Pfarre

Karnburg

Symposium 3. Teil

  • Fortsetzung von: Florian Zambrano: "Was? wenn nichts wird aus mir"

4
unter den Oberflaechen [leise]

aber ertraeumt hatte ich mir das schon immer, das Leben an der Oberfläche vorbei. vorbei an all der Hemmung. vorbei an all dem Geheule. und keiner fragt warum. warum heute und wohin? kein Gebettel, kein Geflehe.

woher ich das mit den Hemmungen habe, in meinem Alter? ist nichts fuer mein Alter? gut.

auszerdem, hier an der Oberflaeche vorbei, da muss eine dann auch nicht mehr genau eine selbst sein.

denn so wirklich ich, wollte ich oft gar nicht sein.
wolltest Du schon mal ich sein? wollte er schon einmal ich sein? mehrmals.

mehrmals täglich. sag ich Dir.

lass Dich nicht abschrecken durch den Tod.
seh ich so schrecklich aus? der Tod ist nicht weiter relevant.

bei mir ist alles von Dauer. von Dauer muss alles sein. seine Dauer, meine Dauer. es überdauert. und das dauert dann.

[Alayna schlüpft in die Figur Philips. in erklärender Form]

es braucht die Welt da draußen er nicht. sagt er. als Künstler lebt man vorbei an dem Gehopse. eine Tatsächlichkeit ist man dann. und die Tatsächlichkeit braucht keine Entwicklung. er hatte vorher auch geglaubt, dass als Künstler eine Entwicklung man muss durchleben. aber dass das nichts als Getue und Gehopse ist, habe er früher erkannt als andere. meint er.

es lädt deshalb er immer ein sogenanntes Künstlerehepaar ein zu sich. nette Zeitgenossen, würdest Du sagen, aber als Künstler völlig unbrauchbar, sagt er.

manche Leute muss man hin zu etwas Brauchbarem zwingen, sagt er. anders lernen die nicht. nur der Eigensinn ist lebendig. weil die Leute, deren Lebenssinn dieses stetige Gehopse ist, es nicht anders wollen. weil sonst reicht ihnen eine jede Rechtfertigung aus, um mit ihrem Gelaber zu beginnen und dafür sich nach der Eröffnungsrede die Brötchen hinein zu stopfen. aus gutem Grund. wegen der Energieverschwendung.

höre ich also auf den Kopf mir zu zerbrechen, über das, was ich tue da und geb nur noch an mit mir und mir selbst. bin ich doch ein schönes Stück, genau. bestehe ich auch aus einigen schönen Stücken, kann man ein jedes einzeln herausschneiden und verkaufen. in Plastik verschweißt. und dann gehen wir in Serie. gehen wir in Serie da? bitteschön.

[Alayna wechselt in ihre ruhigere Art]

es zeichnet er Wirbelsäulen am liebsten. da sind die Dunkelheiten drinnen. sagt er. was die ganze Gesellschaft an Dunklem denkt, das bleibt in meiner Wirbelsäule stecken. vor allem in seiner, weil er ein sensibles Wesen ist. sagt er. es handle sich um unterbewusste Dimensionen, verspricht er, die wir ausdenken uns nicht können, die in einer Wirbel drinnen zu stecken vermögen. wenn ein Gedanke hinein taucht, gelangt er über die Wirbelsäule in die Erde, wirft seinen Schatten wie Durchfall in Grund und Boden, auch ohne Grund vielleicht.

meist auch einfach so ohne Grund. aber in einen Boden. und bodenlos der Kot, der zum Boden wird.

verletzlich ist so eine Wirbelsäule. zeig ich meinen Rücken, werde ich angreifbar. könnte sich wer vergreifen in mir.

es zeichnet er Wirbelsäulen am liebsten. da sind meine Dunkelheiten drinnen. sagt er. es hätte er schon auch gerne meine Wirbelsäule gezeichnet. wenn ich nur noch eine hätte, eines hätte, ein richtiges Rückgrat.

meine Wirbelsäule war da, wo es weh tut. jetzt noch. da tut es weh. obwohl nichts mehr ist. wie kann das sein? wenn nichts mehr ist, dass so weh es tut dann. hat wohl seine triefende Verletzung einen Schnitt bei mir gemacht. vielleicht gibt es ein Wort dafuer?

hatte ich die Vorahnung schon immer. die leise. dass das einzige, dass wirklich passt zu mir, die Unendlichkeit ist. war deshalb schon immer etwas langsam ich.

