Organisation

Bischöfliches Seelsorgeamt

Ein Haus in Krieg und Frieden

Die Geschichte des Klagenfurter Diözesanhaus spiegelt die dramatische Geschichte des 20. Jahrhunderts wider; eine kurze Hausgeschichte.

ANFANG UND KRISE - vom Neubau des Priesterseminars zum „braunen Haus“

Zwei Jahrhunderte lang wurden die Priesterkandidaten der Diözese Gurk im Priesterseminar auf der Straßburg für ihren Dienst ausgebildet - ein Ergebnis des großen Reformkonzils der Katholischen Kirchen, dem Konzil von Trient (1545 - 1563). Unter Graf Erzbischof Siegmund III. von Schrattenbach wurde das Seminar auf der Straßburg aufgegeben und durch den Kauf des Palais Gaylperg Raum in die Landeshauptstadt Klagenfurt übersiedelt. 1759 wurde der Bau in der Priesterhausgasse eröffnet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde aufgrund der kritischen Bausubstanz über einen Neubau nachgedacht, der erste Weltkrieg und die Nachkriegsjahre verzögerten allerdings einen solchen.

1929 wurde unter Bischof Adam Hefter der Neubau des Priesterseminars in Auftrag gegeben. Als Bauplatz wurde ein Baugrund nahe des Lendkanals gewählt und der Wiener Dombaumeister Karl Holey mit der architektonischen Planung beauftragt. Nach dreijähriger Bauzeit konnte das neue Priesterseminar am Fest Mariä Empfängnis geweiht werdem, die zum Seminar dazugehörende Kirche wurde Christus dem König geweiht. Der 26 m lange, 10,30 m breite und 12 m hohe Kirchenraum wurde durch namhafte Künstler ausgestaltet: so sind der in Messing getriebene Tabernakel und die an den Seitenwänden angebrachten buntfarbigen Terrakotta-Reliefs Werke des Bildhauers Wilhelm Bormann (1885 - 1938). Franz Kirsch (1873 - 1961) steuerte die Kreuzwegreliefs aus Terrakotta bei, die glasgemalten Fenster stammen von Heinrich Tahedl (1907 - 1985).

Sechs Jahre lang diente das neue Priesterseminar seiner Bestimmung, bis die Nationalsozialisten in Österreich die Macht übernahmen und aus dem Priesterseminar das „braune Haus“ von Klagenfurt wurde. Am 22. September 1938 erschien der Gauleiter von Kärnten, Wladimir von Pawlowski (1891 - 1961) bei Fürstbischof Adam Hefter und informierte ihn, dass das Priesterseminar vom Reichsstatthalter aus Staatsnotwendigkeit angefordert worden sei. Man einigte sich, einer Enteignung durch eine „Vermietung“ zu entgehen. Die Kärntner Seminaristen mussten aus dem Priesterhaus ausziehen, das Seminar siedelte während der Kriegsjahre nach St. Georgen am Längsee und Gurk.

In die Tarviser Straße kamen NS-Dienststellen des Gau Kärnten sowie Büros der Staatlichen Bauleitung und der „Universale Hoch- und Tiefbau A.G.“. Diese Baufirma zeichnete gemeinsam mit der SS für den Bau des Loibl-Tunnels verantwortlich. Dieser strategische Tunnel wurde durch KZ-Häftlinge errichtet, die beiden Lager an der Nord- und Südseite des Tunnel waren Außenlager des KZ Mauthausen. Die Administration des Tunnelbaus erfolgte u.a. vom Haus am Lendkanal aus.

NEUBEGINN - Das Diözesanhaus vom Kriegsende bis zur Generalsanierung

Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Schreckensregime und der Befreiung Österreichs durch die Alliierten beschlagnahmte die britische Armee das Diözesanhaus und nutzte es die Nachkriegszeit hindurch als Hauptquartier der britischen Truppen in Österreich. Die Christkönigskirche konnte bereits während der Besatzungszeit durch die Engländer als Sakralraum verwendet werden und bot unter anderem auch der slowenischen Gemeinde spirituelle Heimat. Bis zur Errichtung der Hermagoraskapelle wurden in der Christkönigskirche als Ersatzort für die 1944 zerstörte Priesterhauskirche auch Gottesdienste in slowenischer Sprache gefeiert.

