Organisation

Katholische Aktion

Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement innerhalb der Kirche

Mag. Martin Oberbauer, MAS, Klinischer, Gesundheits- und Arbeitspsychologe sowie u.a. Freiwilligenmanager im Wiener Hilfswerk im Gespräch mit Angela Rosenzopf-Schurian

(Bildrechte: Mabel Amber Pixabay)
(Bildrechte: Mabel Amber Pixabay)

Ich bin Kirche. Was fällt Ihnen dazu in Bezug auf Ehrenamtlichkeit ein?

Ich denke, es ist für viele Menschen in der Kirche ein Auftrag, die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen für ihre Mitmenschen, für die/den Nächste/n einzusetzen. Es geht nicht nur um das eigene Seelenheil, sondern es ist ein Anliegen, anderen Gutes zu tun.

Glaube ist ein verbindendes Element im kirchlichen Ehrenamt. Gleichzeitig gibt es unterschiedliche Motive, sich in der Kirche zu engagieren.

Wenn ich durch mein Engagement meine inneren Werte umsetzen kann, ist das eine starke Motivation, genauso das Erleben von Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Das Gemeinwohl-Motiv, also für andere da sein, ist ebenfalls in der Kirche sehr ausgeprägt. Auch etwas Neues kennenlernen kann ein Motiv sein. Zum Beispiel erkenne ich durch das Mitarbeiten in einer Suppenküche neue Problemfelder und entwickle eine andere Weltsicht, meine Werthaltung angeregt, dass ich im Sinne der Nächstenliebe meine Bestrebungen intensiviere.

Auch im kirchlichen Bereich gibt es Menschen, die im Sinne einer Selbstwertsteigerung, also zur Stabilisierung des eigenen Selbstwertes, Gutes zu tun. Nicht wenige Menschen engagieren sich aus der eigenen Krise heraus, damit es auch ihnen selbst besser geht und sie beispielsweise nicht einsam sind. Das ist genauso legitim. Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass Ehrenamtlichkeit auch gesundheitsförderlich ist und das Wohlbefinden steigert.

Welche Motive stützen das kirchlich vorherrschende Freiwilligensystem und welche Motive reiben sich daran, wenn man neue Ehrenamtliche gewinnen will?

Für beide Gruppen zählt das Gemeinwohlmotiv. Wichtig ist es hierbei auf Haltungen, Einstellungen, Befindlichkeiten zu schauen. Neue Freiwillige fühlen sich in herkömmlichen Strukturen mit Dienst machen und dienen nicht wohl. Im christlichen Bereich gibt es eine beachtliche Anzahl an klassischen Ehrenamtlichen, die das gerne tun und die es auch weiter geben wird. Bei Jüngeren und sogenannten Wahlfreiwilligen wird es aber vermehrt zum Thema, dass diese selbstbestimmt Aufgaben durchführen, mitbestimmen, ja auch mitentscheiden möchten. Vielleicht sind da Freiwillige dabei, die sich für die Aufgabe absolut interessieren, mit Kirche aber sonst nichts am Hut haben. Die Frage ist, will ich als Kirche solche Freiwilligen oder nur welche, die sich mit allem identifizieren. Da braucht es Augenhöhe, Verhandlung und Rahmenbedingungen, auch eine neue Haltung der Verantwortlichen.

Mag. Martin Oberbauer, MAS, (Bildrechte: M.Oberbauer)
Mag. Martin Oberbauer, MAS, (Bildrechte: M.Oberbauer)

Das heißt einen hohen Grad an Reflexion und eine gute Vertrauensbasis.

Und es braucht auch Mut von Verantwortlichen, einmal locker zu lassen, damit etwas ausprobiert werden kann. Es ist eine Frage der inneren Freiheit, die Verantwortliche haben, um Gestaltungsräume zuzulassen. Bei nur klassischen Formaten besteht die Gefahr, dass man Jüngere nicht mehr anspricht, hinsichtlich der Freiwilligen in eine Überalterung hineinkommt und einfach zu wenige Neue nachkommen, die Schwung hineinbringen.

Was wird die Kirche für ein lebendiges Ehrenamt in der Zukunft brauchen?

Es ist noch nicht ganz in den Köpfen und Herzen von Pfarrern und Verantwortlichen angekommen, dass der Umgang mit Freiwilligen spezielle Fähigkeiten verlangt. Freiwillige sind mit bestimmten psychologischen Merkmalen ausgestattet, mit Freiweilligen muss ich anders umgehen als mit Angestellten. Gute Freiwilligenarbeit funktioniert nur in einem Miteinander für das es Kompetenzen braucht.

Man muss sich mit dem Thema beschäftigen, das heißt Aufwand, Aufmerksamkeit und Kompetenzerweiterung. Ich möchte bestärken, dass Engagement nicht selbstverständlich ist. Man kann nicht davon ausgehen, es tut eh jede/r einfach so, weil er/sie Christ/in ist. Es braucht also Rahmenbedingungen, Umgangsformen und eine Haltung gegenüber Ehrenamtlichen, die das Engagement fördert. Dann ist es auch nicht so schwierig Nachwuchs zu finden und Zulauf zu haben.

Tipp von Martin Oberbauer, um andere Ehrenamtliche zu gewinnen:

  • Formulieren Sie als Ehrenamtliche/r in Absprache mit den Verantwortlichen schöne Aufgabenfelder und machen Sie den Mehrwert des Ganzen sichtbar. Es geht nicht nur darum, was an Arbeitskraft gebraucht wird, sondern auch was dadurch ermöglicht wird. Z.B. Hier gestalten Sie mit.“
  • Role Models als positive Beispiele wirken authentisch und zeigen, was sie im Engagement als motivierend erleben.
  • Gewinnen Sie angesehene Leute, die zumindest für die Aufgabe werben, z.B. die Bürgermeisterin, der Volkschuldirektor. Wenn öffentliche Personen für etwas sprechen, zieht es mehr an.