800 Jahre Kirche - Propsteikirche Kraig
historischer Rückblick
Spurensuche Kirche Kraig
Die Kirche wurde zwischen 1216 und 1218 urkundlich erwähnt. Im Jahr 1091 sind die Herren von Kraig unter Dietrich das bedeutenste herzogliche, kärtnerische Ministerialgeschlecht. Ministerialen waren ab dem 11. Jahrhundert unfreie Verwalter und Soldaten die für Könige, Adel oder Klöster tätig waren.
Die Kraiger waren Lehensträger der Kärntner Herzöge und gehörten zu den ältesten und bedeutendsten Ministerialgeschlechtern des Landes. Bis zur Erhebung zur eigenständigen Pfarre war Kraig vermutlich eine EIGENKIRCHE der Herren von Kraig und der Pfarre Obermühlbach zugeordnet. Sicherlich war jedoch Kraig unter dem Pfarrer Liutoldus ab dem Jahr 1230 eine eigene Pfarre. Schon 1304 ist ein Pfarrer zu Kraig namens WILHELM urkundlich erwähnt.
Die Herren von Kraig gründeten spätestens um die Mitte des 14. Jh. ein Kollegiatsstiftl mit vier Chorherren und einem Propst. Sie übten das Patronatsrecht, auch über das Kollegiatsstift, bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1564 aus. Der Bruder von Konrad II. von Kraig, Gotthard I. von Kraig ist 1412 als Lehensherr der Chorherren von Kraig genannt. In der Urkunde vom 11. April 1412 wird als Chroherr zu Kraig und Kanoniker ein Johann GRABOLITZ bezeichnet. Propst war jedoch in diesem Jahr Hans von HUNDERSDORF, der auch gleichzeitig als Gründer des Gotteshauses der Klarissininen zu St. Veit erwähnt wird.
Die Zeit von 1525 bis 1627 könnte man das protestantische Jahrhundert nennen. Damals hingen fast alle Kärntner der „lutherischen Lehre“ an. Im Jahr 1594 wurde in Kraig ein protestantischer Propst namens Paul Held installiert. Im Zuge der landesfürstlichen Gegenreformation wurde er cirka 4 Jahre später seines Amtes enthoben und musste mit seinen sieben Kindern Kärnten verlassen. Um 1600 ist Bischof BRENNER von Seckau mit 300 Soldaten durch Kärnten gezogen und hat alles wieder katholisch gemacht, was nicht auswandern wollte. 27 Jahre später wurde der Kärntner Adel gezwungen, katholisch zu werden oder zu gehen. Viele haben sich umstimmen lassen, andere haben äußerlich dem Druck nachgegeben und sind im Herzen evangelisch geblieben. In den Familien in der Einschicht haben die Bauern die Bibel und das Predigtbuch gelesen.
1594 ist der sogenannte „große Kraiger Propststreit“ ausgebrochen. Der Fürstbischof von Gurk warf den Khevenhüllern vor:
„eine große confusion zu machen, indem sie nit unterscheiden die weltliche juridiction von der geistlichen“.
Auch die Herren von Kraig befanden sich als Landesgerichtsherren sowie als Inhaber des Patronatsrechtes und der Propstei Kraig in einer starken Position, die es ihnen ermöglichte, lange Jahre hindurch bei der Besetzung der Propsteistelle den Gurker Bischof, dem die Bestätigung oblag, auszuschalten.
In den 1588 vollendeten „Kärntner Geschichte“ des Michael Gotthard Christalnick hieß es, Kraig sei das einzige Stift in Kärnten, in dem der Gottesdienst nach der Augsburger Konfession gehalten wird. Die adeligen Familien waren Zentren des Protestantismus, wozu noch der Umstand kam, dass sie eine Reihe bäuerlicher Untertanen hattenn, die der neuen Lehre anhingen, alle ihren Glauben im geheimen hinwegretetten, so dass sie durch das Toleranzpatent (13.10 1781 von Kaiser Joseph II.) ihren Glauben offen leben konnten.
Der Kraiger Propsteistreit fand nach jahrelangem Tauziehen plötzliches Einlenken und Kompromissbereitschaft der Khevenhüller ein Ende und es stand der Installierung eines katholischen Propstes in Kraig nichts mehr im Wege. Der nächste wieder katholische Propst Konrad II GOSSEUS stammte aus Westfalen und war von 1598 bis 1614 Propst zu Kraig. Er erhielt eine Wappengrabplatte aus weißem Marmor, die sich heute noch an der Nordwand der Kirche befindet.