Mit der Wiederherstellung der völligen Souveränität Österreichs und dem Abzug der Alliierten wurde das Haus in der Tarviser Straße 1955 der katholischen Kirche Kärnten zurückgegeben. Doch auch nach Rückgabe des Diözesanhauses an die Kirche kehrten die Kärntner Seminaristen nicht in die Tarviser Straße zurück: bereits 1953 wurde das Seminar in das „Marianum“ am Rudolfsbahngürtel verlegt, von 1971 bis 1995 studierten die Kärntner Seminaristen an der theologischen Fakultät in Salzburg und seit 1995 in Graz.

Die Baracken, welche die Engländern auf den weitläufigen Grünflächen in Norden des Diözesanhauses errichtet hatten, wurden nach dem Krieg von Einrichtungen der wieder gegründeten Katholischen Aktion genützt. 1968 zog die Katholische Aktion in das neue Diözesanhaus in der Klagenfurter Waaggasse. In das Hauptgebäude in der Tarviser Straße zog nach Rückgabe des Hauses an die Kirche die „Vorschule für Familie und weibliche Berufe“. Der vom Kärntner Caritasverband betriebenen Schule, die 1965 das Öffentlichkeitsrecht bekam, war auch ein Caritas - Schülerinnenheim angeschlossen, das bis 1994 am Lendkanal beheimatet war. 1989 wurde ein bis heute bestehender Kindergarten der Caritas Kärnten in der Tarviser Straße eingerichtet.

Das Diözesanhaus von der Generalsanierung bis zur Gegenwart

1995 wurden die Kärntner Architekten Felix Orsini-Rosenberg und Franz Freytag vom damaligen Diözesanbischof Egon Kapellari mit der Generalsanierung und -renovierung des Hauses beauftragt. Die Vorgabe war, aus dem Haus in der Tarviser Straße wieder ein Priesterseminar und Diözesanhaus zu machen. Im Dachgeschoss wurden Zimmer und ein schlicht gehaltener Gebetsraum in einem eigenen Trakt für die Kärntner Seminaristen als Priesterseminar eingerichtet. Der Rest des Hauses wurde als Begegnungs- und Bildungshaus konzipiert: neben Büroräumen bieten fünf Seminar-und Hörsäle sowie der Festsaal die Möglichkeit, Bildungsveranstaltungen im Diözesanhaus mit unterschiedlichen Teilnehmer/innen-Größen durchzuführen, eine Cafeteria im Erdgeschoss dient als Begegnungs- und Verköstigungsraum. Neben den Gliederungen der Katholischen Aktion Kärnten und den Referaten des bischöflichen Seelsorgeamtes beherbergt das Diözesanhaus (Erwachsenenbildungs-) Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung, das Jugendzentrum „Point“, die Diözesanbibliothek, einen Behelfsdienst, die Redaktionsräume der Kärntner Kirchenzeitung „Der Sonntag“ und der Kinderzeitschrift „Regenbogen“ sowie das diözesane Druck- und Kopiezentrum.

Benennung der Hörsäle und Seminarräume nach Kärntner Märtyrerpriestern und einer Märtyrerin des Glaubens

Im Herbst des Jahres 2013 wurde die Sanierung und Neugestaltung des Festsaales des Diözesanhauses in Auftrag gegeben und im Frühjahr 2014 abgeschlossen. Im Zuge der Sanierung wurde beschlossen, die Bildungs- und Begegnungsräume des Diözesanhauses nach jenen Kärntner Priestern zu benennen, die unter dem NS-Regime den Märtyrertod erleiden mussten. Der Festsaal trägt seitdem den Namen eines der führenden Mitglieder der „Antifaschistischen Freiheitsbewegung Österreichs“, des Kärntner Priesters Dr. Anton Granig (am 15. April 1945 in Stein an der Donau erschossen). Die weiteren Hörsäle und Seminarräume sind nach den ebenfalls von den Nationalsozialisten ermordeten Priestern Josef Pollak (1940, KZ Oranienburg/Sachsenhausen), Marzell Leeb (1940, KZ Mauthausen), Anton Kutej (1941, KZ Dachau), Dr. Otto Schuster (1942, Hartheim) und Anton Koperek (1942, KZ Dachau) benannt. Der Besprechungsraum im dritten Stock ist nach der Pfarrhaushälterin Josefa Sumper aus der Pfarre St. Egyden an der Drau benannt. Die Kärntner Slowenin wurde wegen ihres Engagements im Widerstand 1944 verraten, ins KZ Ravensbrück deportiert und dort am 18. Februar 1945 grausam ermordet.