Tigringer Franziskusbote
AUSGABE MÄRZ 2020
Den Kreuzweg gehen und beten ...
Liebe Geschwister im OFS Tigring!
Wir befinden uns in der Fastenzeit, der Zeit der inneren Reinigung und Umkehr. Die Umkehr (gr. Metanoia) ist ein Vorgang, der für uns Mitglieder des OFS eine besondere und tägliche Bedeutung hat. In der Fastenzeit wird diese Bedeutung noch erhöht. Jesus nachzufolgen, in der Weise, wie es uns unser Ordensvater Franziskus vorge lebt hat, ist unser Ziel und unsere Entscheidung, die wir mit unserer Profess getroffen haben.
Dazu gehört auch die vielfältige Pflege von Gebetsformen, die uns auf unserem geistlichen Weg weiterführen, auf Gott zu. Eine besondere Bedeutung hat für uns Mitglieder der franziskanischen Familie das Beten des Kreuzweges. Und zwar nicht nur in der Fastenzeit, da jedoch besonders.
So wollen wir gemeinsam auf die Geschichte dieser wunderbaren Gebetsform hinschauen. Am Beginn dieser Gebets- und Andachtsform steht der ursprüngliche Leidensweg unseres
Herrn Jesus Christus, die Via Dolorosa in Jerusalem. Bald folgten die Pilger betend diesem Weg, im Gedächtnis an das Leiden unseres Herrn, hielten zuerst aber nur an zwei Orten inne, dem Haus des Pilatus und dem Ort der Kreuzigung bei Golgota.
Entwicklung des Kreuzweges
Seit dem 13. Jahrhundert haben die Franziskaner die Kustodie des Heiligen Landes inne. Die Betreuung der hl. Stätten hatte daher von Anbeginn an große Bedeutung für uns in der franziskanischen Familie und damit auch die Vertiefung in die Passion Christi.
Schon im 14. Jh. haben unsere Brüder des ersten Ordens im Hl. Land Prozessionen mit Pilgern auf dem Leidensweg Christi angeführt und damit wesentlich zur Entwicklung dieser Andachtsform beigetragen. Die Pilger wiederum trugen das Beten des Kreuzweges in ihre Heimatländer weiter, wo dies schnelle Verbreitung fand. Zudem war das Beten des Kreuzweges auch mit dem Gewinn eines Ablasses verknüpft, zuerst nur für die Mitglieder der franziskanischen Familie. 1726 wurde dieses Privileg durch Papst Benedikt XIII auf alle Gläubigen, die den Kreuzweg beteten, ausgeweitet.
Die Zahl der Stationen entwickelte sich von zwei über sieben (den kirchlichen Tagzeiten entsprechend) zu schließlich vierzehn Stationen. Dass genau diese Form so starke Verbreitung fand und wir sie heute noch beten, verdanken wir einem besonders glaubensstarken und aktiven Bruder des ersten Ordens, dem hl. Leonardo von Porto Maurizio.
Der hl. Leonardo von Porto Maurizio (1676-1751)
Geboren in der Nähe von Genua, war er schon als Kind durch seinen Glaubenseifer auffallend, der ihn sein Leben lang auszeichnete. Er führte seine Freunde zum Bild der Gottesmutter Maria und betete mit ihnen. Schon mit 17 gab er Katechesen und wollte andere Jugendliche zum Glauben füh-ren. Er trat dem franziskanischen Zweig der Observanten bei und wurde nach 5jähriger Krankheit durch ein Wunder der Gottesmutter geheilt. Nun brannte er noch mehr für seine Aufgabe. Er wurde einer der größten Volksmissionare des Franziskanerordens.
Seine flammenden Predigten zogen Unmengen von Menschen an. Besonders konzentrierte er sich auf das Leiden Jesu. Um dieses besonders anschaulich zu machen, verbreitete er die Kreuzwegandacht. Die von ihm begründete Form der 14 Stationen ist heute noch gebräuchlich.
