Am Montag, dem 18. Mai, hatte die Pfarre Reisach Prof. Dr. Karl-Richard Essmann im Pfarrsaal zu Gast.

Sein ca. 1 1/2-stündiges Referat über Hildegard von Bingen, die seit Jahrhunderten als Volksheilige verehrt wird, aber erst 2012 offiziell heilig gesprochen und zur Kirchenlehrerin ernannt wurde, wurde von ca. 30 Interessierten aus Nah und Fern mit großer Faszination verfolgt.

Viel spannender kann man nicht erzählen. Hildegard von Bingen ist gerade heute in aller Munde, allerdings nicht als Kirchenlehrerin, sondern als diejenige, die ein Jahrhunderte überdauerndes Standardwerk über die Wirkungsweisen der heimischen Kräuter samt Rezepten verfasst hat. Sie wurde auch - ungerechtfertigter Weise - längst von der Esoterik vereinnahmt.

Was weniger bekannt ist: Hildegard von Bingen war Zeit ihres Lebens kränklich, stammte aus adeligem Haus, ging mit 16 ins Kloster und lernte dort ihre Mentorin Jutta von Spanheim kennen, die sie über mehr als zwei Jahrzehnte förderte.  Sie gründete - natürlich weder mit Erlaubnis der Kirche schon gar nicht mit ihrem Segen - die ersten Frauenklöster, war Äbtissin, eine begnadete Predigerin, die vor verschiedenen deutschen Domen flammende Predigten hielt und war so umfassend gebildet, dass sie ALS FRAU IM FINSTERSTEN MITTELALTER von Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“ wie auch dem Papst Eugen III. hochgeschätzt war – trotz ihrer offenen Kritik an Kirche und Staat.

Ihr vielfältiges Werk befasst sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik und Kosmologie. Wenn sie auch in manchen Dingen ein „Kind ihrer Zeit“ war und durchaus viele inzwischen widerlegte Ansichten und Erkenntnisse vertrat, so war sie doch eine Universalgelehrte zu einer Zeit wo Frauen (von den Männern) bestenfalls als nutzlos und nicht lernfähig betrachtet wurden.

Es bedurfte nicht des Hinweises vom Vortragenden, dass die Zuhörer, soferne sie bis zum Schluss seines Vortrags ausharren, mit Dinkelkeksen nach einem Rezept der Hl. Hildegard belohnt würden. Natürlich blieben alle – gebannt an den Lippen des eloquenten Dr. Essmann hängend - bis zum Schluss, Fragen blieben keine offen.

P.S. Der Vortrag kann in wenigen Tagen im Web auf "Reisach.TV" abgerufen werden.