Geistlicher Adventskalender am 15. Dezember 2020
von Stadthauptpfarrer Dr. Richard Pirker
Hymnus
Wir sind so sehr verraten,
von jedem Trost entblößt.
In all den schrillen Taten
ist nichts, das uns erlöst.
Wir sind des Fingerzeigens
der plumpen Worte satt.
Wir wolln den Klang des Schweigens,
der uns erschaffen hat.
Gewalt und Gier und Wille
der Lärmenden zerschellt.
O komm, Gewalt der Stille,
und wandle du die Welt.
(Werner Bergengruen)
Bergengruen öffnet uns hier die Augen. Er macht bewusst, dass Stille nicht etwas Schwaches ist, das übrig bleibt, wenn uns die Kraft fehlt, uns noch irgendwie am Laufen zu halten. Ganz im Gegenteil: die Stille ist eine gewaltige Kraft: eine Kraft, die unsere Welt verändern kann, und die Welt um uns herum. Stille ist ein kostbares, seltenes Gut, es ist wie ein Ausblick auf einem Berg hinab in eine Nebellandschaft. Unsere Zeit hätte jetzt die Chance, Corona als eine von außen aufgelegter Zeit der Stille zu schätzen, um wieder geistvoll und kreativ zu werden, vor allem, um Gottes Geist wieder in uns uns und um uns herum zu spüren.
LESUNG AUS DEM BUCH ZEFANJA (AUS DEM UNGEKÜRZTEN 3. KAPITEL)
31Weh der widerspenstigen, befleckten, tyrannischen Stadt! 2Sie will nicht gehorchen noch sich zurechtweisen lassen; sie will auf den Herrn nicht trauen noch sich zu ihrem Gott halten. 3Ihre Oberen sind brüllende Löwen und ihre Richter Wölfe der Steppe, die nichts bis zum Morgen übriglassen. 4Ihre Propheten sind leichtfertig und voll Trug; ihre Priester entweihen das Heiligtum und deuten das Gesetz freventlich. 5Der Herr ist gerecht in ihrer Mitte und tut kein Arges. Er bringt alle Morgen sein Recht ans Licht; es bleibt nicht aus. Aber der Frevler kennt keine Scham. 6Ich habe Völker ausgerottet, ihre Burgen verwüstet und ihre Gassen so leer gemacht, dass niemand darauf geht; ihre Städte sind zerstört, dass niemand mehr darin wohnt. 7Ich sprach: Mich sollst du fürchten und dich zurechtweisen lassen –, so würde ihre Wohnung nicht ausgerottet und nichts von allem kommen, womit ich sie heimsuchen wollte. Aber sie sind eifrig dabei, alles Böse zu tun. 8Darum wartet auf mich, spricht der Herr, bis auf den Tag, an dem ich als Kläger auftrete; denn mein Recht ist es, Völker zu versammeln und Königreiche zusammenzubringen, um meinen Zorn über sie auszuschütten, ja, alle Glut meines Grimmes; denn alle Welt soll durch meines Eifers Feuer verzehrt werden.
DAS KOMMENDE HEIL
9Dann aber will ich den Völkern reine Lippen geben, dass sie alle des Herrn Namen anrufen und ihm einträchtig dienen. 10Von jenseits der Ströme von Kusch werden meine Anbeter in der Zerstreuung mir Geschenke bringen. 11Zur selben Zeit wirst du dich all deiner Taten nicht mehr zu schämen brauchen, mit denen du dich gegen mich empört hast; denn dann will ich deine stolzen Prahler von dir tun, und du wirst dich nicht mehr überheben auf meinem heiligen Berge. 12Ich will in dir übrig lassen ein armes und geringes Volk; die werden auf des Herrn Namen trauen. 13Und diese Übriggebliebenen in Israel werden nichts Böses tun noch Lüge reden, und man wird in ihrem Munde keine betrügerische Zunge finden, sondern sie sollen weiden und lagern ohne alle Furcht. [14] Jauchze, du Tochter Zion! Frohlocke, Israel! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem! [15] Denn der Herr hat deine Strafe weggenommen und deine Feinde abgewendet. Der Herr, der König Israels, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unheil mehr fürchten musst. [16] Zur selben Zeit wird man sprechen zu Jerusalem: Fürchte dich nicht, Zion! Lass deine Hände nicht sinken!
Zum Nachdenken: Sind diese Prophetenworte nicht auch für unsere Zeit geschrieben? Die Oberen sind brüllende Löwen, - man denke an – sich selbst inszenierende Präsidenten oder Staatsobere, man denke an Priester und Geistliche, die sich an Kindern vergangen haben, an das Heiligtum schlechthin, ihre Seelen. Gottes Wege und sein Geist verheißen uns einen herrlichen Ausblick: Es wird eine Zeit der Gerechtigkeit geben, ein neues Israel, eine erneuerte Kirche, wo die Freude an Gott der Lebensimpuls und die Liebe zum Nächsten das Grundmuster unseres Handelns sein werden.
Zur Meditation von hl. J. H. Newman, der vor 130 Jahren gestorben ist.
Wie sehr wir auch in allgemeinen Worten vorgeben, dass wir geändert werden möchten, wenn es darauf ankommt, wenn die Einzelheiten der Änderung uns vor Augen gestellt werden, schrecken wir vor ihnen zurück und sind es zufrieden, zu bleiben wie bisher.
Wenn aber der eine Gott kommt, um gerettet zu werden, so ist nach meiner Ansicht das Wesen wahrer Bekehrung eine Übergabe seiner selbst, eine vorbehaltslose, bedingungslose Übergabe; das ist eine Weise, die sehr viele, die zu Gott kommen, nicht annehmen können.
Sie möchten gerettet werden, aber auf ihre eigene Weise, sei möchten sozusagen bedingt kapitulieren, ihre Güter behalten; wogegen der wahre Glaubensgeist den Menschen dazu führt, von sich weg auf Gott zu blicken, nicht an seinen eigenen Wünsche, an seine gegenwärtigen Gewohnheiten, an seine Bedeutung oder Würde, an seine Rechte und seine Ansichten zu denken, sondern zu sagen: „Ich lege mich in deine Hände, Herr, mach du mit dir, was du willst: ich vergesse mich: ich trenne mich von mir, ich bin mir gestorben; ich will dir folgen.“