wenn für die Unendlichkeit entschieden hast, Dich, bist auf der sicheren Seite. dann ist die sichere Distanz gewahrt, weil keine Eifersucht mehr bleibt, dazwischen. nur der Abstand.

ich fing also an den Menschen im Schlaf zu erscheinen. all jenen, von denen ich wusste, dass sie das Geld hatten, das er brauchte.

dazu dachte ich mir Sprueche aus. damit das eindringt in die Menschen. wie Zaubersprueche. bei ihnen hinein:

[geflüstert; gehaucht]
mag sein was
ob was dran sein soll
mag was dran sein
mag was dran gewesen sein gewirkt hat es nicht

geholfen hat es nicht

wieso sollte es mir gut gehen, wenn es anderen nicht gut geht.

[wieder ruhiger]

zwei Tage spaeter standen sie meist schon vor seiner Tuer. kauften seine Bilder. es spielte der Preis keine Rolle. es spielte der Preis nur seine Rolle.

[wechselt Position]

das Sterben wollte erleben ich, weil ich es nicht im Weg haben wollte das Unerledigte. war zu neugierig ich, ob wahr es ist oder nicht. hätt klar ich nicht mehr denken können. ist nur

das Erledigte wahr. das Erlegte sozusagen. und wollt so gerne was erlegt ich sehen vor meinen Fueszen. bei uns gibt es Hirschen. so etwas haette ich gerne erlegt.

eigentlich wollte ich zeigen ja, dass sterben ich gar nicht kann, aber dann haette vielleicht ein anderer dran glauben muessen. aber einen anderen wollte ich nicht auf der Liste haben, die es zu erledigen gilt. die Liste jener, die es so schön zu erlegen gilt.

ERLEDIGT.ERLEGT. wenn Du so tot vor mir liegst, dann bist wahr Du erst für mich.

hab ich kurz mich hingelegt, um zu schauen, ob ich auch WAHR bin. wahr genug bin. auch was Wahres dran ist an mir.

dass ich nicht sterbe, wenn ich ein Buch fertig lese, war schon eine Erleichterung. ich versuchte es trotzdem kein zweites Mal. das war meine erste Erfahrung mit dem Tod.

5

was? wennS nichts wird.

es hätte etwas werden können aus Dir. es hätte etwas werden können aus mir. sagte mein Vater oft, wenn eine Verzweiflung auftat sich in ihm. dass ich all die Voraussetzungen haette, um was Groszes zu werden, eine Wirkung zu zeigen.

wenn nur die Welt eine andere waer, hat er dann oft gesagt.

aber, was? wenn nichts aus mir ich mache. wenn keiner bemerkt, was ich in die Welt hineinleiste und keiner mich heilig dafuer spricht.

war das keine leichte Aufgabe fuer mich.

ob ich etwas gegen mich habe? ich bin mir nicht sicher, ob ich ein Problem mit mir habe. schwer zu sagen. eher nicht.

vom Weinen wachsen keine Erdaepfel auf dem Feld. sagen die Groszmuetter. vermutlich sagen das alle Groszmuetter.

was ist, wenn ich keine Lust habe?
was ist, wenn nichts wird aus mir? wenn das, was ich tue mir reicht.

war ich natuerlich auch neugierig darauf, zu sehen was ist, wenn nichts ist. nichts also geworden ist aus mir.

hab ich nachgesehen.

und da hab ich bemerkt, dass da früher sich auch so oft gelegt hat was, auf die Brust. und so fest so gern ich mich gehalten hab, an dem Druck, weil ich auseinanderzubrechen sonst da drohte. war mein Schmerz, das einzige, das mich zusammenhielt? würde sonst in Luft und Wohlgefallen mich auflösen. und so aufgelöst hält auch keiner aus mich! weil ich dann so tröpfel und träufel. bei mir die Wut so raus da träufelt, überall hinein und hinaus sticht man mir ins Herz, so da rein, dann sprüh ich aus nach allen Seiten. pSSSSSSSSSSSSSS! und dann platsch, hau ich drauf, wie aufs volle SpeibSackerl.

ist das anders jetzt. bin ich ja jetzt was geworden. und bin ich jetzt mehr das, was der andere will, dass ich bin. ich bin nur das, was Du willst, das ich bin. oder was Du eben nicht willst.

mir ist die Welt so fern. bin ich so fern der Welt. verstehst Du? bin ich was die Welt gern hätt, das ich bin. fern. haha!

