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Klagenfurt-St. Peter

“Was wiegt’s, des hat’s.” Die Früchte des II. Vatikanischen Konzils

Was ist geblieben vom II. Vatikanischen Konzil

Was ist geblieben von diesem Konzil?

Gegenüber einem „friedlichen glaubenseifrigen Lebensaugenblick der Kirche“, wie es Kardinal Montini, der spätere Papst Paul VI., 1963 formulierte, leben wir heute 2019 nach massiven Säkularisierungsschüben in einem radikalen Nebeneinander der Kulturen (Pluralismus) bei gleichzeitiger Globalisierung und individuellem Lebensstil. Der Aufbruch der Gemeindetheologien in den 60er und 70er Jahren, wie sie der Wiener Pastoraltheologe F. Klostermann zeichnete, bei dem Prälat H.-M. Rauter studierte, ist einer kontinuierlichen Ausdünnung von Kerngemeinden gewichen. Die einen beschwören den „Geist des Konzils“ und übersehen den Pulverdampf bei solch emotionalen Bewegungen. Demgegenüber betonen traditionalistische Bewegungen, dass die Kirche der Plünderung eines Tempels gleicht und verherrlichen die vormalige Zeit. Wenn wir uns nicht mit Klischees zufrieden geben, lassen sich folgende Punkte benennen: Die Erneuerung der Liturgie, das neue Welt- und Religionsverhältnis und eine Christusbeziehung, die immer neu Blüten treibt.

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Die Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils in Rom © Foto: Peter Geymayer [Public domain], https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/87/Konzilseroeffnung_2.jpg

Die Erneuerung der Liturgie

Die Erneuerung der Liturgie kann „als sichtbarste Frucht des Konzils“ (Kardinal W. Kasper) gesehen werden. Dabei war ein überbordender Aktionismus in den Gemeinden der 70er und 80er Jahre Ausfluss einer Sehnsucht nach Mitgestaltung, die am Katholikentag in Mecheln 1909 durch den Benediktiner L. Beauduin OSB bereits formuliert wurde, der forderte, „die Liturgie zu demokratisieren“. Die Devise der aktiven Teilnahme („participatio actuosa“) intendierte in der vorangegangenen Liturgischen Bewegung nicht ein aktives Hand-an-Legen, sondern ein bewusstes Mitvollziehen des Paschamysteriums Christi im großen Überlieferungsstrom der Kirche, was gerne übersehen wird. Unübersehbar wurde der Tisch-Altar zum Zentrum der feiernden Gemeinde und die Kanzeln wurden zu musealen Einrichtungsgegenständen (bis auf eine „gallisches Dorf“ im östlichen Kärnten), die vom Ambo abgelöst wurden. Die Ermöglichung der Landessprache in der Liturgie bei gleichzeitiger Betonung der lateinischen Sprache (SC 36) wurde wie eine geöffnete Schleuse eines Staudamms verstanden, die nicht mehr zu schließen war. Gegenüber den Gemeinschaftsmessen verflachte der Anbetungscharakter der Liturgie, so dass bei aller Verstehbarkeit oftmals ein schaler Geschmack zurück bleibt. Was allgemein für eine religiöse Erneuerung notwendig ist, kann auch hier als Defizit angeführt werden: Alle Erweiterung im Tun erfordert eine intensivere Verinnerlichung und Vertiefung. Das fehlte in den Gemeinden, die keine religiösen Spitzensportler werden wollten, aber auch bei liturgisch Verantwortlichen (ob Klerus oder Laien, die sich nunmehr selbst zu liturgisch aktiven Gestaltern stilisierten und mit eigener Gewandung eine Klerikalisierung vorantrieben bei gleichzeitigem Schwund an Gläubigen.

Das neue Welt- und Religionsverhältnis

Das Konzil versteht die Menschenwürde (dignitas humana) als gemeinsames Fundament von Kirche und Gesellschaft, sowohl innerkirchlich als „neues Volk Gottes“ in der einen Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen (LG 13-16), als auch in der Beziehung zu den christlichen Schwesternkirchen und Gemeinschaften (durch die ökumenische Bewegung), aber auch zu anderen Religionen, insbesondere zum Judentum. Selbst dort, wo die Abwesenheit des Glaubens festgestellt wird (GS 19-22), wird die Verbundenheit aller Menschen mit dem Pascha Christi betont (LG 16, GS 22; 47, GS 3). Die ersten Adressaten sind also die eigenen Kirchenmitglieder, eine neue Haltung unabhängig von der Resonanz Anderer vorleben sollten. Dadurch war erst ein Friedensgebet in Assisi mit allen Religionsvertretern möglich, das Papst Johannes Paul II. 1986 initiierte.

Die Liebe Christi treibt Blüten

Alle menschlichen Regungen sind nochmals von einer größeren Liebe Christi umfangen, der auf geheimnisvolle Weise mit allen Menschen verbunden ist (GS 22). Demgemäß ist nicht die Kirche selbst das Licht, sondern Christus ist das Licht der Völker (LG 1). Verurteilten die vormaligen kirchlichen Dokumente die Religionsfreiheit, wurde nunmehr eine Kurskorrektur vorgenommen. Die Religionsfreiheit wird aus der gottgegebenen Würde der Menschheit erklärt und gefordert (DiH). Insbesondere das Verhältnis zum Judentum wird in Nostra aetate 4 auf eine neue Weise formuliert, was Papst Johannes Paul II. bei seinem Besuch der römischen Synagoge 1986 auf die schöne Formel brachte, indem er von „unseren älteren Brüdern“ sprach. Die Juden werden nicht mehr in die Rolle des Schuldigen (Gottesmörder, „perfidi Judaei“ in der Karfreitagsfürbitte) gedrängt, sondern es wird von einer geistlichen Verbindung („spiritualiter coniunctus“) gesprochen. Damit wird dem Judentum die Rolle der „Wurzel-Religion“ (R. Siebenrock) im Heilsmysterium zugesprochen und jegliche religiöse legitime Anfeindung verurteilt.

Die Liebe Gottes und die Liebe zum Nächsten wird als Grundhaltung für das Handeln der Kirche gesehen, wodurch Mission zu einer Antwort auf das ursprüngliche Wort Gottes aus seiner quellhaften Liebe des dreifaltigen Gottes verstanden (Missionsdekret AG 5), das die jeweilige Kultur annimmt und im christlichen Geist zur eigenen Würde erhebt.