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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Hoffnung, Kraft und Mut aus der Musik schöpfen

Die bekannte Musikerin und Chorleiterin über ungeplante Mutproben, dramatische Weihnachtslieder und liebgewonnene Traditionen

Fotos: Hubert Dohr, Schnabl-Kuglitsch. Montage: Haab

Musik liegt Ihnen im Blut, Sie sind mit Gesang aufgewachsen?
Schnabl-Kuglitsch: Mein Vater war ein großer Volksliedsänger, und wir hatten zu Hause ein Gasthaus. Da wurde oft gesungen, und ich musste beim mehrstimmigen Singen schon sehr früh einspringen, wenn eine Stimme gefehlt hat. So bin ich da hineingewachsen. Anscheinend habe ich auch die Stimme „halten“ können: Als der Kirchenchor von Thörl-Maglern bei uns im Gasthaus war, musste ich etwas singen, und sie haben dazu gesummt. Danach drückten sie mir einen Hut in die Hand und sagten: „Jetzt gehst du absammeln.“ Das war eine lustige Bestärkung, und von da an habe ich gewusst: Mit Singen kann man Geld verdienen.

Wie sind Advent und Musik für Sie miteinander verbunden?
Schnabl-Kuglitsch: Ich habe mit 15 Jahren in meiner Heimat Hohenthurn den ersten Chor geleitet, dann auch in Techelsberg. Da war es Tradition, dass man im Advent und zu Weihnachten Konzerte gestaltete oder eine Messe. Später habe ich den Grenzlandchor Arnoldstein geleitet, und da war das Adventkonzert jedes Jahr ein besonderes Highlight für mich.

Hatte das einen besonderen Grund?
Schnabl-Kuglitsch: Ich habe den Chor im Februar 1992 übernommen. Und gerade da kam zum ersten Mal die Anfrage aus Wien, im Dezember ein Adventkonzert im Konzerthaus zu gestalten. Ich war damals 22 Jahre alt und habe noch studiert. Na Mahlzeit, habe ich mir gedacht. Von da ab haben wir uns auf dieses Konzert vorbereitet. Im September kam dann die Meldung: „Der Kartenverkauf geht so gut, das Konzert wird von einem der kleinen Säle in den großen Saal verlegt!“ Das war natürlich eine große Sache. Ich kannte diesen Saal nur von klassischen Konzerten mit namhaften Dirigent:innen. Meiner Gesangsprofessorin habe ich nicht einmal verraten, dass ich den Grenzlandchor übernommen hatte, da sie sich immer so lustig gemacht hat über die Kärntner:innen und die Art, wie sie die Kärntnerlieder interpretieren.

Das Konzert wurde aber zu einem großen Erfolg?
Schnabl-Kuglitsch: Ja! Es war natürlich für alle sehr aufregend. Wir hatten aber gut geplant, hatten auch eine Stubenmusik und Weisenbläser dabei. Dann kam der Auftritt. Ich wollte gleich hinter dem Chor hinausgehen, wie das üblich ist. Aber als ich gehen wollte, hielt mich der Einweiser fest: Noch nicht! Langer Applaus für den Chor ... Stille ... dann erst kam, begleitet von extra starkem Applaus, mein Auftritt: hinauf auf das Podest und Verbeugung ... Ich glaubte, mein Herz würde zerspringen, als ich den vollen Saal mit fast 2.000 Menschen sah. Als ich mich zu den Chorsänger:innen umdrehte, dachten diese „Jetzt klappt sie zusammen!“, weil ich ganz weiß im Gesicht war. Aber dann stimmten wir das erste Lied an: „Ach mein Seel, fang an zu singen“. Das hat so geklungen, da war so eine einzigartige Akustik, man kann sich das gar nicht vorstellen. Wir waren wie selig, ich habe es so genossen ... und dabei das Publikum ganz vergessen. Dieses Konzert war wie eine Mutprobe für mich, danach war ich nie mehr so nervös. Ab dem folgenden Jahr fanden die jährlich stattfindenden Konzerte dann immer im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins statt.

Wie geht der Text des angesprochenen Liedes weiter?
Schnabl-Kuglitsch: „Ach mein Seel, fang an zu singen, sing, so viel dir möglich ist. Lass dein Stimm‘ vor Freuden klingen, weil die Zeit ganz trostreich ist. Das, was wir schon lang erhofften, machet uns vor Freuden voll, weil jetzt uns der Himmel offen und Messias kommen soll.“ Und weiter: „Dieser Trost der ganzen Erde und des Himmels ganze Freud wird uns bald geboren werden, habt Geduld in dieser Zeit. Und wir werden hören singen fromme Hirten auf dem Feld, die uns gute Zeitung bringen vom Erlöser dieser Welt.“ Ein alpenländisches Volkslied, sehr beschwingt, von Günther Antesberger gesetzt.