in der Welt da drauszen, haben alle unsere Taten einen Körper zur Folge. und für so einen Körper trägst Du die Verantwortung, trägst Du sie mit Dir herum. hier haben unsere Taten auch manchmal einen Körper zur Folge, aber nicht immer und anders. manchmal folgst Du einem Körper, folgt ein Körper Dir, lenkst Du einen Körper. das ist ganz einfach, man springt von einem zum anderen. könnt Ihr mir folgen?

ich baue an einem Körper hier auch. bau ich um ihn, einen Körper, meinen Körper, weiszt Du? lenke ihn steuere ihn ... gebe weiter ihn ...

und dann nehm ich mir etwas heraus. nehme heraus mir da etwas, wie aus dem gekochten Ei. mit dem Loeffel. vielleicht. mit dem Finger. vielleicht. wennS heisz ist und blubbert kannS zu Boden fallen. nehm es heraus da. ich. leg es neben mich. vielleicht. leg es unter mich. fahr tiefer ich. noch tiefer. mit den Fingern tief hinein. mit dem Loeffel tief hinein. unter die Kruste tief hinein. unter die Kruste, die der Koerper hier erlaubt.

und hol hervor was, aus meiner Wunde. aus meiner Ritze. ein Herz vielleicht. einen Anfang vielleicht. ein Ende vielleicht. mehr Raum vielleicht.

6
vom Verschwinden

an sich war fuer mich die Frage immer da schon, warum denn nicht einfach ein jeder geht, wenn die Zeit. wenn es die Zeit. wenn an der Zeit. wenn die Zeiten da, an Zeiten und Uhren und Jahren genuegend ich angesammelt habe. wieso gehe ich woanders hin nicht, wenn die Zeiten es so auslegen. warum da meinem Ziel ich immer folgen muss. ein Ziel vor Augen muss und hin da eile?

stehe ich im Wald ich. war davor etwas. gehe ich den Hügel hinauf. komme nicht wieder. so verschwind ich. wenn ich Lust hab. schon weg.

7
sagt er.

sagt er.
ich sehe die Welt nur aus der Sicht meines Gebrechens. muss immer fragen ich, gefaellt es meinem Schaden. wie gefaellt es meiner Wunde. wie sehe ich so eine Welt von der meinen innerlichen Verbogenheit aus. liebst Deine Wunde Du, wird alles gut. alles wird gut.

Alayna.
und das gefiel ihr. wollte sie mehr hoeren davon. wurden ihre Augen so. zitterten die Beine ihre. zitterten die ihren KünstlerEhePaarBeine und der Schweisz. dem ihren KuenstlerEhemann drueckte sie die Aufregung in die Oberschenkel. mit ihren FingerNaeglen. aufs Blut.

drueckte immer fester sie. bis alles klar wurde in ihrem Kopf. so ein Leuchten und sie wusste, sie holt sich, was sie braucht.

8
die Erde sich so dreht.

wenn so den Kopf auf den Boden, so. dann hoerst wie die Erde sich dreht. merkst Du es?

was haben wollen ist das worum es geht. lieber traeum ich von was, als es zu haben. dass sie ihn da haben will. passt doch so nicht in den Kram den meinen. passt das nicht in den Kram mir. in den Kragen nicht.

wenn ueber die Ufer was tritt, sollte da nicht das Wasser man zurueckschaufeln? das Wasser an einem zueruecklaufen.

9
ich lege jetzt was an den Tag.
[enthüllt mehrere Bilder und zerreiszt eines in Stuecke]

siehst Du, setz ich die Hand hier so her. ich lege jetzt etwas an den Tag. ... Tag und Blumen und so Sachen ....
muss meine Unabhaengigkeit beweisen. meine Unbaendigkeit beweisen. eine Unabhaengigkeit will bewiesen werden. haltlos, wie ich bin.

leg ich mich offen, ich. bin so offen ich.
au!
wenn Menschen so wehleidig tun wie ich, dann sind sie zu verachten.

und wehe es merkt wer, dass mir was gefaellt. und wehe es merkt wer, dass es mir gefaellt.

geht leicht von der Hand. geht so leichter von der Hand. es faellt. zu Boden. gefaellt. faellt leichter aus der Hand.

hab ich bekommen alles, was ich wollte. bin ich geworden was ertraeumt ich habe mir. wollt den Traum wahr haben ich?

es liegen da Gruende. da liegt was zu Grunde. von den Gruendern her liegt da schon was zu Grunde. Grund genung. an Grund hab ich, von Grund her hab ich genug.