Und er betete den Kreuzweg nicht nur mit den Gläubigen, sondern er errichtete auch Kreuzwege und regte deren Errichtung an, wo immer er nur konnte. In seinem letzten Lebensjahr baute er 14 Kapellen mit Kreuzwegstationen in die Arena des Kolosseums in Rom ein, wo heute noch alljährlich am Karfreitag der Papst den Kreuzweg betet.
Der hl. Leonardo von Porto Maurizio war ein Seelsorger, dem seine so fruchtbare Tätigkeit Sinn und Ziel des Lebens war, und der dieser alles unterordnete. Er förderte auch die eucharistische Anbetung und die Herz-Jesu-Verehrung. Aber ohne ihn wäre die Andachtsform des Kreuzweges nicht, was sie ist und wir dürfen ihm überaus dankbar sein. Auch wenn die Sprache des 17./18. Jahrhunderts für uns oft ein wenig altmodisch klingt, haben die Sätze des Heiligen auch heute noch große Kraft. So meinte er: „Der Kreuzweg trägt aufs Wirksamste dazu bei, die Sünder zu bekehren, die Lauen anzueifern und die Gerechten noch vollkommener zu ma-chen. Die fleißige Übung des Kreuzweges reicht dazu hin, eine Pfarrei zu heiligen und auffallend zu segnen.“ (Aus dem Buch „Das Seraphische Rosengärtlein. Kleine Legende der Heiligen aus den drei Orden des hl. Franziskus von Assisi.“- 1889)
Gedanken für heute
Lassen wir uns vom Eifer unseres Bruders Leonardo inspirieren, liebe Geschwister im OFS. Nutzen auch wir – über die Fastenzeit hinaus – die wunderbare Kraft dieses Gebetes, das so viel verwandeln kann. Der Nachvollzug des Leidens unseres Herrn kann in uns so viel bewirken, für uns und andere. Das Mitbeten, Mitgehen und Mitleiden erschließt auch für uns eine viel größere Dimension der Bedeutung des Leidens. Indem wir das Leiden Jesu mittragen, trägt er auch unseres mit und verweist uns
über das irdische, endliche Leiden hinaus auf die große Gnade der Auferstehung, die den Kern unseres Glaubens ausmacht.
Eine gesegnete Fastenzeit, liebe Geschwister! Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung! Pace e bene!
Eure Sr. Klara/Christine Walder
AUSGABE FEBRUAR 2020
Franziskanische Exerzitien
Mit franziskanischen Gedanken ins neue Jahr!
Liebe Geschwister im OFS Tigring!
Etwas verspätet möchte ich euch zum neuen Jahr begrüßen! Wir haben ja bereits im Jänner unser erstes Ordenskapitel gefeiert und der Februar ist für uns traditionell ein ereignisreicher Monat. Zuerst einmal, weil wir im Februar unsere alljährlichen franziskanischen Exerzitien begehen, bedeutsame, gnadenreiche Tage, die zu unserer geistlichen Erneuerung und Stärkung ganz wesentlich beitragen.
Zudem werden am nächsten Ordenskapitel zwei Schwestern einen besonderen Schritt in unserer OFS-Gemeinde tun: es wird eine Aufnahme und eine Profess geben, ein besonderer Grund zu unser aller Freude. Es wird dadurch unsere OFS-Gemeinde Tigring nicht nur zahlenmäßig, sondern auch geistlich gestärkt. Die Feier einer Aufnahme und einer Profess haben für jedes Mitglied eine große, lebensverändernde Bedeutung. Wir alle erinnern uns dabei aber auch unserer eigenen Aufnahme und Profess und so wird die Berufung eines jeden von uns erneuert und gekräftigt. Wir alle erleben erneut den Gnadenstrom der Berufung wieder auf einzigartige Weise und ich glaube, ihr alle spürt die große, himmlische Freude im Herzen, die bei so einem wunderbaren Ereignis Gott in uns ausgießt. Bereiten wir uns jetzt schon im Gebet für unsere Schwestern auf diese Feier vor, die uns in wenigen Tagen bevorsteht.
