Beständigkeit - Teil 4 der Reihe Benediktinische Lebensimpulse
Eine Serie von P. Maximilian Krenn OSB, Administrator des Stiftes St. Paul
Das dritte Gelübde, das er dem Suchenden beim Eintritt ins Kloster abverlangt, benennt der Hl. Benedikt mit Beständigkeit, im Lateinischen stabilitas. - Was meint er damit?
In der Zusammenfassung der Werkzeuge der geistlichen Kunst (4. Kapitel der Regel) hält Benedikt fest: Die Werkstatt aber, in der wir das alles sorgfältig verwirklichen sollen, ist der Bereich des Klosters und die Beständigkeit in der Gemeinschaft. Mit Beständigkeit meint er also nicht die hardware des Klosters, sondern ihre software, die Gemeinschaft der Brüder. Es geht ihm also nicht einfach nur um ein Verharren innerhalb von Klostermauern, sondern um ein Aushalten der Gemeinschaft, in die der Mönch zu leben gerufen ist; sie bildet den eigentlichen Lebens- und Entwicklungsraum, der ihn von nun an umgibt. Und da sind wir beim Bild der Familie: Familie ist ja auch nicht ein Haus, ein Garten oder irgendein Ort auf dieser Welt, sondern eine fest verbundene Gemeinschaft von Menschen, die überall leben könnten, ohne dem Eigentlichen verlustig zu werden. Familie besteht aus Menschen und um die geht es.
Im Lauf der Zeit kann es unbemerkt geschehen, dass wir das Eigentliche aus den Augen verlieren und dem Zweitrangigen nachlaufen: dann dient die Arbeit nicht mehr dem Menschen, sondern der Mensch der Arbeit; dann ist der andere nur mehr zur Ablenkung da, aber nicht mehr Inhalt der Begegnung; dann wird die Umwelt ausgebeutet anstatt mich an ihr zu erfreuen; dann ist der Körper nur mehr ein Lasttier anstatt der Ort, in dem meine Seele wohnt.
Im Gelübde der Beständigkeit macht Benedikt uns darauf aufmerksam, dass der Mensch und sein Geheimnis immer das eigentliche Ziel der Schöpfung ist und dass wir deswegen an dieser Würde auf Dauer nicht vorbei leben können, ohne Schaden zu nehmen. Den anderen aushalten bedeutet umgekehrt: ich lerne es, bei mir auszuhalten und den Reichtum zu erfahren, der in uns Menschen steckt. Den anderen nicht zu fliehen, heißt auch, die Flucht vor sich selbst zu beenden.
Fragen:
- Wo laufe ich vor dem anderen davon?
- Kenne ich die wohltuende Erfahrung von Beständigkeit?
- Welches Gespräch steht an?
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Regeltext
Kapitel 58, 1-16: Die Ordnung bei der Aufnahme von Brüdern
Kommt einer neu und will das klösterliche Leben beginnen, werde ihm der Eintritt nicht leicht gewährt, sondern man richte sich nach dem Wort des Apostels: "Prüft die Geister, ob sie aus Gott sind."
Wenn er also kommt und beharrlich klopft und es nach vier oder fünf Tagen klar ist, dass er die ihm zugefügte harte Behandlung sowie die Schwierigkeiten beim Eintritt geduldig erträgt, aber trotzdem auf seiner Bitte besteht, gestatte man ihm den Eintritt, und er halte sich einige Tage in der Unterkunft für Gäste auf. Danach wohne er im Raum für die Novizen, wo sie lernen, essen und schlafen.
Ein erfahrener Bruder werde für sie bestimmt, der geeignet ist, Menschen zu
gewinnen, und der sich mit aller Sorgfalt ihrer annimmt. Man achte genau darauf, ob der Novize wirklich Gott sucht, ob er Eifer hat für den Gottesdienst, ob er bereit ist zu gehorchen und ob er fähig ist, Widerwärtiges zu ertragen.
Offen rede man mit ihm über alles Harte und Schwere auf dem Weg zu Gott. Wenn er verspricht, beharrlich bei seiner Beständigkeit zu bleiben, lese man ihm nach Ablauf von zwei Monaten diese Regel von Anfang bis Ende vor und sage ihm: Siehe das Gesetz, unter dem du dienen willst; wenn du es beobachten kannst, tritt ein, wenn du es aber nicht kannst, geh in Freiheit fort.
Wenn er noch immer bleiben will, dann führe man ihn in den oben erwähnten Raum der Novizen und prüfe ihn wieder in aller Geduld. Nach Ablauf von sechs Monaten lese man ihm die Regel vor: Er soll wissen, was der Eintritt für ihn bedeutet. Wenn er noch bei seinem Entschluss bleibt, liest man ihm nach vier Monaten dieselbe Regel wieder vor. Hat er es sich reiflich überlegt und verspricht er, alles zu beachten und sich an alles zu halten, was ihm aufgetragen wird, dann soll er in die Gemeinschaft aufgenommen werden.
Doch muss er wissen, dass er, auch nach dem Gesetz der Regel, von diesem Tag an weder das Kloster verlassen noch das Joch der Regel von seinem Nacken abschütteln darf; er hatte ja lange genug Zeit zu überlegen, ob er es von sich weisen oder auf sich nehmen wolle.