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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Pflanzen sind die beste Therapie

Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger O.Praem. im SONNTAG-Gespräch

In seinem jüngsten Buch zeigt der bekannte Kräuterpfarrer aus dem Stift Geras, wie Pflanzen für Körper und Seele wirksam sein können. Im Sonntag-Interview erzählt er über seine Berufung als Nachfolger von Hermann-Josef Weidinger Seelsorge am Beispiel der Kräuter und die Schöpfung.

Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger O.Praem. über die Schule der Natur, ganzheitliche Seelsorge und Schöpfungsverantwortung. (© Foto: krobath)
Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger O.Praem. über die Schule der Natur, ganzheitliche Seelsorge und Schöpfungsverantwortung. (© Foto: krobath)
In seinem Element: Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger (© Foto: krobath)
In seinem Element: Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger (© Foto: krobath)

Sie sind Erbe von Kräuterpfarrer Weidinger. Wie sind Sie zu Kräutern, Pflanzen, Natur gekommen?
Kräuterpfarrer Felsinger: Die Schule der Natur wurde mir schon als Kind nahe gebracht. Mein Vater war Naturgeschichte-Lehrer und Jäger. Wir waren viel im Wald unterwegs, haben uns von dem ernährt, was im Garten wächst. Die Natur hat mich also von klein auf fasziniert. Mit 19 bin ich ins Stift Geras eingetreten. Gleich bei meiner Priesterweihe wurde ich zu Hermann-Josef Weidinger „dazugespannt“. Sein Wunsch war es, dass ich mitarbeite und seine Nachfolge übernehme. Ich selbst war eine Zeitlang nach seinem Tod zögerlich. Erst durch die Anfrage eines renommierten Verlages, ein Buch zu schreiben, habe ich „Ja“ gesagt zum Titel Kräuterpfarrer. Der Titel wurde auch belächelt oder unter Anführungszeichen gesetzt. Das tue ich bewusst nicht. Ich bin schon der dritte Geistliche in dieser Tradition. Das Schöne ist, dass dieser Dienst immer mehr seine Bestätigung findet. Denken Sie an die Enzyklika Laudato Si unseres Papstes Franziskus.

Ihr jüngstes Buch heißt „Für Leib und Seele“. Was sagen uns die Pflanzen für die Seelsorge?
Felsinger: Wir Menschen kommen mit unserem Leben oft nur sehr schwer zurecht. Es liegt ein großer Erwartungsdruck auf uns. Uns wird immer wieder weisgemacht: Du musst es alleine schaffen. Das ist eine Sackgasse, ein Irrweg. Ein Mensch ist ein soziales Wesen, er kann nicht isoliert sein Leben gestalten und so sein Glück finden. Man muss sein Leben teilen und braucht jemanden, der einem hilft, zu leben. Die Pflanzen helfen, das Leben zu interpretieren und zur jeweiligen Lebenssituation „Ja“ zu sagen. Egal, ob es nun eine glückliche oder eine schmerzliche, eine kreuzvolle Lebenssituation ist: Genau dort muss dieses Ja gesprochen werden, um diese Situation wenden oder annehmen zu können. Da brauchen wir jemanden, der einfach da ist und nicht davonläuft. Und die Pflanzen sind im Nicht-Davonlaufen die besten.

Wie kann man sich den Rat der Pflanzen vorstellen?
Felsinger: Wir dürfen uns sehr eng verbunden fühlen mit den Pflanzen. Wir können uns unsere Schicksalsschläge nicht aussuchen. Die Pflanze ist auch auf den Standort angewiesen, wohin der Same fällt. Sie zeigt, dass es möglich ist, aus jeder Situation etwas zu machen. Wo immer ich hingesetzt werde, kann ich etwas Positives machen. Das ist eine ganz wichtige Botschaft. Vor allem bei Kräuterseminaren erfahre ich immer wieder, dass in der Betrachtung der Pflanzen etwas aufbricht, da bin ich gefragt als Seelsorger.

Wie kann eine Therapie aussehen?
Felsinger: Mir ist wichtig, eine Beziehung zur Pflanze herzustellen und diese zu pflegen. Wenn ich hinausgehe, um zu schauen, ob das eine oder andere Kraut schon blüht, muss ich mir Zeit nehmen. Es ist schon eine Therapie, einen Garten zu betreiben, dort Pflanzen zu setzen und für sie Verantwortung zu übernehmen. Dort werde ich geerdet, weil ich in die Erde greifen muss. Das hat einen ableitenden Effekt. Ich kann so meine Spannungen ableiten. Das ist Therapie. Ich würde aber nicht in der Erde wühlen, wenn die Pflanze das nicht bräuchte. So hilft die Pflanze, eine Ableitung herzustellen. Das ist ganz einfach – aber die Lösung liegt eben oft im Einfachen.

Heute wird viel von Schöpfungsverantwortung gesprochen. Wie sehen Sie als Kräuterpfarrer den Umgang mit der Natur?
Felsinger: Ehrlich gesagt tue ich mir mit diesem Begriff schwer. Ich würde das Wort lieber kürzen: Um der Schöpfung gerecht zu werden, sollten wir eine Schöpfungs-Antwort geben. Die Schöpfung fragt mich ständig an. Sie zeigt auch, wie es eigentlich gehen würde. Sie ist eine Form des brennenden Dornbusches. Gott sagt: Ich bin da! Und wo bist du, was machst du damit, Mensch? Das ist die Anfrage an mich. Die Schöpfung ist ein Ausdruck der Sympathie Gottes. Und welche Antwort geben wir? Wenn ich der Schöpfung gerecht werden möchte, dann brauche ich ihr nur die richtige Antwort geben: Ich bin für dich da, ich werde dich nicht ausbeuten und nehme Rücksicht. Würde der Mensch diese Antwort geben, würde sich rasch vieles zum Besseren wenden.

Sie präsentieren in Ihren Büchern Kräuter. Ist wirklich für jedes Leiden ein Kraut gewachsen?
Felsinger: Ich mag diesen Spruch nicht. Auch der Spruch „Hauptsache gesund“ gefällt mir nicht. Es geht nicht um die Gesundheit, sondern um das Heil des Menschen. Das umfasst viel mehr, nämlich das Ganze im Menschen. Es gibt unheilbar kranke Menschen, die aber in diesem Sinne heil sind. Ich wünsche allen Menschen Gesundheit, aber die Hauptsache ist das Heil, das Ganze. Das zeigen uns oft Menschen, die keine hohe Lebenserwartung mehr haben. Da wird das Leben dicht – und da wird es heil. Das hat uns Gott in Jesus Christus gegeben: In seiner äußersten Ohnmacht hat er uns das Heil gebracht.