Kapelle
Kapelle des Priesterseminars
Patrozinium: Unbefleckte Empfängnis (8. Dezember)
Mit der Renovierung des Priesterseminars ist auch das Herz des Hauses, die Hauskapelle im ersten Stock, erneuert worden. Der einfache Saalraum wurde 1962/63 als Kapelle eingerichtet. Aus dieser Zeit stammt der westseitige Fensterzyklus von Rudolf Szyskowitz. Er schildert nach einem Präludium mit der Errettung Jonas die Heilsgeschichte von der Schöpfung (Foyer vor der Kapelle) über den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies, den Neubeginn der Geschichte Gottes mit den Menschen in der Verkündigung an Maria, die sich in Tod und Auferstehung ihres Sohnes, der Sendung des Geistes zu Pfingsten fortsetzt und ihr Ziel in der Wiederkunft Christi in der Gestalt des apokalyptischen Lammes findet.
Alexander Silveri, eng mit Szyskowitz und der Neuland-Bewegung verbunden, schuf den Volksaltar aus dem Holz eines über dreihundert Jahre alten Pressbaumes. Er ist Abendmahls-Tisch und Altar des Opfers Christi, das in der christlichen Ikonographie auch im Bild von Christus in der mystischen Kelter zur Darstellung kommt. Der Flügelschlag von Engeln trägt die Vergegenwärtigung des Opfers vor das Antlitz Gottes.
An der Altarwand bündelt das Kreuzbild von Arnulf Rainer die Blickbahnen der Betenden. Seit den Fünfziger Jahren gehört das Kreuz zu den zentralen Themen der Kunst Rainers. In Auseinandersetzung mit Texten der abendländischen Mystik hat er auf der Suche nach bildnerischer Kontemplation zum Kreuz gefunden, dessen Form, seine vertikal-horizontale Struktur, sich für ihn „als königlicher Weg zur Stillegung“ (Rainer) erwies. Waren es in den frühen Kreuzbildern dicke, monochrome Farbschichten, die sich über das Bild „wie Vorhänge, die das überdecken, was unaussagbar ist (Otto Mauer) legten, so schichtet Rainer im „Braunkreuz“ der Seminarkapelle transparenter. Durch seine gestischen übereinander gelagerten Farbspuren hat er sich und damit stellvertretend uns in das Bild eingetragen. Die rinnende Farbe kündet Passion. In der ikonischen Meditation steigt das Kreuzesgeschehen auf, entzieht sich aber auch gleich wieder, bleibt das unfassbare Geheimnis von Golgotha.
Das glühende Grün vom Bildhintergrund des Kreuzbildes wird fortgeführt in den ostseitigen Glasfenstern Michael Kienzers. Seine Glasskulpturen-Fenster erzählen nichts, stemmen sich gegen die hektische Bilderfülle unseres Medienzeitalters. In mehrere Schichten aus Glas hat Kienzer seine malerischen Gesten eingetragen, in Kommunikation untereinander, aber auch durchlässig für den Aussenraum, der mit lebensvollem Grün am Morgen prägend in den Innenraum tritt. Die Glaswand des Eingangsbereichs setzt den Dialog fort; Kapellenraum und Foyer werden zu spannender Zwiesprache geführt: Der Ort des Gebets und kontemplativer Ruhe existiert nicht abgehoben von unserer Lebenswelt, er wirkt hinaus und unser Alltag in ihn hinein.
Vor dem Licht der aufgehenden Sonne die reine jungfräuliche Gottesmutter, der der Raum geweiht ist: eine „Schöne Madonna mit Kind“ aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Leihgabe der Pfarre Kirchdorf-Pernegg.