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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Aus dem Glauben heraus Konflikte lösen

Michael Kapeller über die zusammen mit Klaus Einspieler verfasste Broschüre "Knoten lösen"

Michael Kapeller und Klaus Einspieler mit der Broschüre “Knoten lösen“ (Foto: G. Haab / Sonntag)
Michael Kapeller und Klaus Einspieler mit der Broschüre "Knoten lösen" (Foto: G. Haab / Sonntag)

Wie ist die Idee zu Ihrer Broschüre „Knoten lösen“ entstanden?
Kapeller: Der Ansatzpunkt waren die Konflikte um die Amtszeit von Bischof Dr. Alois Schwarz. Klaus Einspieler und mich hat die Frage beschäftigt, worin sich dieser Konflikt von einem Konflikt zum Beispiel in einem Wirtschaftsbetrieb oder in einer politischen Partei unterscheidet.

Und: Haben Sie Unterschiede gefunden?
Kapeller: Wir haben – von außen betrachtet – nichts wahrnehmen können. Da haben wir uns die Frage gestellt: Was wäre anders verlaufen, hätte man auf allen Seiten von Beginn an die Ereignisse und deren sachliche Klärung als geistlichen Prozess verstanden? Wir haben begonnen, uns mit biblischen Texten zum Thema zu beschäftigen und haben bemerkt: In der Bibel steckt so etwas wie eine Haltung, mit persönlichen, familiären und beruflichen Konflikten umzugehen. Daraus hat sich ein Weg mit sieben Schritten ergeben. Und noch etwas: In diesen Phasen des Umgehens mit eigener Schuld und mit Verletzungen hat der Heilige Geist als Kraft Gottes ganz entscheidende Bedeutung; er ist die heilende, erneuernde Kraft. Von daher der Untertitel: In der Kraft des Heiligen Geistes Versöhnung und Neubeginn wagen.

Der Titel „Knoten lösen“ steht für das Aufarbeiten von Konflikten ...
Kapeller: Eines der inneren Bilder, die wir beim Entwickeln dieses Weges hatten: Konflikte und der Umgang damit gleichen oft Knäueln von verschiedenen Schnüren. Also etwas, was Unordnung, Chaos, Unsicherheit bedeutet. Als Menschen können wir gar nicht anders, als uns in Beziehungen zu verständigen. Was bedeutet nun, wenn sich in einer Beziehung ein Knoten bildet? Das ist dann etwas, was meinen Lebensfluss beeinträchtigt oder trübt. Wichtig ist, diese Knoten wahrzunehmen und mit ihnen aufmerksam umzugehen. Das ist die Voraussetzung, um Konflikte zu bearbeiten.

Welche Bedeutung hat die Weiterführung „Beziehung knüpfen“?
Kapeller: Durch die Begegnungen, die wir machen, kommt es zu positiven Erfahrungen von Beziehung und Freundschaft. Die Kunst besteht nun darin, einander so zu begegnen, dass dadurch beide Seiten gestärkt werden und wachsen können. Realität ist aber, dass in jeder Beziehung die Gefahr steckt, einander nicht gerecht zu werden, einander nicht zu verstehen, so dass ein Knoten hineinkommt. Paradoxerweise ist es oft so, wenn ein solcher Konfliktknoten sich löst, dass sich dafür ein neues Beziehungsmuster knüpft.

Warum soll ich mich nach einem Konflikt überhaupt mit dem anderen beschäftigen – besonders, wenn mir Unrecht widerfahren ist?
Kapeller: Für uns war ganz wichtig, auf der Grundlage des Buches Genesis, mit einem Vorzeichen in das Thema einzusteigen. Wie in der Musik das Vorzeichen die weitere Melodie bestimmt oder in der Mathematik die weitere Rechnung. Wenn wir an das Leben herangehen und an all das, was Beziehung im Positiven und Belastenden ausmacht, ist das Vorzeichen, dass wir als Geschöpfe Gottes mit einer unantastbaren Würde ausgestattet sind. Dieses Ja, das Gott in der Schöpfung zum ersten Menschen sagt, ist die Grundmelodie, die mitgeht.
Das trifft für alle zu, die an einem Konflikt beteiligt sind: Derjenige, mit dem ich mir gerade schwer tue, weil ich mich ungerecht behandelt fühle, diese Person ist genauso von Gott geliebt wie ich selbst. Wenn ich dieses Vorzeichen vor mein Leben und das meines Gegenübers stelle, prägt es das weitere Vorgehen. Das ermöglicht mir erst wahrzunehmen, was die heilenden Momente von Beziehung sind, und wo die Punkte sind, bei denen es schwierig wird, weil ich nämlich andere verletze und selbst verletzt werde. Das ist das Knäuel mit den vielen Fäden, und ich kann dann erkennen, welche Fäden zum Leben führen und welche mich negativ binden.

Wie kann ich konkret den Weg der Versöhnung beginnen?
Kapeller: Da brauche ich eine Perspektive, und die Bibel bietet uns eine, nämlich das Vertrauen, dass Gott es mit den Menschen gut meint. Dadurch schärfen wir den Blick auf unser Leben und unsere Situation von Gott her. Das ermöglicht, Knoten lokalisieren, die eigenen negativen Punkte zu erkennen und umzukehren. Aus dieser Bereitschaft oder dem inneren Bedürfnis, wieder auf einen heilsameren Weg zurückzukehren, kann ich auch aktiv sein und um Vergebung bitten.

Ist es immer möglich, bis zur Vergebung zu kommen?
Kapeller: Es gibt auch Situationen, in denen ich wahrnehme: Mir ist Unrecht geschehen, und mein Gegenüber ist nicht bereit oder nicht imstande einzugestehen, was Negatives passiert ist. Das ist oft belastend und bedrückend. Manchmal hilft es, wenn Menschen da sind, die verstehen, mit mir mitfühlen und das Unrecht, das verübt wurde, anerkennen. Diese Knoten lassen sich aber nur sehr schwer lösen.

Wie ist trotzdem ein Neubeginn möglich?
Kapeller: Bis zum Schritt des Vergebens kann ich selbst aktiv werden. Darüber hinaus gibt es einen Schritt, den wir mit Versöhnen umschrieben haben. Dass Versöhnung sich ereignet, dazu braucht es das Gegenüber. Es braucht den Anderen, der die Bitte um Vergebung annimmt und bereit ist, tastend den Weg eines neuen versöhnten Miteinanders zu wagen. Beeindruckend ist dazu die Bibelstelle mit Jakob und Esau, ihr Bruderkonflikt, mit welchem Zittern und Zagen Jakob auf Esau zugeht und wie sie als versöhnte Brüder sich wieder neu begegnen. Versöhnung ist ein Geschenk, und es lohnt sich, dafür offen zu sein. Denn ich bin überzeugt: Wer versöhnt lebt, hat mehr vom Leben.

Interview: Georg Haab

Coverfoto: KH Kronawetter
Coverfoto: KH Kronawetter

Die Autoren:

Michael Kapeller, geb. 1971, leitet das Institut für kirchliche Ämter und Dienste
Klaus Einspieler, geb. 1970 leitet das Referat für Liturgie und Bibel der Diözese Gurk.

Die Broschüre:

Michael Kapeller, Klaus Einspieler:
Knoten lösen. Beziehung knüpfen. In der Kraft des Heiligen
Geistes Versöhnung und
Neubeginn wagen, 48 Seiten, Farbdruck, 7,- €.
Erhältlich beim Behelfsdienst des Diözesanhauses und im WebShop der Diözese Gurk (bitte hier klicken)