Organisation

Referat für Menschen mit Behinderungen

Was gibt mir Halt?

 (© Foto: Haab)
(© Foto: Haab)

„Es geht immer weiter bergab!“ So oder ähnlich hört man gelegentlich klagen. „Und selbst, wenn es manchmal wieder bergauf zu gehen scheint, geht die Spirale doch im Prinzip bergab.“ Und tausend Gründe scheinen diese Sicht der Dinge zu bestätigen – bleibt also nur noch die Resignation?

Das Gegenteil dessen erlebte ich in der Begegnung mit einer Frau, der es gesundheitlich sehr schlecht ging. Sie hätte allen Grund zum Klagen gehabt, sprach aber von vielen schönen Dingen und brachte sich positiv ein, wo sie konnte. „Ja, die Gesundheit wird nicht besser, aber was da abwärts geht, geht woanders aufwärts.“ Sozusagen eine Aufwärtsspirale.

Hier ging es eindeutig nicht um Verleugnung der schweren Seiten des Lebens. Auch nicht um ein Schönreden, um Dinge nicht beim Namen nennen zu müssen. Und auch nicht um ein esoterisches „Du musst die Dinge positiv sehen, dann wird es schon!“, das jedem Scheitern noch zusächlich einen Mangel an positiver Willenskraft anlastet.

 

Die Krankheitsforschung kennt die Möglichkeit, nach einer Zeit des „Nicht-Wahrhaben-Wollens“ und der Depression zur Akzeptanz einer Krankheit oder einer unangenehmen Wahrheit zu kommen. Während bei der ersten Haltung meine Kraft durch die Auflehnung gegen das Unabänderliche gebunden bleibt,  bleibe ich bei der zweiten in der Rolle des Opfers und kann deshalb keinen Einfluss auf den Verlauf der Dinge nehmen. Indem ich mir aber im Positiven eingestehe, das Ungewollte nicht ändern zu können, eröffnen sich neue Perspektiven: Die Kraft, die vorher gebunden war, wird frei, die vorhandenen Möglichkeiten neu zu nutzen und mein Leben innerhalb der gegebenen Grenzen zu gestalten.

Einen weiteren Aspekt möchten wir nicht verschweigen. Er ist komplex und delikat, so dass er sich nicht in wenige Sätze fassen lässt, aber er spricht aus den Beiträgen, die wir für Sie zusammengestellt haben: das Versöhnt-Sein mit Erfahrungen von Dunkelheit. Es leugnet nicht das Schmerzliche und ist sich dennoch der Sonne bewusst, die über allen Wolken scheint und auch durch die Wolken wärmt. Solches Versöhnt-Sein erleben ich wie einen Leuchtturm, der in wechselnden Situationen Orientierung für meinen eigenen Weg bietet.

 

Diesen Halt bzw. diese Haltung zu finden ist nichts, was man kaufen oder worüber man diskutieren kann – sie ist ein Geschenk und eine langsam wachsende Frucht. Sie hat auch mit Glauben zu tun. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb die Beiträge in diesem Heft mehr als sonst Bezug auf den Glauben Bezug nehmen.

 

Mehr zum Thema finden Sie in der gedruckten Ausgabe von „Schatten & Licht“.