„Zeit zur Umkehr“ am Tag des Judentums
Klare Absage an Antijudaismus und Antisemitismus bei ökumenischem Gespräch im Klagenfurter Diözesanhaus
Zum 25. Mal begingen am 17. Jänner 2024 die christlichen Kirchen in Österreich den „Tag des Judentums“. Das ist für Christen und Christinnen eine gute Gelegenheit, sich in ökumenischer Verbundenheit gemeinsam auf ihre jüdische Wurzel zu besinnen. Auch in Klagenfurt luden die christlichen Pfarrgemeinden und der Katholische Akademikerverband unter dem Motto „Zeit zur Umkehr“ zu einem Vortrags- und Gesprächsabend in das Klagenfurter Diözesanhaus ein.
In der katholischen Kirche hat sich seit dem 2. Vatikanischen Konzil die Sichtweise auf das Judentum grundlegend geändert. Der christliche Antijudaismus wurde zurückgewiesen und ein Weg des Dialoges begonnen. Im November 1998 - 60 Jahre nach der Reichspogromnacht - hat auch die evangelische Kirche in Österreich in der Erklärung „Zeit zur Umkehr“ ihr Verhältnis zum Judentum ausführlich aufgearbeitet und sich zu einem Weg des Miteinanders verpflichtet. Was die beiden christlichen Kirchen vor dem Hintergrund der Schoah in den vergangenen Jahrzehnten auf ihrem je eigenen „Weg der Buße“ gemacht und gelernt haben, wurde in zwei Hauptreferaten detailreich dargestellt.
Für die katholische Kirche sprach Dr. Richard Pirker. Er ist Stadtpfarrer in Villach St. Jakob und geistlicher Assistent der Katholischen Aktion Kärnten. Dreh- und Angelpunkt seiner Ausführungen war das epochemachende Konzilsdokument „Nostra Aetate“ aus dem Jahr 1965, das im 4. Kapitel die Anerkennung des gemeinsamen Erwählungsursprungs von Christen und Juden betont. In diesem Dokument wird ein striktes Nein zu jeder „Verwerfungstheologie“ ausgesprochen und jedem theologischen Antijudaismus eine klare Absage erteilt. Pirker spannte in seinen Ausführungen den Bogen von antijüdischen Tendenzen bei den Kirchenvätern bis zu den christlichen-jüdischen Dialogbemühungen im 21. Jahrhundert.
Für die evangelische Kirche referierte Dr.in Margit Leuthold. Sie ist evangelische Pfarrerin in Lienz und Vizepräsidentin des österreichischen Koordinierungsausschusses für die christlich-jüdische Zusammenarbeit. Zentrum ihrer Ausführungen war die Erklärung der evangelischen Generalsynode von 1998, worin Judenmission explizit theologisch abgelehnt wurde, weil Gottes Bund mit den Juden immer noch aufrecht ist. Bemerkenswert ist auch, dass in diesem Dokument Martin Luthers schlimmste antisemitische Schriften nicht nur abgelehnt, sondern „verworfen“ wurden. Leuthold zeigte sich im Blick auf die aktuelle gesellschaftliche Situation besorgt, dass „der unterschwellige, aber sehr giftige und antijüdische Bodensatz“ gerade in unseren Krisenzeiten wieder neue Blüten treibe. Antisemitismus sei nicht nur eine „unerwünschte“, sondern eine „grundsätzlich problematische Haltung“ die nicht bagatellisiert werden dürfe, so die evangelische Theologin. Für die Kirchen gelte es heute und zukünftig, die eigene Lehre - in Predigt und Unterricht - im Hinhören auf jüdische Auslegungen der Hebräischen Bibel weiter zu treiben. Und es bedarf der „Friedensarbeit auf allen Ebenen“, so der abschließende Wunsch der evangelischen Theologin.
Bischofsvikar Hochschulseelsorger Mag. Hans-Peter Premur und der evangelische Pfarrer Mag. Gregor Schmoly begrüßten seitens ihrer Kirchen das interessierte Publikum. Dr. Karl-Heinz Kronawetter (KAV Kärnten) moderierte die Veranstaltung und die angeregte Publikumsdiskussion. Die Diskussionsveranstaltung wurde durch jüdische Volksmusik ergänzend bereichert. Es spielte das DUO MIRIAM HAUSER - Samuel Esenov aus Kirgistan (Klarinette) und Sebastian Weiss aus Graz (Gitarre) - das mit großem Applaus belohnt wurde.