Pfarre

Villach-St. Josef

Glaubensgedanken aus Sankt Josef und von anderswo

Pfingsten: die werdende Kirche und ihre Ämter

Bildunterschrift (Eugène Delacroix - Göttin der Freiheit im Zentrum der französischen Julirevolution - im Bild als Collage mit einer Kirchenfahne (hb)Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Eugène Delacroix - Göttin der Freiheit im Zentrum der französischen Julirevolution - im Bild als Collage mit einer Kirchenfahne (hb)

Fünfzig Tage nach der Erweckung des Herrn begeht die Kirche das Pfingstfest. Es ist das Fest der Herabkunft des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist jene Kraft, die die Trennungslinie zwischen Synagoge und Kirche zieht. Warum? Der Heilige Geist führt die Urgemeinde zur Erkenntnis, dass Jesus von Nazareth der Messias Gottes ist. Wenngleich der erweckte Herr zu Seite des himmlischen Vaters thront, ist Begegnung mit Christus im Herrenmahl zugesagt. Da das Kreuz als Hingabe des Sohnes Gottes für das Leben der Welt gedeutet wird, verzichtet die junge Kirche auf Opferkulthandlungen. Es bedarf keiner weiteren Opfer mehr und auch keiner Kultpriester. Wohl aber bedarf es der Gemeindeleitung und Gemeindeaufsicht. Die Legitimität für die Gemeindeleitung und Gemeindeaufsicht bezieht die junge Kirche nicht durch die Synagoge. Die im Herrenmahl lebendig gehaltene Christusbindung macht die Jünger zu Abgesandten Christi. Die Bibel gibt es mit den Worten wieder: „Empfangt den Heiligen Geist! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Was die Bibel als direkte Anweisung darstellt, ist in Wirklichkeit die literarische Verarbeitung eines langen Klärungs- und Loslösungsprozesses der Urgemeinde von der Synagoge. Die Jünger*innen bezeugen Jesus als den einzigen Weg zum Vater und begegnen ihm im eucharistischen Mahl. Das Mahl ist unterschiedlos offen für alle. Weder das Geschlecht noch der gesellschaftliche Stand spielen eine Rolle. Es gebe weder Juden noch Griechen, weder Sklaven noch Freie, weder Mann noch Frau, alle seien Einer in Christus, schreibt Paulus an die Gemeinde in Galatien. Die junge Kirche sucht im Vielvölkerstaat des Imperium Romanum nach zukunftsfähigen und mehrheitstauglichen Veränderungen. Die gesellschaftliche und kulturelle Wirklichkeit im Vielvölkerstaat ist in den Riten und Ämtern der jungen Kirche abgebildet. Die Mehrheitsfähigkeit der Kirche liegt im Wahrnehmen der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die Geistkraft von oben öffnet dafür die Augen und regelt mutig die Ämterfrage. Es gibt keinen männlichen Vorbehalt.

Ihr Pfarrmoderator Herbert Burgstaller