Einen bemerkenswerten Fund gab es vor einem halben Jahr am Dachboden der Propstei – es wurde der Originalsiegel des Propstes Konrad II Gosseus gefunden. Das Siegel stammt aus dem Jahr 1607 und wurde dem Pfarrarchiv von Kraig in der Diözese Gurk einverleibt.
Bei der 1689 von Kardinal GOESS auf Schloß Straßburg veranstalteten Diözesansynode wurden die dort präsentierten Reformvorschläge vom Generalvikar und Propst von Kraig Johann STIEFF von KRÄNZEN, ausgearbeitet. Als Dank für die enge und gute Zusammenarbeit ließ Kardinal Goess die Kollegiatskirche in Kraig ausbauen und gab dazu ein Geschenk von 170 Gulden in Geld. 1682 ging das Patronat an Josef Willrach, Graf von Kronegg,
1686 an Franz Andrä von Mayrhofen, 1812 an Karl Ritter von Dressdner und 1813 an die Herrschaft Mayrhofen. Unter dem Patronat der Vogteiherrschaft der Mayerhoffener bei Friesach und Propst Schwarz Engelbert gab es zahlreiche wohltätige Stiftungen für die Kirche und für die Armen. Die dem heiligen Johannes Baptist geweihte Propsteikirche, der freistehende Turm, die Ulrichskapelle und die Propstei waren zur Zeit der Türkeneinfälle zu einer gemeinsamen Verteidigungsanlage zusammengefasst worden.
Die Kirche war außerdem mit einer Mauer mit Wehrgang umgeben. Schützenlöcher und Schießscharten legen heute noch Zeugnis dafür ab.
Kirche und Propstei gleichen heute noch dem Erscheinungsbild aus dem 16. Jh. In der Zeit der Reformation wurde die ursprünglich einschiffige und seit der Spätgotik zweischiffige Kirche um eine Sakristei an der Chornordseite, ein nördliches Seitenschiff und eine westliche Säulenvorhalle erweitert.
Der mittelgroße gotische Bau, getragen von achteckigen Pfeilern, beinhaltet drei Altäre, wovon der Hochaltar, der um 1760 entstanden ist Johann Pacher zugeschrieben wird. Er trägt im Hauptgeschoß eine Schnitzgruppe der Taufe Christi, flankiert von den Heiligen Zacharias und Joachim, sowie im Aufsatz die Figur Gottvaters, umgeben von den Heiligen Elisabet und Anna.Am linken Seitenaltar steht eine Madonna aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die nach 1788 gefertigte Kanzel wird Johann Georg Hittinger zugeschrieben.
Zwischen zwei sitzenden Heiligenfiguren ist am Kanzelkorb ein Relief mit dem Sämann und an der Kanzelrückwand ein Relief mit dem Guten Hirten zu sehen. Die zwei Figuren am Schalldeckel versinnbildlichen die christlichen Tugenden Glaube und Hoffnung, dahinter steht Moses mit den Gesetzestafeln. Die Konsolstatuen der Heiligen Johann Nepomuk und Antonius von Padua aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts werden ebenfalls der Werkstatt Johann Pachers zugeschrieben.
In den Kirchenwänden sind zahlreiche Grabsteine von Adeligen und Geistlichen eingemauert. Die älteste Grabplatte von Wilhelm I. von Kraig stammt vom Ende des 13. Jahrhunderts. Insgesamt befinden sich in der Kirche 22 Wappengrabsteine der Pröpste und Herren zu Kraig. An der Ostseite befinden sich die Gedenkplatten der letzten Pröpste:
Johann JOAS 1884 - 1912
Wilhelm WESTER 1913 - 1959
Mag. Helmut TUSCHAR 2009 - 2015
Unser Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz schreibt in seinem Grußwort zum Jubiläum:
„Die Geschichte der Kirche ist also nicht nur mit der wechselvollen Geschichte der abendländischen Christenheit verbunden, sondern hat auch besonders seit dem vergangenen Jahrhundert eine besondere Vorbildrolle für den aufrichtigen ökumenischen Geist und wechselseitigen Respekt füreinander.“
Zehn schlanke Säulen tragen ein schlichtes Kreuzgewölbe in der repräsentativen Vorhalle.
Links über dem Eingang der Propsteikirche steht die Inschrift:
“Ich habe erwählt, vor der Welt niedrig zu sein und zu wohnen im Hause des Herrn“.
historische Rückblick von Anton Wieser
24. Juni 2016 Festandacht
Propsteikirche Kraig
Quellen:
Auszug aus der Chronik 900 Jahre Kraig der Gemeinde Frauenstein Zur Geschichte der Propstei in Kraig: Friedrich W. Leitner
Historischer Atlas: Geschichtsverein Kärnten
Dehio
Geschichte Kärntens von Claudia Fräss Ehrfeld