Die Geschichte der Dommusik
Von Franz Karl Praßl und Thomas Wasserfaller
Wenn der Klagenfurter Domchor 2012 auf 150 Jahre seines Bestehens zurückblicken konnte, so geht diese traditionsreiche Institution auf die liturgischen Bemühungen des tatkräftigen Kärntner Reformbischofs Valentin Wiery (1858-1880) zurück. Er bestellte mit 1. April 1862 den k. & k. Direktor der Normalhauptschule und Präpandie, Johann Benisch, zum 1. regulären Domchorregenten. Benisch baute einen Domchor nach heutigem Sinn mit in größerer Zahl ehrenamtlich wirkenden Laiensängern auf. Zuvor war die Dommusik, wie es seit Jahrhunderten üblich war, von ausgebildeten Kräften in äußerst geringer Besetzung ausgeführt worden. Für den Choralgesang bei den Kapitelgottesdiensten wurden seit 1787 neben den Chorvikaren vier Domchoralisten angestellt, die auch bei mehrstimmiger Musik mitzuwirken hatten. Der Domchoralist Franz Musil war darüber hinaus volle 55 Jahre (1816-1871) Domorganist. (Domchoralisten sind bis 1941 in Klagenfurt nachweisbar.)
Bei besonderen Anlässen sang lange Zeit der Chor des 1828 gegründeten Kärntnerischen Musikvereines unter der Leitung des Chorleiters von St. Egid, Johann Nepomutzky.
In seinen Anfängen hatte der Domchor etwa 40 Sängerinnen und Sänger, die zahlreiche Messen der Klassik und Romantik sangen. Eine nur wenige Jahre florierende Singschule sollte für Nachwuchs sorgen. 1870-1873 war der Postamtsleiter Martin Reitsamer Domkapellmeister. Er versuchte erstmalig einen Dommusikverrein zu gründen. Sein Nachfolger Alexander Lutschounig (1873-1906 Domkapellmeister und Chorleiter in St. Egid) war der führende Musiker im Kärntner Diözesancäcilienverein (1876-1941). Gemäß dem Ideal dieser kirchenmusikalischen Reformbewegung pflegte er vornehmlich Choral (in einer eigenen „rhythmischen“ Version), Vokalphonie des 16. Jahrhunderts und Orgelmessen der Cäcilianer. Ein anderes Ideal war die Ausbildung eines geschulten Knabenchores, um auf Frauenstimmen verzichten zu können. 1891 sang der Domchor mit zehn Herren und 17 Knaben, diese Sänger mussten jedoch alle bezahlt werden, um sie – und damit den Standard des Chores – auch halten zu können. Zahlreiche Schüler von Lutschounig, der auch ab 1897 in der neuen diözesanen Organistenschule führend tätig war, prägten in ganz Kärnten eine Kirchenmusikpraxis, die bis vor zwei Jahrzehnten fortlebte.
Nach dem ersten Weltkrieg musste auch die Dommusik neu belebt werden. 1919 wurde der Dommusikverein gegründet, erster Obmann war der Musikvereinsdirektor Karl Frodl. Unter Domkapellmeister Karl Krieger (1914-1922 mit Unterbrechungen) sang der Chor wiederum als gemischter Chor mit 20 bis 40 Sängern hauptsächlich cäcilianisches Repertoire, an hohen Feiertagen jedoch Orchestermessen. Auch Kirchenkonzerte mit größeren Oratorienaufführungen sind bezeugt. Ein fruchtbarer Komponist und angesehener Chorleiter war Paul Johann Kobeck, der 1923-1929 den Domchor zu seiner größten Blüte in der Zwischenkriegszeit brachte. Nach Egon Bertl (1930-1937) leitete den Domchor 1937-1940 der spätere Münchner Domchorregent Johannes Hafner. Von seiner Klagenfurter Tätigkeit zeugen die „St.-Hemma-Festmesse“ 1938 und das Herz-Jesu-Lied „O Herz unsres Königs“, das preisgekrönt aus einem Kompositionswettbewerb hervorgegangen ist. Dr. Johann Sabitzer hatte 1940-1952 in schwersten Zeiten die Dommusik zu leiten. Sein Name ist untrennbar mit den Mühen um den Gemeindegesang in Kärnten verbunden. Als Domkapellmeister eroberte er mit seinem Chor in Liturgie und Konzert zielstrebig das Medium Rundfunk. Nach dem Krieg hat es an der Domkirche zwei Chöre gegeben: den „9-Uhr-Chor“, der hauptsächlich deutsch gesungen hat, und den „Domchor“, der das lateinische Repertoire pflegte. Neben den Domkapellmeistern kümmerten sich um den „deutschen“ Chor als Chorleiter auch Alfred Galsterer, Adolf Frühberger und Vikar Felix Mayer. Nach Dr. Sabitzer gab es häufigere Wechsel von Domkapellmeistern (Johann Ulbricht, Karl Schmidt, Otto Scherr). Eine Blütezeit erlebte der Domchor unter Franz Gerstacker 1959-1964. Aufführungen, wie Bachs Matthäuspassion, Bruckners Te Deum, große Messen der Romantik und Wiener Klassik, fanden eine breite Resonanz. Unter Domkapellmeister Raimund Wang (1964-1976) hatte der Domchor die liturgischen Umwälzungen des 2. Vatikanums zu bewältigen. Von 1976 bis 2001 wirkte Herbert Kapfer als Domkapellmeister. Unter seiner Leitung wurden im sonntäglichen Dienst unzählige Messkompositionen von der Renaissance bis zur Gegenwart zur Aufführung gebracht. Aber auch das Konzertrepertoire konnte sich sehen lassen. Unter anderen seien folgende Werke erwähnt: Requiem von Mozart, Brahms und Verdi, die Oratorien „Paulus“ und „Elias“ von Mendelssohn, „Messe solenelle" und "Stabat mater" von Rossini, „König David" von Honegger, Glagolitische Messe von Janacek, "Traum des Gerontius" von Elgar, Neujahrskonzerte mit Werken der Straußdynastie, sowie - als Höhepunkt chorischer Leistung - "Das Buch mit sieben Siegeln" von Schmidt.
Bis 1978 versah Frieda Spanring 42 Jahre lang das Amt der Domorganistin. Nach Christian Pollack wurde 1982 Franz Karl Praßl in dieses Amt berufen, sein Nachfolger wurde 1992 Klaus Kuchling.
Der Dommusikverein wurde 1948 wiederbelebt, Volksbildungsreferent Josef Schmid war der erste Obmann, gegenwärtig wird er von HR Mag. Kurt Haber geleitet. Ihm zur Seite steht der aus ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehende Dommusikvereinsvorstand.
Im Juli 2002 trat Thomas Wasserfaller das Amt als 19. Domkapellmeister seit der Gründung eines eigenen Chores an. Unter seiner Leitung versehen im Domchor etwa 30 Sängerinnen und Sänger den regelmäßigen Sonntagsdienst, bei den großen Orchestermessen singen etwa 50 Personen, für Konzerte schließen sich weiter Singbegeisterte der Chorgemeinschaft an. Für eine größere Vielfalt in der musikalischen Gestaltung wurden zusätzlich weitere Ensembles ins Leben gerufen. Die Domschola, die Domkantorei, die Capella Cathedralis, der Domjugendchor und der Domkinderchor bereichern abwechselnd mit dem Domchor die Gottesdienste in der Kathedralkirche von Klagenfurt.
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