Warum eigentlich den Kirchenbeitrag zahlen?
Gerhard Salzer und Burkhard Kronawetter im Gespräch mit Gerald Heschl
Jedes Jahr im September werden der Rechnungsabschluss und die Austrittszahlen aller österreichischen Diözesen veröffentlicht. Über die aktuelle Situation in Kärnten geben Finanzkammerdirektor Gerhard Salzer und Diözesanökonom Burkhard Kronawetter im folgenden Interview Auskunft.
Im Jahr 2022 wies der Rechnungsabschluss einen Verlust von 6 Millionen Euro aus. Wie hat sich die Situation im Vorjahr entwickelt?
Kronawetter und Salzer: 2023 ist das Ergebnis aus wirtschaftlicher Sicht besser. Zwar weist das operative Ergebnis – also das Ergebnis aus dem laufenden Betrieb – ein Minus von 3,8 Millionen Euro auf. Aber durch außerordentliche Erträge aus der priesterlichen Pensionsvorsorge und einem positiven Finanzergebnis können wir 2023 wieder ein positives Jahresergebnis von knapp 800.000 Euro verzeichnen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unser Fokus auf einem ausgeglichenen operativen Ergebnis liegt.
Die sinkenden Kirchenbeiträge, die steigende Inflation, die zunehmenden Personalkosten und die hohen Kosten der Gebäude-sanierung beschäftigen derzeit viele Diözesen. Manche haben enorme Einsparungen verkündet, andere – wie die Steiermark – kirchliche Gebäude verkauft. Wie sieht die Strategie in Kärnten aus?
Wenn man in die Zukunft schaut, so zeichnet sich ein klares Bild über unsere Einnahmensituation ab. 75 Prozent der Einnahmen kommen aus dem Kirchenbeitrag, wofür wir sehr dankbar sind. Aber die von Ihnen geschilderten Entwicklungen zeigen schon, dass wir kostenmäßig vor enormen Herausforderungen stehen. Unser wichtigstes Kapital sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher sind auch die Personalkosten, aber auch die laufenden Kosten für unsere Infrastruktur tendenziell steigend. Wir wollen keine Mitarbeiterin und keinen Mitarbeiter entlassen, werden aber nicht alle Abgänge immer ersetzen können. Es braucht daher eine klare Konzentration auf unsere Aufgaben, die seitens der pastoralen Ziele unseres Kirchenentwicklungs-prozesses vorgegeben werden. Diese werden sich innerhalb des finanziellen Rahmens bewegen müssen. Da erwarten wir uns ein Miteinander aller Beteiligten. Es wird Prioritäten geben müssen, die sich aus dem Prozess, seinen Zielen und Maßnahmen ableiten lassen.
Kärnten ist das Land mit mehr als 1.000 Kirchen, mit zahlreichen Pfarrhöfen und anderen kirchlichen Gebäuden. Wird es auch eine Einteilung wie in anderen Diözesen geben, was noch erhaltenswert ist und was nicht?
Wir sehen es als Auftrag, die Substanz zu erhalten. Ideal wäre es natürlich, wenn jede Pfarre in der Lage wäre, selbst für die Erhaltung der Gebäude zu sorgen. Für uns ist die oberste Leitlinie, ob wir im Zuge des Entwicklungsprozesses alle kirchlichen Gebäude für die Seelsorge brauchen. Wir unterscheiden aber ganz klar zwischen Kirchen, also Sakralgebäuden, und Profangebäuden. Letztere werden wir auch anders nützen oder auch verkaufen können. Ein Verkauf von Kirchen kommt für uns aus heutiger Sicht überhaupt nicht in Betracht.
Gerade die Kirchen sind oft auch identitätsstiftend …
Es ist oft vorbildlich, wie sich Gemeinden um ihre Kirchen annehmen. Mitunter sind das ganz kleine Filialkirchen, in denen Andachten gefeiert werden oder die als Gebetsräume genutzt werden. Solange dies der Fall ist, gibt es keinen Grund zur Sorge, weil sich immer Menschen finden, die sich um diese Kirchlein annehmen. Insgesamt ist der Zustand unserer Kirchen sehr gut.
