KAÖ-Appell an Politik: „Blockade des EU-Renaturierungsgesetzes aufgeben“
„Das Gesetz ist ein höchst notwendiger Wegweiser in die Zukunft“
Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) ruft die politisch Verantwortlichen in Österreich auf, ihre Blockade gegen das EU-Renaturierungsgesetz aufzugeben. „Das Renaturierungsgesetz ist ein höchst notwendiger Wegweiser in die Zukunft“, betont das KAÖ-PräsidentInnen-Team in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. „Der Widerstand, der vor allem aus dem Kreis der Landeshauptleute kommt, ist für uns nicht begreiflich. Eine konsequente Renaturierung schützt die Vielfalt der Natur und damit unsere Lebensgrundlage. Sie schützt uns vor den Folgen der Erderwärmung, bewahrt Siedlungsräume vor Überflutungen, renaturierte Gebiete kühlen die Umgebung und sind Rückzugsraum für jene Bestäuber, die die Landwirtschaft dringend benötigt. Sie halten das biologische Gleichgewicht im Lot, das besonders in Österreich so bedrängt ist.“
„Das Argument, man wäre durch Verlust von Landwirtschaftsfläche in Europa gezwungen, Nahrungsmittel auf gerodeten Regenwaldflächen anzubauen, ist nicht haltbar und lenkt vom eigentlichen Thema ab. Sollte die Ernährungssicherheit gefährdet sein, wird das Gesetz ohnehin europaweit außer Kraft gesetzt. Der Verlust an Ackerfläche passiert durch Versiegelung und Straßenbau, nicht durch Renaturierung“, betonen Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Brigitte Knell.
„Mit der Industrialisierung hat sich unser Blick auf die Natur verändert. Sie wird auch heute – trotz Umweltkrise und Klimawandel – noch viel zu sehr als bloßes Produktionsmaterial gesehen. Ökologische Zusammenhänge wurden und werden einfach ignoriert, weltweit. Diese rücksichtslose Verbrauchsmentalität hat zu massiven und zum Teil irreversiblen Schädigungen in vielen Naturgegenden der Welt geführt. Europa hat hier einiges gut zu machen. Das vor zwei Monaten vom EU-Parlament verabschiedete Renaturierungsgesetz schlägt den richtigen Weg ein“, so das KAÖ-PräsidentInnen-Team.
Laut dem Renaturierungsgesetz sollen bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederhergestellt werden. Wälder sollen aufgeforstet, Moore wiedervernässt und Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt werden. Gleichzeitig soll das Gesetz zur Erreichung der EU-Ziele in den Bereichen Klima und biologische Vielfalt beitragen und die Ernährungssicherheit verbessern.
„Als Katholische Aktion sehen wir die Natur als gleichwertige Mitwelt und den Menschen als Teil der Schöpfung. Deshalb ist es notwendig, die der Natur zugefügten Schäden so weit wie möglich wieder gut zu machen und der Natur wieder den ihr zustehenden Raum zu geben. Das Prinzip ‚Natur‘ muss im Sinne einer neuen Mitweltgerechtigkeit als Maßstab in allen Lebensbereichen genommen werden.“
„Es braucht daher jetzt keine verwässerten Gesetze, sondern konsequente Reformen in Richtung einer Kreislauf-Wirtschaft. Kein Wirtschafts- und Lebensbereich kann sich davon ausnehmen. Und gerade eine nachhaltige Landwirtschaft, die wir als ‚Lebens-Wirtschaft‘ notwendiger als vieles andere brauchen, sollte uns hier ein besonderes gemeinsames Anliegen sein. Wir fordern daher die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen auf, eine konsequente Gesetzgebung zu ermöglichen und nicht einfach dem ‚Weiter-so‘ anzuhängen.“
„Die Leidtragenden einer ‚Geht-nicht‘-Haltung oder ‚Die Natur hält das schon aus‘-Einstellung werden vor allem unsere Kinder und Enkelkinder sein“, gibt das KAÖ-PräsidentInnen-Team zu bedenken und unterstreicht: „Die Menschen haben sich die Menschenrechte als Basis für ihr Zusammenleben gegeben, haben sie in die Verfassungen geschrieben. Es ist an der Zeit, dass wir begreifen, dass alle Lebewesen in diesen Rechtsstatus aufgenommen werden und die Natur wieder den ihr zustehenden Platz bekommt. Wer die Natur achtet, achtet sich selbst. Wer die Natur irreversibel verbraucht, verbracht und vernichtet seine eigene Zukunft.“
Fehlende Mehrheit im Rat der Umweltminister
Nach der Verabschiedung des Gesetzes am 27. Februar braucht es noch die Zustimmung des Rates der EU-Umweltminister. Derzeit fehlt es aber an einer Mehrheit im Rat. Österreich muss sich wegen eines Beschlusses der Bundesländer von der Abstimmung enthalten, mehrere Landeshauptleute halten an ihrem Widerstand gegen das Gesetz fest.
Dem Argument, dass das Gesetz zu wenig auf die Besonderheiten der einzelnen Länder eingehe, ist - so das KAÖ-PräsidentInnen-Team – nicht stichhaltig. „Das Gesetz enthält verbindliche Ziele und Fristen, lässt aber zugleich den einzelnen EU-Mitgliedstaaten die notwendigen Freiheiten, wie sie diese Ziele erreichen möchten. Damit ist auch die Möglichkeit gegeben, die unterschiedlichen Voraussetzungen der Regionen und Bundesländer zu berücksichtigen. Zudem sieht das Gesetz eine vom Parlament geforderte ‚Notbremse‘ vor, so dass die Ziele für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt werden können, wenn sie die für eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion für den EU-Verbrauch benötigte Fläche zu stark reduzieren. Österreich hat die Möglichkeit, mit seiner Stimme eine Mehrheit im Rat der Umweltminister herzustellen und den Weg für eine enorm wichtige Weichenstellung freizumachen. Es wäre beschämend, wenn wir diese Chance nicht nutzen“, so Kaineder, Renner und Knell.
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