und dann nenn ich beim Namen. nenn ich Euch beim Namen. damit Ihr ausbrecht, wie die Krankheit, die wenn den Namen sie hat, erst entsteht, wenn den Namen sie hat. der Ausschlag beginnt, wenn er beim Namen genannt wird, gefaehrlich zu werden. wenn einen

Namen er hat, denn dann kaempft mit aller Kraft um ein Ueberleben. frueher waere gegangen und geblieben, er der Ausschlag, wie er wollte. rufst Du beim Namen ihm, kommt er gelaufen wie ein Hunderl. na komm her! ja, komm! ja, so ein braves Hunderl! ja, gell! na! schau wie brav! das hast verdient Dir! so brav!

da kriegst ein Stueck von meiner Hand!!
will ich es nur schön haben. warum sollte ich es nicht schön haben?

siehst Du? siehst Du wie viel Gewicht ich brauche, um in der Welt da draußen anzukommen und zu bleiben. ungefähr soviel. [zeichnet eine Kugel mit den Händen]
wieso sollte ich es dann nicht schön haben auch?

zahlen wir zurück. lass es uns zurueckzahlen. zahl ich es Dir zurück.

gab es hier in der Stadt, hier. frueher ein Volk von Giganten, die konnten die Steine tanzen lassen. die lieszen die Steine tanzen und gehen. zu dieser Zeit gab es keine Gerechtigkeit und sie kannten keinen Gott.

er sagt, dass sie noch leben die Giganten. sie können Menschen und Tiere töten. in den Nächten nehmen sie die Gestalten der Verliebten an un paaren sich mit den Lebenden.
und ein manches Mal erscheinen sie als alte gebraechliche Maenner, einen Stock in der Hand. aber vorsicht. ihr Geist dringt in die Tiere und Menschen ein und saugt ihnen Stueck fuer Stueck die Seele heraus.

und ich?

aus der Lage heraus betrachtet. eine Lagebetrachtung. aus der Lage heraus. lege ich hier eine Betrachtung an. analysiere. analysiere ich zu Tode Dich. leg ich ab ein Urteil ueber Dich, was gleich kommt einem Tod. wenn ein Urteil und eine Meinung ich mir bilde ueber Dich, dann ist das das Ende unserer Freundschaft. dein Tod.

nur weil man es kann, heiszt nicht gleich, dass man tun es auch soll.
nur weil Du es mit einer Gewalt tust, glaubst, dass es besser ist als das, was ich tu?

gut dass es das Chaos gibt, das sagt mir, dass ich bleibe, weil ich ja zurückkommen muss, zum Aufräumen.

gut, dass endlich was Neues da ist, was, was noch nie da war. wer macht es denn, wenn ich selber es nicht mach?

mach ichS gleich, ist es erledigt auch schon. hab ich sie erledigt auch schon. hab ich sie erlegt auch schon.

10
vom Verloren gehen

und dann war weg sie auch schon. vom KuenstlerEhepaar die bessere Haelfte, war sie weg dann und er auch nur noch eine Haelfte. ob besser oder schlechter, war dann so bedeutend auch nicht mehr.

was meinst Du?

sollten wir mitnehmen doch, all unsere Geheimnisse. nehme ich mit all meine Geheimnisse. erst wenn ganz zum Geheimnis geworden bin ich. erst wenn ganz zum Geheimnis ich geworden bin. wenn ganz Geheimnis ich bin, ist geworden an mir, was sein haette sollen. schon immer sein haett sollen. bin ich geworden was.

(na komm, etwas Trinkgeld geht schon noch)

und jetzt. jetzt gehe ich verloren. wieder geht alles verloren. geht das VerlorenGehen von selbst. geh ich heute verloren. heute. soll kein Abdruck bleiben. geh verloren. ist der Mensch erst Mensch, wenn er verloren geht. wenn ein Verlust er ist. für wen auch immer. wann auch immer. woher auch immer. wie auch immer. wo auch immer.

hier also? oder? hier.

geh ich verloren.
jetzt.
geh ich verloren.
wo nie was war.
wo nie was wird.
geh ich verloren.
schon passiert.
so schnell geht das. schon verloren, ich.
so schoen verloren, ich. so schoen ich.

immer schoener.
ich.
wird das.
so verloren.
schon verloren, ich. verloren schon wieder. jetzt.

schon wieder. kein Abruck.

wieder.
schon verloren.

[]

Zum Symposium:

https://www.kath-kirche-kaernten.at/pfarren/detail/C3057/symposium-zum-thema-geheimnis-des-wortes