Maria “schaut” auf uns • Marija “gleda” na nas
Perspektivenwechsel mit der Mutter Gottes • Tokrat iz druge perspektive
Am Freitag, 12. Juni 2020, einen Tag nach dem Fronleichnamsfest, ist in der Pfarrkirche Neuhaus- Suha das Marienkrönungsgemälde (kunstgeschichtlich datiert auf die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts) wieder „heimgekommen“. Die Zeit des Zwischenaufenthaltes in der Stadtpfarrkirche St. Andrä im Lavanttal ist damit Geschichte. Den Kirchenbesuchern mag die jetzige Installation dieses Marienkrönungsgemäldes an der Frontseite der Kirchenempore zunächst ungewohnt vorkommen.
Das Gemälde wurde nach eingehender Beratung des für die Rückführung des Gemäldes verantwortlichen Pfarrkomitees (unter der Leitung von Herrn Reinhard Hartl vlg. Wirt und mit rechtlicher Beratung von Frau Mag.a Katrin Hartl), des Pfarrkirchenrates (mit der Pfarrkoordinatorin Frau Gertraud Maurel und Pfarrökonomin Gertrude Dobrounig), in Anwesenheit des Pfarrvorstehers Mag. Michael Golavčnik, mit der Fachexpertise der Diözesankunstkonservatorin Frau Mag.a Dr.in Rosmarie Schiestl und der Restauratoren Frau Mag.a Karma Eder-Hoke und ihres Ehemannes Leonhard Eder, durch die zuverlässige Handwerksarbeit des Tischlers Herrn Martin Messner in Zusammenarbeit mit dem Schlossermeister Herrn Josef Micheu, an der Frontseite der Kirchenempore sicher angebracht.
Dem aufmerksamen und ggf. andächtigen Betrachter dieses denkwürdigen Gemäldes mag es zunächst befremdlich erscheinen, dass er das Gemälde nicht „frontal“ vor sich, sondern im Rücken hat, also gleichsam von dem Gemälde angeschaut wird. Darin liegt der besondere und beabsichtigte „Perspektivenwechsel“, den das Gemälde nun uns und allen Besuchern der Kirche zumutet: wenn wir in die Pfarrkirche hineingegangen sind, schaut Maria als gekrönte Himmelskönigin auf uns. Und wenn wir wieder aus der Kirche hinausgehen, schaut Maria auf uns und schauen wir auf Maria, die Mutter Gottes, als Zeichen der Ermutigung und Hoffnung, und nehmen diesen gütigen Anblick mit in unseren Alltag mit all seinen Aufgaben, Anforderungen, Hoffnungen und Gefährdungen.
Maria, die Mutter Gottes, schaut auf uns, d. h. sie stärkt uns den Rücken, wenn wir in die Kirche hineingegangen sind, und sie schenkt uns einen ermutigenden Anblick für unser Leben und Wirken in der Welt, wenn wir aus der Kirche hinausgehen. Das an der Orgelempore angebrachte Gemälde bewirkt also einen wechselseitigen Anblick, und eine Dynamik, d. h. eine Bewegung, die aus dem aufmerksamen Betrachten und Betrachtet werden entsteht.
Wie in dem Gemälde der Marienkrönung dargestellt ist, wird Maria, die Mutter Gottes, uns nahe gebracht - nicht isoliert, separat oder allzu lebensfremd oder dominierend hervorgehoben -, sondern inmitten einer Gemeinschaft, in der Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist zusammen mit der Gemeinschaft der Heiligen (das ist die verherrlichte Gemeinschaft der Kirche im Himmel) präsent, d. h. da ist. Maria kniet im Mittelpunkt des Gemäldes und vermittelt so den lebendigen Bezug zwischen dem dreifaltigen Gott, der Gemeinschaft der Heiligen und dem Volk Gottes, das sich in dieser Pfarre versammelt mit Maria, der Mutter Gottes in der Mitte (vgl. Apg 1,14 "… verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu …").
Der mit dem jetzigen „Standort“ dieses Gemäldes „Marienkrönung“ zugemutete Perspektivenwechsel ist zugleich auch eine Herausforderung, eine gewöhnlich einseitige Marienfrömmigkeit aufzugeben und sich zu öffnen für einen Blick auf die von Gott gekrönte Muttergottes und für ein Angeblicktwerden von dieser Muttergottes inmitten der Kirche und der Pfarre.
Wir danken dem Pfarrkomitee, den Sponsoren und zahlreichen Wohltäterinnen und Wohltätern, Pfarrvorsteher Mag. Michael Golavčnik, sowie der Pfarre St. Andrä im Lavanttal, dass sie es ermöglicht haben, dieses Gemälde der Marienkrönung wieder an den ursprünglichen Besitzer und Eigentümer, das ist die Pfarre Neuhaus- Suha, zurückkehren zu lassen.
Gertraud Maurel
Pfarrgemeinderatsobfrau und Pfarrkoordinatorin