Engelbert Kolland von Papst Franziskus heiliggesprochen
20. Oktober 2024
Seit dem 20. Oktober 2024 hat Österreich einen neuen Heiligen: Engelbert Kolland (1827-1860). Er wurde mit elf weiteren Männern und zwei Frauen von Papst Franziskus in Rom heiliggesprochen. Bei dieser Feier waren eine große Abordnung aus Tirol, vier Bischöfe aus Österreich und die Franziskaner der Provinz Austria aus Österreich, Südtirol und der Schweiz (auch aus Villach) dabei.
„Abouna Malak” - Vater der Engel
Seit Jahrhunderten war das Zillertal Grenzgebiet zwischen den ferne kirchlichen Zentren Salzburg und Brixen. Geprägt war das Gebiet, wie in Kärnten auch durch die Reformation. Diese kam mit Wanderhändlern und Knappen in das Tal, wurde aufgenommen, gepflegt, weitergegeben und bis zum Äußersten verteidigt – ebenso im 19. Jahrhundert.
Turbulente Kinder- und Jugendjahre
Engelbert Kolland war das fünfte von sechs Kindern. Er erblickte am 21. September 1827 das Licht der Welt und wurde bereits am nächsten Tag in der Pfarrkirche Zell am Ziller auf den Namen Michael getauft. Gemeinsam mit seinen Eltern Kajetan und Maria, geborene Sporer, und seinen Geschwistern, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen in Ramsau auf und war ein lebhafter Junge. Sein Vater Kajetan war Holzknecht und Sprecher der damaligen (heimlichen) Lutheraner. Aufgrund des Glaubensstreits im Zillertal musste die Familie Kolland 1837 ihre Heimat verlassen und es veschlug sie nach Rachau bei Knittelfeld in der Steiermark.
Der junge Michael konnte trotz der Herausforderungen durch „Zufall” mit Unterstützung von Fürsterzbischof Kardinal Friedrich von Schwarzenberg (1809-1885) gemeinsam mit seinem Bruder Florian in Salzburg das Gymnasium besuchen. Michael trat in das Knabenseminar ein. Die Zeit war für ihn jedoch keine einfache. Immer wieder hatte er mit Schwierigkeiten zu kämpfen und unterbrach sogar einmal die Schulzeit.
In dieser Zeit half er seinem Vater und Onkel in der Steiermark als Holzarbeiter. Letzten Endes konnte er dennoch in einem zweiten Anlauf 1847 die Matura absolvieren. Kurz darauf trat er bei den benachbarten Franziskanern in Salzburg ein, wo er den Ordensnamen Engelbert angenommen hatte.
Im Jahr 1851 wurde er von Erzbischof Johannes Nepomuk von Tschiderer (1777-1860) im Dom in Trient zum Priester geweiht. Danach verbrachte er einige Jahre im Kloster in Bozen, wo er sich vor allem dem Fremdsprachenstudium widmete.
Mission in Damaskus
Sein Sprachentalent entfaltete sich bereits während seines Studiums. Zurzeit seines Philosophiestudiums in Schwaz übersetzte er sogar das vierbändige spanische Werk über „Maria, die Mystische Stadt Gottes” von Maria von Agreda aus dem Spanischen ins Deutsche. Er beherrschte außerdem neben Englisch, Italienisch und Französisch auch Arabisch.
Aufgrund seiner ausgeprägten sprachlichen Fähigkeiten und auf seinem eigenen Wunsch hin, wurde Engelbert vier Jahre nach seiner Priesterweihe als Missionar ins Heilige Land gesandt. Die dreiwöchige Überfahrt hätte dem Franziskaner wegen einer Seekrankheit fast das Leben gekostet. Der Ritt von der Küste nach Jerusalem war nicht weniger halsbrecherisch.
Zuerst hielt Engelbert sich für eine kurze Zeit in der Grabeskirche in Jerusalem auf, wo die Franziskaner – die „Brüder mit dem Strick” – seit dem Jahr 1309 durch Erlaubnis des Sultans von Ägypten stationiert sind. Danach erhielt er die Sendung für seinen zukünftigen Einsatzort: Damaskus.
Mit großer Neugier und Offenheit begegnete er den orientalischen Bräuchen und Sitten. Unermüdlich bemühte sich Engelbert um die Seelen der Menschen. Aufgrund seiner stetigen Hilfsbereitschaft und insbesondere seiner ausgezeichneten Arabischkenntnisse, wurde Kolland von der Bevölkerung sehr geschätzt.
Schon bald erhielt er von dieser den Namen „Abouna Malak”: „Vater Engel”. Der „Engel” erteilte Religionsunterricht, unterrichtete in der Klosterschule Sprachen, musste Streit schlichten, eheliche Zwiste bereinigen, kümmerte sich um viele Arme und Kranke und stand den Sterbenden bei. Wenn irgendwo eine Medizin für Leib oder Seele fehlte, Engelbert konnte sie stets auf irgendeine Art und Weise verschaffen. So wurde der Zillertaler wahrlich allen alles, wie es der Apostel Paulus im 1 Kor 9, 22 formuliert: "Den Schwachen wurde ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten."