Aber ob Gebäude oder Aktivitäten: Um die Erwartung eines ausgeglichenen Budgets zu erfüllen, braucht es Prioritäten, die gesetzt werden müssen. Im Konsistorium wurde – grob verkürzt – beschlossen, dass nicht mehr ausgegeben werden darf als eingenommen wird …
Das ist eine harte, aber kluge Vorgabe. Es geht darum, die Schritte im Entwicklungsprozess so zu setzen, dass das Schiff der Kärntner Kirche in keine Schieflage gerät. Die Ausgangsposition ist die Vielfalt der kirchlichen Leistungen. Wir müssen uns aber auch überlegen, ob sie wirklich die Bedürfnisse der Menschen heute abdecken. Wenn gewisse Dinge nicht mehr beansprucht werden, muss man die Leistungen so umschichten, dass sie auch bei den Menschen ankommen.
3,8 Millionen Euro einzusparen, ist aber schon ein gewaltiger Einschnitt.
Wir werden dies daher auch nicht in einem Zug lösen können. Das ist auch dem Konsistorium klar, weshalb diese Vorgabe als Prozess definiert wurde. Das kann sich nicht nur darin beschränken, dass man Leistungen reduziert. Vielmehr geht es um effizientere Abläufe, interne Prozesse und natürlich auch um eine Reform der Struktur. Zum Beispiel wird die Regionalität eine viel größere Rolle spielen.
Jetzt haben wir viel über Ausgaben gesprochen. Gehen wir zu möglichen Einnahmen: In den vergangenen Jahren stand das Bistum im öffentlichen Interesse. Sie sind beide in der Bistumsgeschäftsführung. Wie entwickelt sich dort die Lage? Kann das Bistum der Diözese unter die Arme greifen?
Die Situation im Bistum hat sich sehr gut entwickelt. Ein Grund dafür ist die klare strategische Ausrichtung, die eine enge Verschränkung von Bistum und Diözese vorsieht. Unser Auftrag ist es, nach ethischen Kriterien zu wirtschaften und Erträge auch dem diözesanen Budget für die pastorale Arbeit zuzuführen. Wir sind auf einem guten Weg in eine nachhaltige, positive Entwicklung. Sie dürfen auch nicht vergessen, dass noch vor wenigen Jahren die Diözese das Bistum finanziell unterstützt hat, nun ist es aber schon umgekehrt. Derzeit unterstützt das Bistum diözesane Aktivitäten etwa im Stift St. Georgen mit ca. 100.000 Euro pro Jahr. Ziel ist es, dies langfristig deutlich zu steigern.
Die wichtigste Einnahme ist und bleibt der Kirchenbeitrag. Die Austrittszahlen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Hat sich die Lage im Vorjahr beruhigt?
Sie hat sich beruhigt, auch wenn jeder einzelne Austritt sehr schmerzt. Insgesamt sind mehr als 58 % der Kärntnerinnen und Kärntner römisch-katholisch.
Obwohl 5.408 Personen ausgetreten sind, stiegen die Einnahmen leicht. Aber natürlich konnte die Inflation nicht abgedeckt werden. Es gibt in Kärnten noch immer eine sehr hohe Zahlungsmoral, für die wir sehr dankbar sind. Das sieht man auch daran, dass mehr als 99 Prozent den Kirchenbeitrag ohne Klagen einzahlen. Das spricht auch für eine gewisse Stabilität unserer Einnahmensituation.
Was sagen Sie auf die Frage: Warum soll ich Kirchenbeitrag zahlen?
Natürlich steht im Zentrum die Mitgliedschaft bei unserer Glaubensgemeinschaft. Aber Katholik bin ich mit der Taufe und nicht mit dem Zahlschein. Daher sehen wir als ein wesentliches Argument für den Kirchenbeitrag, dass er ein ganz breiter Solidaritätsbeitrag ist. Sie unterstützen mit Ihrem Kirchenbeitrag Seelsorge, Glaubensleben und Spiritualität in unserem Land, aber auch Kultur, Wertevermittlung, Bildung und nicht zuletzt die Caritas.
Zur Person:
Gerhard Salzer (li. im Bild) ist seit 1. Mai 2020 Direktor der Bischöflichen Finanzkammer der Diözese Gurk-Klagenfurt. Burkhard Kronawetter (re.) ist u. a. Diözesanökonom, Leiter des Amtes für Liegenschaften und Recht sowie Eigentümervertreter der Diözese Gurk in der RK Kirchenforste GmbH.