Priester als Filmstar – ein Held in Schwarz?
Grazer Religionswissenschafterinnen gehen dem Phänomen der Priester in Film und Fernsehen nach
Priester als „Helden in Schwarz“? Zwei Grazer Religionswissenschafterinnen gingen dem Phänomen der Priester in Film und Fernsehen nach. Von Franjo Vidovic
Don Camillo und Pfarrer Braun
Wer kennt sie nicht: von Don Camillo als schlagkräftiger, mit Jesus disputierender Urvater der Kinopriester über den Priester-Detektiv Pater Brown bis hin zu William von Baskerville, dem aufgeklärten Mönch aus Umberto Ecos „Namen der Rose“? Sie alle prägen ein spezielles Priesterbild, dem die Autoren und Autorinnen des jüngsten Titels aus der Reihe „Film und Theologie“ nachgehen. Sie sind „Helden in Schwarz“.
Wie die Herausgeberinnen in ihrer Einleitung so treffend feststellen, kennen heute mehr Menschen katholische Priester aus dem Fernsehen als aus persönlicher Begegnung. Ein Blick auf diese „Film- und Fernsehpriester“ lohnt sich daher allemal. Theresia Heimerl und Lisa Kienzl sind beide Religionswissenschafterinnen an der Theologischen Fakultät in Graz, die Verfasser und Verfasserinnen der weiteren Beiträge allesamt Doktoranden der Religionswissenschaft ebendort.
Genre-Priester im Film
In „Helden in Schwarz“ widmen sie sich katholischen Priesterfiguren im Unterhaltungsfilm und populären TV-Serien, geordnet nach Genres: Den Anfang machen „Bibliophile Mönche und machtgierige Intriganten“, also Priesterfiguren im Historiengenre, das mit Gestalten wie den Mönchen aus „Der Name der Rose“ oder „Kardinal Richelieu“ das (Kirchen)Geschichtsbild vieler Menschen prägen.
Es folgt ein Beitrag zu Don Camillo als Urvater des Filmpriesters sowie ein weiterer, welcher sich mit „Geweihten Kriminalisten“ befasst und von Pater Brown in alten Schwarz-Weiß-Filmen bis zu Pfarrer Braun und Pater Castell den Bogen spannt.
Besonders brisant ist die Darstellung des Priesters im Romantikgenre. Hier zeigt die Autorin die große Breite der Zugänge von der 1980er-Serie „Die Dornenvögel“ bis zur aktuellen ORF-Produktion „Braunschlag“ auf. Weitere Beiträge widmen sich der Gestalt des Exorzisten als „Soldaten Gottes“ sowie Priestern im Mystery-Film.
Überraschende Ergebnisse
Und schließlich lernen wir noch über Priester im Film zu lachen („Priester in Komödien“) und wie Priester als Werbeträger für sehr profane Produkte wie Bier und Cola erfolgreich verwendet werden können.
Das vielleicht überraschendste Ergebnis ist die überwiegend positive und sympathische Darstellung des Priesters in den analysierten Filmen und Serien. Gerade der einfache Priester wird oft zum maskulinen „Helden in Schwarz“.
Auch der Zölibat scheint, vom Romantikgenre abgesehen, für die Priester am Bildschirm kein wirkliches Problem zu sein, wiewohl sie in hohem Maß den ästhetischen Ansprüchen aktueller Schönheitsideale entsprechen, wie die Autorinnen sehr genau herausarbeiten.
Das Buch versteht sich als wissenschaftliche Publikation mit dem notwendigen wissenschaftlichen Apparat (Fußnoten etc.). Die Beiträge sind gleichwohl für ein breiteres Publikum gut lesbar und vermitteln einen hochinteressanten Überblick zu Priestern im populären Film und TV – vor allem aber eröffnen sie den Blick auf ein positives Priesterbild, das viele im realen Leben und den Nachrichten vermissen.
Theresia Heimerl/Lisa Kienzl (Hg.): „Helden in Schwarz. Priesterbilder im populären Film und TV.“ Marburg: Schüren 2014 (=Film und Theologie 27)
Drei Fragen an Theresia Heimerl, Co-Herausgeberin des Buches „Helden in Schwarz“
Priester als Helden – wie weit decken sich Film und Wirklichkeit?
Heimerl: Die Filme und TV-Serien sind allesamt dem Unterhaltungsgenre zuzurechnen. Daher ist es nur logisch, dass sie nicht „Wirklichkeit“ abbilden, sondern eine bestimmte, je nach Genre spezifische Fiktion erzeugen wollen, die Zuseher unterhält. Bezüglich Kleidung und Normen sind die behandelten Produkte unterschiedlich nahe an realen Vorschriften: In manchen Fällen sind es eher freie Kostüme, in anderen sehr detailgetreue Wiedergaben. Insgesamt aber zeichnen die Filme und Serien ein recht konservatives Bild, vor allem auch ikonographisch verzichtet keiner auf Schwarz und Kollar.
Haben diese Filme einen Einfluss auf das Priesterbild in der Öffentlichkeit?
Heimerl: Meines Erachtens haben diese Filme sehr wohl einen Einfluss auf das Priesterbild in der Öffentlichkeit, da die meisten Menschen Priester heute eher aus dem Fernsehen kennen denn aus der Realität. Insofern muss man sagen, dass dieses Bild gar nicht so negativ ausfällt, aber die Gefahr natürlich groß ist, dass dann reale Priester an solchen Gestalten gemessen werden und davon natürlich sehr weit entfernt sind. Besonders anzumerken ist auch noch, dass es eine ganz klare Gegenüberstellung von einfachem Priester und kirchlicher Hierarchie gibt. Letztere ist fast immer negativ gezeichnet als intrigant, machtbesessen, geldgierig, verweichlicht etc. – das Bild des Bischofs im Prunkpalais wird also sicher durch Film und Fernsehen aufgegriffen und verstärkt.
Sehen Sie eine Entwicklung beim „filmischen“ Priesterbild?
Heimerl: Ja und nein: Bestimmte Verhaltensmuster, wie sie etwa bei Don Camillo noch selbstverständlich sind – etwa gutgeheißene Gewalt gegenüber Frauen, gibt es heute absolut nicht mehr – auch werden positiv besetzte Priesterfiguren in der Regel als aufgeschlossen gegenüber verschiedenen Lebensformen und technikaffin gezeichnet. Andererseits werden bestimmte Elemente wie v.a. die Kleidung und der Zölibat betont und – außer im Genre der Zölibatsdramen – nicht in Frage gestellt.
Zum Autor dieses Beitrags:
P. Dr. Franjo Vidovic OFM ist Rektor der Katholischen Pädagogischen Hochschuleinrichtungen der Diözese Gurk sowie des Marianums Tanzenberg und Provisor in Projern und Pörtschach am Ulrichsberg.