Geistlicher Adventskalender am 8. Dezember 2020
von Stadthauptpfarrer Dr. Richard Pirker
Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter Maria
Hymnus
Lied der Maria
Anfang, wüst und leer.
Schoß, der ohne Frucht.
Noch kennt mich kein Mann, noch sagt kein Kind: DU.
Zu Dir steigt mein Herz.
Manche sehend mich, aufrecht stehend mich, dass mein Name klingt.
Dass ich höre. Ruf‘
Aus der Fron mich fort.
Wecke Kraft in mir, dass ich werde frei.
Engel, der mich fand, meinen Namen sprach wie ein Segenswort – Stimme aus dem Licht, wo Gerechtigkeit wie in Flüssen strömt, wo der Weinstock blüht hoch an Klippen noch, zeig‘ mir nicht umsonst, was mein Herz verlang.
Gib Beharrlichkeit meiner Zuversicht.
(Huub Osterhuis)
Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas - Lk 1,26-38.
In jener Zeit wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabeth, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Glaubensüberzeugung und Dogma von Bischof M. Scheuer, Linz
Am 8. Dezember 1854 verkündete Pius IX. die feierliche Erklärung, dass die „allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis aufgrund einer besonderen Gnade im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi von jedem Makel der Erbsünde bewahrt geblieben ist“ (Bulle Ineffabilis Deus). Pius IX. verkündete damit keine neue Lehre, sondern erhob eine seit dem Frühchristentum verbreitete Glaubensüberzeugung in den Rang eines Dogmas.
Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria - Immaculata Conceptio. Das lateinische Wort „conceptio“ verweist auf das „Konzept“, auf den Plan: In Maria wurde das ursprüngliche Konzept Gottes vom Menschen verwirklicht. Maria hat sich nicht anstecken, nicht vergiften, nicht mitreißen lassen. Die Sünde mit ihren Verleiblichungen, ihren Strukturen, ihrer Verführkunst hatte bei ihr keine Chance. Das ist nicht in dem Sinn misszuverstehen, dass sie es leicht gehabt hätte und souverän von Erfolg zu Erfolg geeilt wäre. Sie war hineingestellt in die harte Welt der Arbeit. Ihre Vorstellungen von Zukunft wurden durchkreuzt. Erfahrungen, keinen Platz zu haben und auf der Flucht zu sein, waren ihr nicht fremd. Auch ihre Beziehung zu Jesus war nicht einfach lieb und nur harmonisch. In den Evangelien wird sie vor den Kopf gestoßen. Der Abschied und die Distanzierung Jesu werden für sie durchaus schmerzlich gewesen sein. Wenn selbst Jesus versucht worden ist, dann Maria doch wohl auch. Maria ist ohne Erbsünde empfangen, d. h. die negativen Prägungen durch andere, die Ansteckungskraft der Sünde haben bei ihr nicht gegriffen. Sie stand im Kraftfeld der Gnade. Gott selbst unterbricht von innen her die Verstrickung in die Geschichte der Sünde, er unterbricht die Teufelskreise der Lüge, der Gewalt, der Bosheit und Niedertracht. Und zwar nicht mit Gewalt! Immer dann, wenn versucht worden ist, durch Gewalt, durch Revolution die heile Welt, das Paradies, die herrschafftsfreie Kommunikation, die totale Gerechtigkeit herbeizuführen, wurde die Spirale der Gewalt vorangetrieben, wurden Lüge und Gewalt zementiert.
Mit Maria setzt Gott einen Neubeginn. Sie ist ein Mensch wie du und ich. Es wäre wiederum falsch, diese Erwählung Marias im Sinne eines Privilegs zu deuten. Der schielende und neidische Vergleich oder das Messen von Zahlen sind keine angemessenen Zugänge zur Wirklichkeit von Gnade. Die Erwählung Marias ist im Hinblick auf die Erlösung der Menschen zu verstehen. „Ohne Neid teile ich mich mit“, heißt es im Buch der Weisheit von ebendieser Weisheit. In Maria leuchtet das Bild der gelungenen Schöpfung, die Ikone des glaubenden Menschen, die Verheißung des erlösten Menschen, das Urbild der Kirche auf. Gnade ist das künstlerische Wirken Gottes an ihr, in dem die Dynamik des Mittuns und Mitwirkens liegt.
(Aus: Und eine Spur von Ewigkeit. Ein geistlicher Begleiter durch das Jahr. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2006.)
Gebet
Gott, du hast in einer unbegreiflichen Liebe Maria zur Mutter deines Sohnes erwählt. So wurde sie inmitten es Unheils dieser Welt zur begnadeten Pforte des Heils. Schenk uns die Freude, in Marias Erwählung auch unsere eigene Berufung zu erkennen. Darum bitten wir durch Jeus Christus, unseren Herrn.
(Stefan Klöckner)