Martyrium
Nach fünf Jahren seines Wirkens in Damaskus kam es in den Tagen vom 9. bis zum 16. Juli 1860 zu einer massiven Christenverfolgung. Bei einem allgemeinen Aufstand der Drusen, einer militanten islamischen Gruppierung, wurde das Christenviertel dem Erdboden gleich gemacht. Rund 8.500 Christen fanden dabei den Tod. Ebenso erlitt Engelbert mit acht Mitbrüdern aus Spanien den Märtyrertod, nachdem sie sich mehrmals geweigert hatten, dem Glauben an Christus abzuschwören. Engelbert frag-
te einen von den Verfolgern, der ihm mit dem Leben drohte: „Freund, was habe ich dir getan, dass du mich töten willst?” Dieser antwortete: „Nichts, aber du bist Christ.” Nachdem Engelbert zum dritten Mal gefragt wurde, ob er von Christus loslasse, dieser aber seinen Glauben zum Herrn Jesus Christus nicht verleugnete, wurde der 33-jährige Franziskaner mit einem Axthieb getötet.
Noch bevor die Brüder Ziel der Angreifer wurden, welche mit Hilfe eines Verräters in das Kloster eindringen konnten, hatten sich die Brüder zum Gebet vor dem Allerheiligsten versammelt, empfingen die Kommunion und erteilten einander die Absolution.
Heiligsprechung
Engelbert und seine Mitbrüder sowie drei maronitische Brüder wurden am 10. Oktober 1926 von Papst Pius XI. (1857-1939) seliggesprochen.
Am 20. Oktober 2024 hat Papst Franziskus Engelbert Kolland mit einer über 300-köpfigen Delegation aus Österreich und unter Anwesenheit von Erzbischof Franz Lackner und den Bischöfen Hermann Gletter und Wilhelm Krautwaschl sowie dem Weihbischof aus Salzburg, Hansjörg Hofer, heiliggesprochen.
Papst Franzisus würdigte in seiner Predigt die neuen Heiligen als "treue Diener", die den Stil Jesu gelebt haben. Des Weiteren betonte der Papst die Gläubien auf, es ihnen gleichzutun und ein Leben im Dienst für andere zu führen. Dieser christliche Lebensstil beziehe sich nicht auf eine Liste von Dingen, die zu tun sind, "so als ob wir unsere Arbeit als getan ansehen können". Weiters betonte Franziskus: "Der Dienst entspringe der Liebe und diese kenne keine Grenze. Vielmehr gebe sie sich hin und schenke sich. Wenn wir lernen zu dienen, wird jede unserer Gesten der Aufmerksamkeit und Fürsorge, jeder Ausdruck von Güte, jedes Werk der Barmherzigkeit zu einem Widerschein der Liebe Gottes. Und so führen wir alle das Werk Jesu in der Welt fort".
Mit Kolland wurden auch elf weitere Märtyrer aus Damaskus heiliggesprochen, darunter acht spanische Franziskaner rund um ihren Klostervorsteher Manuel Ruiz López sowie mit Francis und Abdel Moati sowie Raphael Massabki drei maronitisch-katholische Laien. Auch drei Gründer von katholischen Ordensgemeinschaften wurden in den Heiligenkalender aufgenommen: Die Kanadierin Marie-Leonie Paradis (1840-1912), Gründerin der Kongregation der Kleinen Schwestern von der Heiligen Familie von Sherbrooke, die Italienerin Elena Guerra (1835-1914), die die Oblatinnen des Heiligen Geistes gegründet hatte, sowie den italienischen Priester Giuseppe Allamano (1851-1926), Begründer der Kongregation der Consolata-Missionare.
Verehrung Engelbt Kollands
Viele Votivtafeln bezeugen, dass seit dem Märtyrertod des Engelbert Kolland viele Menschen bei ihm Zuflucht gesucht und auf seine Fürsprache hin Erhörung gefunden haben. Als geistliche Früchte der Jubiläumsfeierlichkeiten im Jahr 2010 sind u. a. die Engelbert Kolland Gemeinschaft und die Monatswallfahrt in Zell am Ziller entstanden. Immer wieder besuchen Gläubige aus nah und fern den Geburtsort (Ramsau) und die Taufkirche (Pfarrkirche Zell) des Heiligen.
Neben Zell am Ziller befindet sich auf dem Penken, einem Schigebiet im hinteren Zillertal, nächst der Granatalm der Familie Kröll-Brindlinger, die „Granatkapelle zum Seligen Engelbert Kolland”, welche am 22. September 2013 feierlich geweiht wurde. Diese ist auf Finkenberger Gemeindegebiet in 2087m Seehöhe, östlich des Speicherteiches mit Blick auf die Heimatgemeinde des Seligen Engelbert Kolland situiert.
Weitere Gedenkstätten des Seligen befinden sich neben Damaskus und Tirol ebenso in Salzburg und Graz. Eine Reliquie des Seligen ist aktuell auch in St. Nikolai vorhanden.
Engelbert ist nicht nur der einzige in der Erzdiözese Salzburg geborene Märtyrer und seit 1986 zweiter Pfarrpatron der Pfarre Zell am Ziller, sondern neben dem Franziskaner Liberat Weiss der zweite Provinzpatron der Franziskanerprovinz Austria und Südtirol. Sein Gedenktag ist der 10. Juli. Er wird in diversen Angelegenheiten als Fürbitter angerufen, z. B. bei Nerven-, Hals-, Ohren- und Augenleiden, ebenso bei Gerichtsangelegenheiten und bei Schulprüfungen.