Pfarre

Spittal an der Drau

Das Wort zur Schrift

Ich bin der wahre Weinstock (Joh 15, 1-8)

Foto: Peter Rupitsch
Foto: Peter Rupitsch

Ich bin der Weinstock, sagt Jesus heute, und das fängt schon einmal gut an: dass er nicht sagt: ich bin der Dornbusch, ich bin der Buxbaum, ich bin der Kartoffelacker oder gar die Wüste, nein, ich bin der Weinstock. Beim Wein denkt man `an Zeit haben´, an Gemütlichkeit, an Gemeinschaft und ans Feiern. Bei uns in Kärnten wächst zwar nicht so viel Wein, und die jüngeren unter uns haben ihn auch noch nicht getrunken, die trinken eher Cola und Red Bull oder gar härtere Sachen. Aber die Weintrauben kennt doch jeder. Und Weintrauben, das weiß auch jeder, die gibt es nicht als Einzelexemplare. Was uns Jesus also anbieten will, hat nichts mit Schweiß und Mühsal und Leistung und Muskelanspannung zu tun, sondern letztlich mit Freude, mit Gemeinschaft und mit Liebe.

"Ich bin der Weinstock", sagt Jesus also. Ein Freund, der gut schnitzen kann, hat mir bei meiner Primitz, bei meiner ersten Messe, ein etwas anderes Kreuz geschenkt, bei dem Jesus an einem Weinstock hängt.

Ich will es euch zeigen: …….

Foto: Peter Rupitsch
Foto: Peter Rupitsch

Und wenn ihr genau hinschaut, dann seht ihr, dass der Gekreuzigte mit einer Hand nach oben zeigt: er zeigt zu Gott, zu seinem Vater im Himmel. Auch, wenn es so ausschaut, als ob er von Gott verlassen sei, so vertraut er doch darauf, dass er von oben die Kraft bekommt und dass er vom Tod befreit wird. Das will er auch uns sagen: Auch wenn es manchmal ganz dunkel kommt, wenn du mit der Nase am Boden klebst, vergiss nicht den Blick nach oben.

Und mit der anderen Hand zeigt der Weinstock-Jesus zur Seite: vergiss nicht auf die Menschen, die mit dir gehen: Eltern, Verwandte, Freunde, Mitchristen, und sei selber so ein Mensch, auf den sich andere verlassen können.

Aber wie bekomme ich die Kraft, den Blick nach oben und den Blick zur Seite immer wieder zu machen, wie gelingt mir dieser rechte Augenblick und Herzensblick? Dazu müssen wir genau hinhören, was Jesus uns heute noch gesagt hat.

Wenn jemand von euch jetzt sehr gut aufgepasst hat, dann hat er gemerkt, dass in diesem Abschnitt aus der sogenannten Abschiedsrede Jesu an seine Freunde ein Wort sehr oft vorgekommen ist. Wisst ihr welches? - Es ist sogar 9x vorgekommen: das Wort bleiben: bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Äste am Baum, wie die Zweige am Weinstock. So wie Jesus an seinem Kreuz aushält und nicht davonläuft und da bleibt, so sollen auch wir bleiben, dann werden wir ganz von selbst gute Frucht bringen: das gute Wort sagen, das lange Schweigen aushalten, die helfende Hand hinstrecken, den ersten Schritt wagen, selber um Verzeihung bitten und anderen Verzeihung schenken. Das alles ist möglich.

Aber bleiben müssen wir. Es gibt ja immer wieder Gründe, davon zu laufen: die langweilige Messe, der unsympathische Pfarrer oder Bischof, die alten Lieder, die unfreundlichen und scheinheiligen Leute, Christen, die oft bei der Messe sind und die trotzdem einander ausrichten und sich gegenseitig Böses unterstellen und nachsagen, die Kirchensteuer, die Skandale, die Hexen und die Kreuzzüge. Da wird man mit dem Aufzählen nicht fertig. Aber dann trotzdem da bleiben und darauf vertrauen, dass Gott, wie ein guter Weingärtner, am Werk ist und immer wieder da und dort etwas abzwickt und wegnimmt, damit das Gute wachsen kann. Er hält es ja auch aus mit mir und bei mir. Also: Nicht weglaufen, sondern da bleiben, nicht austreten, sondern auftreten. Denn in dieser Kirche, so alt und fehlerhaft sie auch sein mag, fließt doch die Lebenskraft von Jesus. Ohne ihn geht es uns wie abgehackten Zweigen: mit der Zeit werden wir dürr und trocken, saft- und kraftlos.

Liebe Mitchristen, Mitglaubende, Mitfeiernde: ich kann euch nur ermuntern und einladen: bleibt mit Gott, bleibt mit Jesus in Verbindung. Getrennt von ihm und von seiner Botschaft könnt ihr nichts tun, heißt es heute. Wir können zwar ein bisschen herumzappeln und uns in Nebensächlichkeiten verlieren, aber wir fahren sozusagen mit dem Reservetank.

Auch wenn wir nicht unbedingt kirchliche Stammkunden und treue Hausgäste sind, verlieren wir nicht den Mut. Jesus ist treu, er hat seiner Kirche den Heiligen Geist versprochen, in Taufe und Firmung wird er uns geschenkt. Wer auf ihn vertraut und an ihm hängt, wer bleibt und nicht wegläuft, der bringt auf irgendeine Art und Weise immer reiche Frucht.

Es ist ein Unterschied, ob einer ein furchtbares Leben hat oder ein fruchtbares. Wer an ihm hängt, den lässt er nicht hängen, nicht im Leben und nicht im Tod.

Text: Dechant KR Mag. Ernst Windbichler - 9800 Spittal an der Drau

Evangelium

nach Johannes (Joh 15, 1-8)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin der Weinstock und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht on mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Früchte bringt und meine Jünger werdet.

Foto: Peter Rupitsch
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