Das beschreibt, dass den Glaubenden schon im begrenzten Jetzt eine Hoffnung zukommt, die tröstlich ist und Erlösung „aus dieser Zeit“ bringen wird?
Schnabl-Kuglitsch: Die meisten Advent- und Weihnachtslieder beinhalten diese Hoffnung, und es tut auch gut, in einer Zeit, die nicht nur rosig ist, daraus Kraft und Mut zu schöpfen. Es gibt aber auch die andere Seite. In einem meiner Lieblingslieder ist die Dramatik gegeben: „I sig di in da Krippn då liegn auf´n Stroh, deine Äuglan seind trotzdem so zufriedn und froh. Hiatz bist also kemman zu uns auf die Erd‘, willst uns bringan den Frieden, mir sammas nit wert. Liabs Kindle, w´rum kannst du nit bleibn so klan, dås Dunkle stellt schon auf dei Kreuz auf´n Ran.“ Der Text stammt von Arthur Ottowitz, und Wolfgang Wulz hat diese starken Worte kongenial in g-Moll vertont. Es scheint, als wäre die weihnachtliche Harmonie und der Friede nur von kurzer Dauer, denn bei aller Eintracht sitzen schon der Neid, die Zwietracht, die Eifersucht, der Zweifel usw. im Nacken, weil der Mensch unverbesserlich ist und darauf vergisst, dass eigentlich die Liebe an oberster Stelle im Leben stehen sollte.

Wie haben Sie als Kind den Advent erlebt?
Schnabl-Kuglitsch: Als Kind und als Jugendliche habe ich in der Kirche in meinem Heimatort Hohenthurn das Harmonium gespielt. Als nämlich der Mesner erfahren hat, dass ich Klavier lerne, hat er mich überredet, die Messen mit ihm musikalisch zu gestalten. Anfänglich habe ich die Melodien nur mit einer Hand gespielt, dann kam eine zweite Stimme hinzu, und irgendwann schaffte ich es, vierstimmig zu spielen. Ich habe bis zum 18. Lebensjahr jeden Sonntag die Messe instrumental umrahmt. Zu Hause gab es weniger Gelegenheiten, private Traditionen zu pflegen, da wir ein Gasthaus hatten. Entweder feierten wir im Beisein von Urlaubsgästen oder von Stammgästen und Dorfbewohnern, die kein heimeliges Zuhause hatten. Es hat mir schon leidgetan, dass wir wenig Privatsphäre hatten, keine Ausflüge oder Urlaube gemacht haben, aber wir Kinder haben dadurch auch viel gelernt. Nämlich, die Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind, und Verständnis aufzubringen für jene, die nicht auf der Butterseite des Lebens dahinschwimmen und es aufgrund ihrer psychischen Verfassung nicht schaffen, jeden Tag zur Arbeit zu gehen.

Wie gestalten Sie selbst die Adventzeit?
Schnabl-Kuglitsch: Als unsere beiden Kinder noch klein waren, haben wir Wert darauf gelegt, den Advent bewusst zu erleben, mit Adventkranz, Nikolausbesuch, gemeinsamem Singen und Musizieren. Das war uns sehr wichtig, da hatten wir auch immer ein sehr schönes Miteinander. Als die Kinder dann ihr Elternhaus verlassen haben, um ihre Ausbildung zu machen, hab ich mir von ihnen erbeten: „Wo immer ihr hingeht, zu Weihnachten wünsche ich mir, dass ihr nachhause kommt.“ Bis jetzt hat dies stets gut geklappt, und ich freue mich auch heuer schon sehr auf unsere gemeinsame Familienzeit! Aus einer freundschaftlichen Verbindung mit den Ebenfelder Kirchensängern spiele ich dort im Dezember zu Luzia, am Heiligabend und am Stefani-Tag seit 20 Jahren die Orgel. Advent ohne Familie, Musik und Gesang ist für mich unvorstellbar!

Interview: Georg Haab

Zur Person: Mag. Petra Schnabl-Kuglitsch, geb. 1970 in Villach, gründete mit 15 Jahren als Österreichs jüngste Chorleiterin die Singgemeinschaft Hohenthurn. Studium an der Musikuniversität Wien, maßgebliche Mitarbeit am Aufbau der Kinder- und Jugendstimmbildung in den Kärntner Musikschulen. 1992–2006 leitete sie den von Gretl Komposch 1947 gegründeten Grenzlandchor Arnoldstein. Heute ist sie vor allem als Referentin in der Erwachsenenbildung tätig und singt in ihrem Quartett MundART mit Vorliebe Volkslieder in deutscher und slowenischer Sprache.

Konzerttipp: Adventkonzert mit Petra Schnabl-Kuglitsch und ihrem Quartett MundART: 17. Dezember,16.00 Uhr, Stadtpfarrkirche Spittal/Drau.