Organisation

Weltlicher Dritter Franziskanerorden

Der neue Franziskusbote Juni 2024 ist da!

Leben inmitten der Welt

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Cover Franziskusbote 06/2024
Christine Walder

Liebe Geschwister im OFS, liebe Freunde des hl. Franziskus!

Es ist Juni geworden und wir haben soeben das liebe Fronleichnamsfest gefeiert, das eine tiefe Verbundenheit mit unserem Herrn Jesus Christus bewirkt. Unser Franziskusbote soll ja auch dazu dienen, unsere Verbundenheit untereinander zu stärken und unsere spezielle Berufung für den Dritten Orden, heute OFS, zu erneuern. Sind wir auch Menschen der Gegenwart, so ist es doch immer wieder wichtig, daran zu erinnern, dass unser Orden 800 Jahre alt ist und diese uralten Wurzeln uns immer wieder innerlich erneuern und erfrischen sollen.

In diese Ursprünge hat der hl. Franziskus die jungen, belebenden Kräfte des frühen Franziskanertums gelegt, aus denen wir auch heute noch Belebendes ziehen können, das unseren Orden und uns selbst immer wieder stärkt und verjüngt. Das ist bedeutsam, für die langjährigen Brüder und Schwestern, genau wie für die neu eingetretenen. Dazu darf ich euch heute ein paar Gedanken aus einem Hausbuch des Dritten Ordens (1887) mitteilen, das vor allem Unterweisungen für das Leben in der Welt enthält.

Mitten in der Welt

Unser Ordensvater Franziskus hatte das geistliche Wohl aller Menschen im Auge und wollte alle zu Christus führen. Auch jene Menschen, die nicht wie er und seine Brüder alles verlassen konnten. So wollte er einen Weg finden, die Wesenszüge des klösterlichen Lebens auch in die Welt und in die Familien zu bringen.

Sein Ziel war es, die Menschen in der Welt mit dem wahren Ordensgeist zu erfüllen. Das ist der Geist der Buße / der ständigen inneren Erneuerung, der Loslösung von den irdischen Dingen, dem Geist des Gebetes und der wahren Gottesliebe. All das macht ja das Streben nach Vollkommenheit in einem Kloster aus.

Und dieser Geist soll durch den Dritten Orden nun auch in die Welt getragen werden, soll die Familien und einzelne Personen heiligen, ohne deren Bindungen aufzulösen. Diese Bindungen sollen durch den Ordensgeist ja noch an christlicher Liebe und Tiefe gewinnen.

Arbeit und Pflichten

So soll jedes Mitglied des Dritten Ordens in seinem Stande und Beruf verbleiben. Welchem Familienstand die Brüder und Schwestern auch angehören, welcher sozialen Schicht, welchem Vermögensstand, welcher Altersgruppe, sie mögen nach Franziskus ihre beruflichen und persönlichen Pflichten in der Welt in Treue und mit dem Bemühen um Vollkommenheit erfüllen. Ihr Geist möge aber anders geprägt sein. Sie sollen nicht mehr der Welt verpflichtet sein, sondern als „Diener Christi leben, als Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Ephes. 2, 19). das heißt, wir sollen wohl in der Welt bleiben, aber nicht nach den Grundsätzen der Welt leben.

Bürger des Himmels

Das ist nun das Ziel aller Christen, wie wir schon beim Apostel Petrus lesen: „Brüder, beeifert euch, dass ihr durch gute Werke euren Beruf und eure Auserwählung sicher stellt.“ (2 Petr, 1, 10)

Auch der hl. Märtyrer Ignatius sagt, dass ein Christ nicht „zu sich gehört, sondern ganz Gottes Eigentum sein müsse.“ Auch im Brief an Diognet aus dem 3. Jh., der das Leben der ersten Christen beschreibt, wird betont, dass die Christen sich weder durch Wohnsitz, Sprache oder bürgerliche Sitten von den übrigen Menschen absondern. Und doch zeichnen sie sich durch „einen wunderbaren und auffallenden Lebenswandel“ aus. „Sie wohnen im Vaterlande, aber wie Fremdlinge; sie nehmen an allem teil, wie Bürger, und sie dulden alles, wie Auswärtige. Sie wohnen auf Erden, sind aber Bürger des Himmels (…) Mit einem Worte, was in dem Körper die Seele ist, das sind in der Welt die Christen.“

Genau das und mit franziskanischer Verfeinerung ist unsere Berufung und unser Auftrag. Ist das nicht ein herrlicher Auftrag? In der Welt die Seele zu sein?

Schwierigkeiten

Vielleicht haben euch beim Lesen dieser Zeilen die Augen zu leuchten begonnen. Gibt es eine schönere Berufung?

Und doch: Genau diesen göttlichen Auftrag in der Welt treu zu erfüllen, ist eine große, tägliche Herausforderung. Das war es im wenig friedlichen13. Jahrhundert, zur Zeit des hl. Franziskus, das war es im 19. Jh., zur Zeit Papst Leo XIII., der unsere Ordensregel erneuerte, als das genannte Hausbuch entstand und große soziale Probleme herrschten. Und das ist es heute, im 21. Jh., wo viele politische und weltanschauliche Fragen in Europa unser Leben als Drittordensgeschwister prägen und belasten.

Nur zu leicht kann man sich vom Strom des Zeitgeistes durch die Medien mitziehen lassen, sich von der schweigenden Mehrheit beeinflussen lassen und darauf verzichten, mutig seine christliche Meinung zu sagen. Viele Menschen wollen gern Christen sein, aber ihre Gedanken werden von der Welt bestimmt und auch ihr Sinnen und Trachten bezüglich des eigenen Lebens.

Der geistliche Kampf

Genau das muss unser Ansatzpunkt sein, wenn wir unsere Berufung zum Dritten Orden treu leben wollen. Wie unser Vater Franziskus sollen wir uns nicht kampflos dem Geist der Welt überlassen, uns aber auch nicht beleidigt oder verbittert zurück ziehen, wenn es nicht so läuft, wie wir es gerne hätten. Der christliche „Glaubenskampf“ ist Teil unseres Lebens, Teil unserer Berufung und Ordenszugehörigkeit. Wir sollen uns deshalb aber auch nicht „besser“ fühlen als die anderen, die ein rein weltliches Leben führen und Verlockungen unbedacht nachgeben.

Dies wäre eine besondere Form von Arroganz, des „geistlichen Stolzes“, eine Versuchung, die uns von unserem Streben nach Demut abzubringen versucht. Die Tugend der Demut ist aber eine sehr franziskanische, ein Lebensziel, da die Verlockungen vielfältig und oft nicht durchschaubar sind, von diesem Weg abzuweichen. Möge uns unser Ordensvater Franziskus das große Vorbild sein!

Andere Menschen

Eine weitere Versuchung stellen Menschen in unserer Nähe dar, oft auch in der Familie. Auch wenn sie unseren Glaubensweg nicht teilen, oft auch nicht so ganz verstehen, sollen wir doch um große Verbundenheit bemüht sein. Eine große Hilfe kann es sein, sich zu erinnern, dass die christliche Liebe weit über die irdische hinausreicht und Beziehungen trägt, die nach menschlichem Ermessen nicht möglich wären. Das Bemühen um diese christliche Liebe, in Demut und Barmherzigkeit, macht auch unsere Berufung aus. Auch wenn wir immer wieder versagen, gehen wir den Weg der christlichen Liebe jeden Tag neu!

In tiefer Berufungsfreude grüßt euch eure Sr. Klara / Christine Walder

Pace e bene!