Die Exerzitien
Ein besonders gnadenreiches Ereignis werden auch unsere franziskanischen Exerzitien sein, die heuer vom 27.-29. Februar wieder um Bildungshaus Sodalitas in Tainach/Tinje stattfinden werden. Auch heuer wird uns unser lieber geistlicher Assistent P. Norbert Pleschberger Ofm durch diese Tage geistlich begleiten, mit Vorträgen, der täglichen hl. Messe, Beichtgelegenheit und anderen „Stärkungsmitteln“, die Gott uns in Liebe schenkt.
„Die Exerzitien sind doch das Allerbeste, was ich in diesem Leben denken, verspüren und verstehen kann, sowohl dafür, dass sich der Mensch selber nützen kann, wie dafür, Frucht bringen und vielen anderen helfen und nützen zu können.“ – So der hl. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, auf dessen geistliche Übungen, die so genannten Ignatianischen Exer-zitien, der Wortgebrauch zurück geht.
Ignatius von Loyola versuchte darin, seine eigenen geistlichen Erfahrungen anderen zugänglich zu machen. So lud er Freunde und andere, an der Nachfolge Jesu Interessierte, dazu ein, sich eine Zeitlang zurück zu ziehen und sich – unter seiner Anleitung – dem Gebet, der Meditation und der Unterscheidung der Geister zu widmen. Papst Pius XI erklärte den hl. Ignatius mit der Apostolischen Konstitution Summorum Pontificum vom 25. Juli 1922 zum Schutzpatron aller geistlichen Exerzitien.
Das Besondere
Heute gibt es viele Formen geistlicher Exerzitien. Unsere franziskanischen Exerzitien nehmen natürlich im Besonderen die Inspirationen unseres Ordensvaters, des hl. Franziskus auf bzw. der franziskanischen Spiritualität.
Während sich heute auch andere Formen der Exerzitien entwickelt haben, wie Exerzitien im Alltag und anderes, ist doch unumstritten, dass Exerzitien, die abseits vom Alltag durchgeführt werden, ob nun einzeln oder in Gruppen, besonders kostbar sind und uns zu tiefgehender Besinnung und inniger Begegnung mit Gott führen.
Die Tiefgründigkeit des Ausspruchs des hl. Franziskus: „Du bist, was du vor Gott bist, und nicht mehr!“ wird uns bei unseren OFS-Exerzitien immer wieder auf einmalige Weise bewusst. Die immer wieder kehrende Stille, das intensive Hören auf das Wort Gottes und dessen Auslegung, die Konzentration auf die Gottesbegegnung und der ausgedehnte zeitliche Rahmen, der ja für die meisten nur einmal jährlich möglich ist, sollen und mögen eine geistliche Erneuerung und Umwandlung bewirken, die unseren franziskanischen Berufungsweg vor uns wieder ganz hell ausleuchtet.
Franziskaner-Sein
„Warum ich Franziskaner bin? Damit mein Leben gelingt!“, so hat mir vor nicht allzu langer Zeit ein von seiner Berufung begeisterter Bruder des Ersten Ordens geantwortet. Dieser Satz umfasst die ganze Kostbarkeit unserer Berufung in die franziskanische Familie. Wir sind Teil dieser Familie, das heißt, unsere Geschwisterlichkeit ist wesentlicher Aspekt unserer Berufung, der auch in unseren Exerzitien eine wesentliche Rolle spielt. Neben der geistlichen Vertiefung in Stille, Hören und Beten gehört auch der Ausdruck unserer Geschwisterlichkeit zu unseren franziskanischen Exerzitien.
Leben wir diese bewusst, nützen wir auch die Möglichkeit zum intensiven Austausch mit unseren Geschwistern in den Pausen, in denen so viel franziskanische Heiterkeit aufklingen darf, zu der wir im Alltag nicht immer die Möglichkeit haben. Nutzen wir die Möglichkeiten zum geschwisterlichen Gespräch auch für Tiefgründiges und Herausforderndes!
Dies alles und damit gesegnete franziskanische Exerzitien in Tainach wünscht euch von Herzen eure Sr. Klara/ Christine Walder
Pax et bonum!