Vom Wert des Grundvertrauens
Leseprobe
Mit den Menschen, die mit der Religion hadern, verhält es sich so wie mit den beiden Eseln aus der alten, wohlbekannten Geschichte. Müde und ausgelaugt sehen sie aus. Kein Wunder, tagtäglich müssen sie schwerste Arbeit verrichten. Hin und wieder werden sie auch verdroschen. Und irgendwann hörten sie genauer hin auf das, worüber sich die Besitzer unterhalten untereinander: sie schimpften – natürlich über die Kirche, erwähnten hin und wieder gar den Namen Gottes. Sie redeten aber auch über das Gebet und den Segen ihrer Gnadenbilder. Warum auch nicht über das Heilighauptbild? Wahre Wunder sollten da geschehen sein.
So fassten die beiden Esel einen Plan: sie machten sich auf den Weg zur Kirche. Vor dem Heilighauptbild wollten sie beten, genauso wie ihre Besitzer. Irgendwo in Kärnten stand die Tür einer Kirche offen. Es war ja ein heißer Sommertag. So gingen sie hinein, fielen gar auf ihre Knie und beteten. Nachdem sie gebetet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück. Nach knapp einen Monat, an einem Markttag, trafen sie einander. Einer sah erbärmlich aus. Der andere gelassen. „Ist doch auch bloß ein Blödsinn mit dem Gerede vom Segen und der ganzen Religion“, sagte frustriert der erbärmliche. „Habe halt gebetet, dass er mir die Lasten wegnimmt. Und was ist passiert? Gar nichts. Immer noch derselbe Alltagstrott.“
Der zweite Esel sah gelassen aus, lächelte gar, so wie halt die Esel zu lächeln vermögen. Und er entgegnete: „Und ich? Ich habe gebetet, dass er mir die Kraft gibt, meine Lasten zu tragen.“
(c) St. Egid