Erntedank
Das Fest, das in allen Religionen gefeiert wird. Es ist Verbindung zwischen der Schöpfung, den Gaben, die sie den Menschen schenkt und dem Schöpfer. Erntedank ist auch dasWahrnehmen der Begrenztheit aller menschlichen Bemühungen.
Dürre und Unwetter können zerstören, was Menschen mit Fleiß und Mühe gesät und gepflanzt haben. Bittprozessionen und Dankgottesdienste haben in den ländlichen Regionen auch bei uns noch Tradition.
Für die Industriegesellschaft ist der Lebensbezug dieses Festes weitgehend abhanden gekommen. Alles scheint – technisch – machbar, alles kann gesteuert, kontrolliert werden. Die „Früchte“ der Arbeit sind meist nicht mehr sinnlich erkennbar. Der Schöpfungsbezug geht verloren, Dankbarkeit ist keine Kategorie der Moderne.
Vielleicht ist dies ein Grund für die vielfach herrschende Unzufriedenheit und Mentalität des „Haben - wollens - was- mir - zusteht!“
Und doch gibt es immer wieder Anlass, diese Orientierung an der „Machbarkeit“, am Gewinn, am Sich-Bereichern in Frage zu stellen. Naturkatastrophen zeigen die Grenzen des Machbaren und Berechenbaren. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise entthront die Götter des Marktes und der Renditen und entlarvt den Irrglauben an grenzenloses Wachstum und generelle Verfügbarkeit.
Erntedank heute feiern bedeutet, drei Punkte in den Blick zu nehmen:
- das Nachdenken über die persönliche Arbeit. Was habe ich geleistet, was habe ich bewirkt, was sind die „Früchte“ meiner Arbeit, nicht nur der bezahlten „Erwerbsarbeit“. Damit verbunden ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit und nach dem Wert von Arbeit, jenem Wert, der eben nicht in der Entlohnung zum Ausdruck kommt.
- die Rückbindung von Arbeit an den Schöpfungsauftrag Gottes, die Erde zu bebauen und zu behüten. Ist unser tägliches Tun im Einklang mit diesem Auftrag – oder handeln wir ihm zuwider?
- die Einbindung in den weltweiten Zusammenhang und die Solidarität mit künftigen Generationen. Ist meine Arbeit, mein Lebensstil, ein Beitrag zur Schaffung gerechter Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Menschen, hilft er, Ressourcen und Lebensräume für kommende Generationen zu bewahren?
Erntedank als Feier weltweiter Solidarität und Ermutigung zu verantwortlichem Handeln und Mitbestimmung könnte diesem Fest einen neuen zukunftsweisenden Sinn geben.Erntedank als Anlass, sich persönlich und in der Gemeinschaft den Herausforderungen derGegenwart zu stellen: der Ausbeutung und Verschwendung von Biosphäre und Ressourcen und den potentiellen Folgen in Bezug auf den Klimawandel.