Rolanda Honsig-Erlenburg
Über Glaube und Werte
Rolanda Honsig-Erlenburg war als Pädagogin und KA Generalsekretärin tätig und ist jetzt in Pension. Ehrenamtlich engagiert sie sich als Vorsitzende von Bruder und Schwester in Not, beim Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung und als Obfrau des Kulturring Schloss Straßburg.
Glaube ist für mich: Meine Wurzeln, die meinem Leben Halt, Sicherheit, Trost und Freude geben. Aus dem meine Wertehaltungen resultieren und aus dem ich täglich Kraft schöpfe! "Ich bin der - ich bin da" (Ex 3, 14f)
Wenn ich an Kirche denke, denke ich an:
Meine Sozialisation, meine Identität, an Heimat, an Menschen, die mir durch ihr Lebenszeugnis Vorbild sind, aber auch an manches, das mich sehr traurig macht – besonders, dass Laien, insbesondere Frauen, von manchen Kirchenvertretern immer noch nicht die Wertschätzung entgegengebracht wird, die ihnen zustehen würde.
Meinen persönlichen Wertekodex prägt vor allem:
Das Evangelium überzeugend und spürbar leben – geprägt von:
- Gerechtigkeit
- sozialer Verantwortung
- Bereitschaft zum Dienst an unseren Mitmenschen, die Unterstützung brauchen
- Ehrlichkeit und Zivilcourage.
Diese christlichen Werte haben heute besonders großen gesellschaftlichen Stellenwert:
Für Menschen da zu sein, die durch Flucht vor kriegerischen Ereignissen, Gewalt und Armut unserer besonderen Aufmerksamkeit und Hilfe bedürfen - dies sowohl persönlich, als auch durch sozial- und gesellschaftspolitisches Engagement.
Meinen Glauben und die daraus resultierende Verantwortung auch öffentlich zu leben, Appelle an Verantwortungsträger*innen zu richten, auch dann, wenn wir dadurch Widerstand und Kritik erfahren.
Hilft Europas christliche Prägung in der Coronakrise?
Ich denke, dass das eine sehr persönliche Entscheidung ist, ob Menschen auch in der Krise aus ihrem Glauben heraus die Zuversicht und Hoffnung nicht verlieren.
Was könnte/sollte der Anteil von Kirche sein, um die Folgen der Pandemie zu meistern?
Sehr positiv nehme ich die Livestream-, Radio- und Fernsehgottesdienste wahr, ich und mein Mann haben in den Zeiten des Lockdowns regelmäßig daran teilgenommen und das auch als Chance wahrgenommen in der Beziehung darüber zu sprechen, gemeinsam zu beten.
Online Bildungsangebote sollten möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden, z.B., dass man Menschen, die keinen Online Zugang haben einlädt, dass sie auch an einer Bildungsveranstaltung teilnehmen können. Themen wie: Hoffnung, Zuversicht, Mut, Dankbarkeit, Sinnfragen sind wichtige Themen.
Bei welchen Bruchstellen unserer Gesellschaft sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?
Die große Differenz zwischen christlichen Grundwerten und der Politik in unserem Land.
Es gab die letzten Jahrzehnte noch nie so eine Kluft zwischen der ÖVP als christlich-soziale Partei und den christlichen Kirchen in der Einschätzung und im Umgang bei den sozialen Brennpunkten wie den Flüchtlingslagern auf Lesbos, Asylsuchenden, in Österreich lebenden Menschen, die keine Staatsbürgerschaft haben, Menschen, die als 24 Stunden-Pflegekräfte in Österreich arbeiten, damit sie ihre Familie in ihren Heimatländern ernähren können und dann auch weniger Familienbeihilfe erhalten, Kinderarmut, Fraueneinkommen und Frauenpensionen!