Buntheit. Das weiße Verhüllen des Hochaltares symbolisiert die Stille des Karsamstags, das im Schweigen umgewickelte Geheimnis des Lebens. Das Kreuz aber geht voraus, es ist der Weg und der Ort der Begegnung, der die Realität des eigenen Lebens hautnahe berührt. Seine lebendige Farbe symbolisiert Dynamik und Lebendigkeit und deren Potenzial, welches sich im Leiden entfalten kann.
Du bist nicht der Messias
Das Kreuz Jesu in seiner vielen künstlerischen Versionen zeigt oft direkt die Brutalität des Golgotha-Geschehens. Der Höhepunkt des Gott-Vernichten-Wollens interpretiert man nicht selten als die totale Zerstörung von allem, was die Schönheit des Menschen betrifft. Das zeigt uns das Kreuz: „Du bist nicht der Messias! Du bist nicht die Wahrheit! Du bist nicht die ewige Schönheit!“ Alles, was in dem Gott-Menschen wunderbar war, wurde durch Macht- (oder Angst-) Demonstration zerstört. „Steige vom Kreuz!“ Ein Paradox: Schmerz und Unfriede, Wunden und Verletzungen wurden so zu einem Ort, wo man Seine besondere Nähe erfahren kann. Das Kreuz ist aber nur eine Station.
Ich verstehe deine Situation
Nur ein so "vernichteter" Gott kann uns helfen, unsere eigenen alltäglichen Kreuze zu tragen. Die unverwechselbare Glaubwürdigkeit des Kreuzes bedeutet: „Keine Dimension deines Lebens, keinen Schmerz, den du zu (er)tragen hast, ist mir fremd. Ich verstehe dich, ich habe auch gelitten!“ So ist das Leiden eine besondere Ehre. So sind wir durch das Leiden Gott ähnlich, weil er selber uns im Leiden ähnlich geworden ist. Das anzunehmen und mit dem Kreuz Jesu eigene Schmerzen zu vereinen, kann zur Heilung und zur Befreiung führen, zu denen am dritten Tag gehörten Worten: „Friede!“
Liebesbeweis Gottes
Unsere Verletzungen, unsere manchmal so komplizierten Lebensgeschichten und Schicksalsschläge trennen uns nicht von Gott, sondern verbinden uns nur inniger mit ihm. Offene Wunden sind kein Vorwurf! Sie schreien, sind manchmal wie verzweifelte Hilferufe. Aber Gott verurteilt es nicht, im Gegenteil: So wird ihnen eine besondere Aufmerksamkeit Gottes geschenkt. Das Kreuz ist so ein Zeichen des Sieges und der Liebe. Ein Zeichen der Hoffnung. Du bist im Leiden nicht allein! Hinter dem weißen Leinentuch wartet die stille Anwesenheit dessen, der nie enttäuscht. Vertraue!
"Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat." (Joh 3,16)
Helene Wernig (geb. 1970)
Vor ca. 25 Jahren habe ich meine Liebe zum Malen entdeckt. Diese Liebe wurde aber nur in meinen vier Wänden, ganz heimlich, gepflegt. Nach jahrelanger Schlummerphase ist diese Liebe nun wieder lebendig geworden. Dabei waren zwei Bereiche entscheidend. Die Annahme und die Auseinandersetzung mit der eigenen, oft schmerzlichen, Lebensgeschichte. Dadurch lernte ich, meine ursprünglichen Wurzeln anzunehmen. Ebenso hat mich in der Zeit der Krankheit, der Weg der Heilung auf leiblicher und geistiger Ebene geformt. Sie haben neues Leben in mir erweckt. Daraus wuchs die innere Freiheit.
Dieses Kreuz ist in der Lebenssituation meiner 2. Krebsgeschichte entstanden, die nach einer längeren Krankengeschichte noch so eine Draufgabe war. Ich kann nicht mehr genau sagen, warum mir die Idee eines Kreuzes kam, aber tief und deutlich spürbar war ein Kreuz… ein Kreuz, mein Kreuz tragen… bestehend aus mehreren Teilen zu Einem zusammengefügt. Der Mensch ist ein Ganzes und doch sind wir mehr... Körper, Geist und Seele… und immer wieder die Sehnsucht nach dem Eins–sein. Das menschliche Kreuz… manchmal leichter…manchmal schwerer… ergibt sich nicht immer nur aus einem Schmerz… einer Verwundung… einer tiefen Verletzung… die sich nach Heilung sehnt. Rot, die Farbe der Leidenschaft… leidenschaftlich leben, hungrig sein nach Leben… nach Liebe… die Sehnsucht und Erwartung, dass nach diesem Schmerz die Heilung folgt… Wandlung… das Blut Christi aus Liebe zum Menschen… das Kreuz ist aber auch Hoffnungsträger… der Querbalken… die ausgebreiteten Arme… sie laden ein… fordern auf…wollen umarmen… zärtlich berühren…