Organisation

Referat für Spiritualität

Das weite Herz - Teil 8 der Reihe Benediktinische Lebensimpulse

Eine Serie von P. Maximilian Krenn OSB, Administrator des Stiftes St. Paul

Bei Chorgebet - Foto: Stift St. Paul i. Lav.
Bei Chorgebet - Foto: Stift St. Paul i. Lav.

Wenn einer ins Kloster geht, möchte man meinen, dass dadurch eine engere Sicht der Dinge entsteht und der Mönch mit Scheuklappen ausgestattet wird. Schließlich wendet sich ja der Gottsucher von der Welt ab, folgt einem immer gleichen Tagesablauf und bekommt das Alltagsleben der Menschen nur noch peripher mit. Dieses Mönchsbild haben nicht wenige Menschen im Kopf.
Aber trifft das wirklich zu? - Natürlich ist es gefährlich, sich nicht mehr aus den eigenen vier Wänden heraus zu begeben und keine andere Meinung mehr zuzulassen. Nicht selten entstehen dadurch „Eigenbrötler“, die die Welt und letztlich auch sich selbst nicht mehr verstehen. Und natürlich braucht es auch im Leben eines Mönches die Bewegung in ihren verschiedensten Dimensionen: nämlich an Körper, Seele und Geist.

Einen „Eigenbrötler“ aber wünscht sich Benedikt nicht. Wenn er den Gottsucher verpflichtet, Beständigkeit und Gehorsam zu leben, dann möchte er ihn dadurch nicht einsperren, sondern - im Gegenteil - ihn zu echter Freiheit führen. Die Freiheit, die von Innen wächst, ist das Ziel dieses Weges. Daher erinnert uns unser Ordensvater im 7. Kapitel über die Demut, dass „Bindung die Krone erwirbt“.

Und lesen wir dazu auch die Conclusio seines Vorwortes zu Regel: „Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes“. Diese Worte sollten uns jetzt Ohren und Herz öffnen. Da gibt es einen Weg, an dessen Tagesende „ein weites Herz“ und „unsagbares Glück“ stehen. Dafür lohnt es sich doch, sich wirklich anzustrengen. Deswegen kann ein solcher Weg laut Benedikt „am Anfang nicht anders sein als eng“.

Ein Baum, der keinen festen Boden unter sich hat, in den er sich eingraben kann, um dem Boden die Nährstoffe zu entziehen, kann nicht wachsen und sich nicht entfalten. Ebenso kann der Mensch, der sich in die Unbeständigkeit begibt, nicht das Beste aus sich herausholen. Er ist leicht seinen Launen und Gelüsten ausgesetzt und nimmt keine Richtung auf und kann auch nicht ernten, weil dazu die Nährstoffe der Beständigkeit fehlen. Ein Kind braucht die beständige Liebe seiner Eltern, die Studentin das regelmäßige Angebot auf der Uni, der Kunde die geregelte Öffnungszeit des Bäckers, die ganze Schöpfung den zuverlässigen Rhythmus von Tag und Nacht. In der Beständigkeit liegt wahrlich ein Segen, der uns ein Herz schenkt, das nicht kleinlich rechnet, sondern sich an allem freut, was ist.

Fragen:

  • Woran erfreue ich mich?
  • Wo erkenne ich Beständigkeit in meinem Leben, die mir gut tut?
  • Bin ich dankbar für die Gaben der Schöpfung?

Geben Sie ein Feedback, schreiben Sie bitte per E-Mail an P. Maximilian Krenn OSB


Regeltext

Prolog 45-50

Wir wollen also eine Schule für den Dienst des Herrn einrichten. Bei dieser Gründung hoffen wir, nichts Hartes und nichts Schweres festzulegen. Sollte es jedoch aus woh lüberlegtem Grund etwas strenger zugehen, um Fehler zu bessern und die Liebe zu bewahren, dann lass dich nicht sofort von Angst verwirren und fliehe nicht vom Weg des Heils; er kann am Anfang nicht anders sein als eng.
Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes. Darum wollen wir uns seiner Unterweisung niemals entziehen und in seiner Lehre im Kloster ausharren bis zum Tod. Wenn wir so in Geduld an den Leiden Christi Anteil haben, dann dürfen wir auch mit ihm sein Reich erben.