Organisation

Jahr des Glaubens 2012 - 2013

Enzyklika “Lumen fidei” - Licht des Glaubens

Glaube muss gesellschaftliches Handeln bewirken und das Leben in allen Dimensionen bereichern, schreibt Papst Franziskus

Papst Franziskus (© Foto: L“Osservatore / Vatican.va)
Papst Franziskus (© Foto: L“Osservatore / Vatican.va)

Vatikanstadt, 05.07.2013 (KAP) Gerade einmal vier Monate nach Amtsantritt hat Papst Franziskus am Freitag seine erste Enzyklika - "Lumen fidei" - veröffentlicht. Damit hat der Papst aus Argentinien im Blick auf die Ausarbeitungszeit - wenn auch aufgrund der intensiven Vorarbeit seines Vorgängers Benedikt XVI. - einen Rekord aufgestellt. Bei einer Pressekonferenz im Vatikan mit dem Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Quellet, dem Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, dem Präsidenten des Rats zur Neuevangelisierung, Erzbischof Rino Fisichella, und Vatikan-Sprecher P. Federico Lombardi, wurde das Lehrschreiben vorgestellt. Zentrale Aussage ist, dass christlicher Glaube notwendig Konsequenzen für das Handeln der Christen in der Gesellschaft haben muss.
 
In seiner ersten Enzyklika fordert Franziskus dazu auf, den Glauben "in den konkreten Dienst der Gerechtigkeit, des Rechts und des Friedens zu stellen". Weiters sollten Christen für Menschenwürde, Schutz von Ehe und Familie, Achtung der Schöpfung sowie für Frieden und gerechte Regierungsformen eintreten. Dazu sei es freilich erforderlich, das "Licht des Glaubens wiederzugewinnen", der in der modernen Gesellschaft oft als unvernünftig, nutzlos und trügerisch bezeichnet werde und zu verdunkeln drohe.
 
Das Lehrschreiben "Lumen fidei" (Das Licht des Glaubens) ist "vierhändig" entstanden. Franziskus schreibt, er habe dankbar auf die wertvollen Vorarbeiten seines Vorgängers Benedikt XVI. zurückgegriffen, der eine erste Fassung einer Enzyklika über den Glauben schon nahezu fertiggestellt hatte.
 
Der Glaube an Jesus Christus könne und müsse das menschliche Leben in allen seinen Dimensionen bereichern, bekräftigt der Papst in seinem sehr theologisch und meditativ gehaltenen Schreiben. Gerade mit dem "Jahr des Glaubens" - es wurde am 11. Oktober 2012, 50 Jahre nach Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, ausgerufen und endet am 24. November 2013 - wolle die Kirche den "Vorrang Gottes in Christus wieder zum Zentrum unseres kirchlichen und persönlichen Lebens" machen. Man müsse dem Glauben neue Horizonte erschließen und ihn in seiner Einheit und Unversehrtheit in Treue zu Christus erhalten und bekennen. Als grundlegende Elemente bezeichnete er dabei das Glaubensbekenntnis, die Feier der Sakramente, die Zehn Gebote und das Gebet.
 
Gegenteil von Götzendienst
 
Das Licht des Glaubens komme von Gott und habe daher die Kraft, das gesamte Sein des Menschen zu erleuchten, heißt es in dem "Lehrschreiben der vier Hände". Der Glaube sei nicht Privatsache des einzelnen Christen, vielmehr müsse dieser ihn in der Welt verkünden.
 
Der christliche Glaube habe seinen Mittelpunkt in Christus und sei stets an Umkehr zum lebendigen Gott gebunden, so das Papstschreiben. Er sei damit das Gegenteil von Götzendienst. "Der Götzendienst bietet nicht einen Weg, sondern eine Vielzahl von Pfaden, die anstatt zu einem sicheren Ziel zu führen, vielmehr ein Labyrinth bilden." Glauben bedeutet, sich der barmherzigen Liebe Gottes anzuvertrauen, die dem Leben Richtung gebe. Dieser Weg des Glaubens müsse man in der Einheit der Kirche gehen.
 
Kein Widerspruch zu Vernunft
 
Glaube und Vernunft seien keineswegs Widersprüche. Sie stünden vielmehr in einer fruchtbaren Wechselbeziehung zueinander, heißt es zu einer Frage, die Benedikt XVI. häufig in seinen Reden und Texten behandelt hatte. Glaube respektiere den Anderen und auch den Andersdenkenden, er sei nicht arrogant.
 
"Unsere Kultur hat die Wahrnehmung der konkreten Gegenwart Gottes und seines Handelns in der Welt verloren", schreibt der Papst in der Enzyklika. Es gebe die verbreitete Ansicht, "Gott befinde sich nur jenseits, auf einer anderen Ebene der Wirklichkeit, getrennt von unseren konkreten Beziehungen". Dagegen würden die Christen die "konkrete und mächtige Liebe Gottes, der wirklich in der Geschichte handelt und ihr endgültiges Los bestimmt", bekennen.
 
Knackpunkt Wahrheit
 
Freilich benötige Glauben stets auch Wahrheit, erklärt die Enzyklika. Gerade in der heutigen "Wahrheitskrise", die eine Sicherheit nur in der Technologie akzeptiere, brauche der Mensch Erkenntnis und Wahrheit, sonst habe er keinen Halt. "Glaube ohne Wahrheit rettet nicht"; er bliebe ein schönes Märchen oder reduziere sich auf ein schönes Gefühl, dass den Anfragen der Zeit jedoch nicht standhalte.
 
Zur Durchdringung des Glaubens sei die Theologie erforderlich - die freilich ohne Glauben unmöglich sei, unterstreicht der Text. Ihre Orientierung am Lehramt des Papstes und der Bischöfe bedeute keine Grenze ihrer Freiheit, sondern sei "im Gegenteil eines ihrer inneren, konstitutiven Elemente, weil das Lehramt den Kontakt mit der ursprünglichen Quelle gewährleistet und folglich die Sicherheit bietet, aus dem Wort Christi in seiner Unversehrtheit zu schöpfen".
 
Schreiben von hoher Verbindlichkeit
 
Enzykliken sind an die katholische Weltkirche gerichtet, gelegentlich zudem an "alle Menschen guten Willens", also auch Nichtkatholiken. Sie beanspruchen ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Enzykliken werden in der katholischen Kirche als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes verstanden, sind aber keine unfehlbaren Lehrentscheidungen im dogmatischen Sinn.
 
In Enzykliken nehmen die Päpste vornehmlich zu theologischen, moralischen oder sozialen Fragen Stellung. Die meist lateinischen Anfangsworte gelten als Titel des Textes. Der Begriff Enzyklika stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Rundschreiben".
 
Benedikt XVI. hatte in seiner Amtszeit drei Enzykliken veröffentlicht: "Deus caritas est" (2006) über die christliche Liebe und die kirchliche Caritas; "Spe salvi" (2007) über die christliche Hoffnung und "Caritas in veritate" (2009), eine Sozialenzyklika über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen.
 
Die Zahl der päpstlichen Rundschreiben beläuft sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts auf mehrere hundert. Begründet wurde die Tradition der Enzykliken von Benedikt XIV. (1740-1758), der kurz nach seinem Amtsantritt das Rundschreiben "Ubi primum" über die Amtsführung von Bischöfen veröffentlichte.