Kirchenglocken der Stadtpfarrkirche Hermagor
Jeder kennt es, viele nehmen es bewusst aber kaum mehr wahr: das Läuten der Kirchenglocken. Wann und warum läuten diese eigentlich?
Als es weder Radio noch Smartphone gab, orientierte man sich an den Glocken, denn diese waren weithin zu hören. Sie warnten vor Hochwasser und Feuer, heute warnt uns der Wetterbericht vor Gewittern. Anno dazumal war das Läuten recht mühsam: Ein Seil diente als Antrieb, und der Mesner musste wohl mehrmals täglich an einem oder gar mehreren Seilen ziehen, damit die Glocken ertönten.
Heute werden die Glocken mit Hilfe eines elektrischen Antriebes in Schwingungen versetzt und die Läutezeiten werden großteils über die Elektronik gesteuert, wobei sogar die Schaltjahre berücksichtigt werden.
In unserer Pfarrkirche lädt das Geläute alle Glocken jeweils 15 Minuten vor dem Gottesdienst zur Vorabendmesse bzw. zur Sonntagsmesse ein. In der Adventszeit wecken uns die Glocken täglich um 5.45 Uhr und rufen zur Roratemesse, in dieser Zeit entfallen die Vorabendmessen.
Alle Glocken erklingen beim Te Deum an den Hochfesten und an bestimmten Festtagen.
Das Geläute zum Engel des Herrn ertönt um 7 Uhr, um 12 Uhr und um 18 Uhr.
Am Samstagnachmittag hören wir je nach Jahreszeit um 14 bezw. um 16 Uhr das Feierabendläuten.
In unserer Gegend ist es üblich, für verstorbene Gemeindeglieder alle Kirchenglocken drei Mal jeweils 5 Minuten zu läuten und damit zum Gebet für den Verstorbenen und seine Angehörigen aufzurufen.
Das neue Jahr begrüßen zu Silvester sowohl evangelische als auch katholische Glocken.
Und dann gibt es ja auch noch den Stundenschlag, der früher die eigene Armbanduhr ersetzt hat. Alle 15 Minuten schlägt ein Hammer auf eine der Glocken und weist damit auf die Uhrzeit hin. Um die Nachtruhe der Bevölkerung nicht zu stören, ist das Schlagwerk von 22 Uhr bis 6 Uhr deaktiviert.
Zur Geschichte der Glocken
1904: Der große Brand - ... mit rasender Eile erfasste das Feuer die Hälfte des Marktes samt Kirche, waren doch fast alle Häuser mit Holz gedeckt. 27 Feuerwehren aus dem ganzen Tale kamen im Laufschritt zu Hilfe. Traurig war es, als die Flammen auch die Turmfenster erfassten, sodass der Turm ausbrannte, die Glocken schmelzend herunter fielen und von innen auch der Dachstuhl ergriffen wurde. Damit das Feuer nicht in das Innere der Kirche eindringe, wurde die innere Turmtüre rasch vermauert. ...
1906: Die Schäden in der Stadt waren behoben. Die Pfarrkirche wurde unter großen Opfern der Pfarrinsassen neu hergestellt, mit Schieferdach, einem erhöhten Turme mit fünf neuen mächtigen Glocken aus der Glockengießerei Chiapani in Trient. (Alt-Hermagor, Hubert Pietschnigg)
1914 - 1918: Die Kirchenglocken waren ein Opfer des Krieges geworden. Da die im Jahre 1921 gekauften Glocken in der Tonart nicht übereinstimmten, wurde ein neues Geläute angeschaftt. Die neuen Glocken trafen am 14. Oktober 1927 am Bahnhof in Hermagor ein und wurden in feierlicher Form auf den Kirchenplatz gebracht und zunächst dort aufgestellt. Die Einweihung erfolgte am Sonntag, dem 16. Oktober 1927, durch Dompfarrer Josef Maier unter großer Teilnahme der Bevölkerung. (Hermagor in alten Ansichten, R. Kandolf, A. Ronacher)
1942: Die Glocken wurden beschlagnahmt, sie läuteten am 2. Februar zu Mittag zum letzten Mal.
19.12.1948: Die Neuanschaffung von Glocken wurde beschlossen und ein Glockenkomitee gegründet. Johann Moro wurde zum Obmann bestellt.
1.1.1949: Die Neuanschaffung der Glocken wurde im Rahmen der Gottesdienste verkündet.
Jänner 1949: Beginn der Glockensammlung
Die Glockengießerei Johann Grassmayr in Innsbruck wurde mit dem Glockenguss beauftragt. Als Liefertermin wurde Dezember 1949 vereinbart.
26.11.1949: Guss der drei Bronzeglocken (Einladung ergeht an Herrn Moro als Obmann des Glockenkomitees)
Samstag, 10.12.1949: Ankunft der Glocken am Bahnhof im Beisein einer großen Menschenmenge. Der Obmann des Glockenkomitees übergab die Glocken der Pfarrgemeinde. Der Dechant dankte dem Glockenkomitee und allen Spendern.
… Hierauf zogen die Glocken ein. An der Spitze die Hermagorer Musikkapelle, ein Lied durch den Kirchenchor und dann bewegte sich der Zug zur Pfarrkirche, wo die festlich bekränzten Glocken auf dem Kirchplatz aufgestellt wurden … (vgl. Pfarrchronik)
Sonntag, 11.12.1949, 9 Uhr: feierliche Glockenweihe durch Domdechant Josef Maier
… Während der Weihe war zuerst ein Vortrag der Musikkapelle, dann ein Lied des Männergesangsvereines. Einige Gedichte von Schulmädchen und dann wieder Musik. … Die größte Glocke wurde dem Kirchenpatron - dem Hl. Hermagoras - geweiht. Die zweite der Gottesmutter Maria, die kleinste dem Hl. Florian. (vgl. Pfarrchronik)
Freitag, 16.12.1949: Die Glocken wurden zum ersten Mal geläutet.
Samstag, 17.12.1949: Die Glocken wurden zum Andenken an die gefallenen Krieger der Pfarre eine Stunde lang geläutet.
Glocken-Inschriften und -Abbildungen
(B. Plattner; aus der Chronik der Pfarre Hermagor)