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Die Segnung der Osterspeisen - Mehr als nur ein Brauch?!

Gedanken zur Speisensegnung am Karsamstag von Dechant P. Gerfried Sitar

Fast Food! Das kulinarische CREDO in Corona-Zeiten, wenn es darum geht, schnell den Hunger zu stillen und trotzdem das Gefühl zu haben, essen gehen zu können. Alles zeigt auf Selbstbedienung hin. Die Geschwindigkeit, die uns umgibt, wird versinnbildlicht durch den Papiersack, der eine schnelle Stillung des Hungers verspricht. Gleichzeitig aber regt sich im Menschen die Sehnsucht nach der Kultur des Essens, die sich zurzeit etwas verschüttet darstellt. Immer mehr Menschen versuchen aus dieser Erkenntnis, die Mahlkultur in den eigenen vier Wänden wieder zu beleben. Ludwig Feuerbach bringt es treffend auf den Punkt, wenn er meint:

„Der Mensch ist, was er isst!“

Die Besinnung auf das Mahl als wichtiges Element des Lebens und konstitutive Komponente der Gemeinschaft wird uns bewusster, je mehr sie uns fehlt: Das Essen nicht als bloßer Reflex auf den Selbsterhaltungstrieb, sondern als bewusst zelebriertes Zusammenkommen und Spüren des Lebens. Nichts anderes drücken wir durch die Segnung der Osterspeisen aus.

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!“ (Mt 18,20)

Ob das allen bewusst ist, die ihren Korb, gefüllt mit regionalen Köstlichkeiten, zur „Fleischweih“ bringen? Er wird zum Zeichen für die Gemeinschaft, das gemeinsame Mahl und das Zeitnehmen in der Familie. Das bewusste Essen braucht Zeit! Da allein hakt es in unserer Gesellschaft. Kaum noch ist es möglich, dass alle Familienmitglieder gemeinsam essen – die Terminkalender lassen es nicht zu. Deswegen ist es notwendiger denn je, dass wenigstens zu allen heiligen Zeiten ein gemeinsames Mahl möglich ist, ohne dass der Fernseher jedes Gespräch vernichtet. Alexander Grimod de la Reyniére (1758-1837) fällt ein hartes Urteil über den Stil beim Essen: „Ein dummer Mensch nimmt sich nie und nirgends dümmer aus als bei Tische, während der Geistreiche hier mehr als Gelegenheit hat, sich im schönsten Lichte zu zeigen.“ Was der französische Gastrosoph hier meint, trifft den Nerv unserer Tage.

Das Mahl darf nicht zur reduzierten Nahrungsaufnahme verkommen, sondern sollte vor allem eine Plattform für das Gespräch werden – geistreich und gut. Darin ist auch der spirituelle Charakter des gemeinsamen Essens in der Familie begründet. Im Judentum wurde vom Hausvater allen, die am Mahl teilnahmen, der Kidduschbecher gereicht. Wer nicht pünktlich anwesend war und an dieser Zeremonie teilnahm, konnte nicht mehr Teil der Mahlgemeinschaft sein. Darin drückt sich der Respekt voreinander aus, der in vielen Kleinigkeiten beim Essen seinen Niederschlag findet: einander Benötigtes unaufgefordert reichen, zuhören, teilen, nicht gieren …. Das scheinen Selbstverständlichkeiten zu sein, die allerdings nicht selten verloren gegangen sind. Die Segnung der Osterspeisen möchte uns wieder darauf aufmerksam machen, dass das Leben keine Party ist, sondern ein bewusstes Miteinander, das geprägt sein sollte von Rücksicht und Achtsamkeit. Der Genuss, der mit dem guten Essen verbunden steht, sollte uns an die Dankbarkeit erinnern, die Grundelement der Zufriedenheit ist. Wo über die Osterspeisen der Segen gesprochen wird, da gilt dieser auch den Familien, wo das bewusste Zusammenkommen die Gelegenheit bieten sollte, Missverständnisse und Querelen auszuräumen und für Frieden zu sorgen. „Wo zwei oder drei …“

Das Tischgebet wird kaum noch gesprochen, vielleicht weil wir uns schämen, nicht daran denken, oder nicht unmodern sein wollen. Dabei ist dieses Gebet genau das, was den Stil unseres Essens ausmachen sollte: Ein bewusstes Innehalten und Auszeit!

„Herr, segne UNS und DIE GABEN, die wir aus deiner Güte empfangen werden!“

Darin klingt auch das Einssein mit der Schöpfung, das sich wieder bewusst Einlassen auf Regionales und Bodenständiges und damit verbunden auch die Dankbarkeit gegenüber jenen Menschen, die für den täglichen Tisch arbeiten und nicht zuletzt die Dankbarkeit gegenüber Gott!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Karsamstag und guten Appetit beim „Weihfleischessen“!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar