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Seelsorgeamtsdirektorin Hennersperger übt Kritik an “gläserner Decke” in der Kirche

Frauenfrage nicht nur gesellschaftlich, sondern auch für Kirche längst zum "Zeichen der Zeit" geworden

Bukarest, 22.11.2019 (KAP) - Die "gläserne Decke" existiert nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Kirche, wo Frauen wegen ihres Geschlechts weder an Weihe, noch an klerikalen Strukturen teilhaben können; auch in kirchlichen Leitungspositionen kommen sie wenig vor. Darauf verwies Anna Hennersperger, Direktorin des Seelsorgeamtes der Diözese Gurk-Klagenfurt, als Festrednerin in Cluj-Napoca (Rumänien). Anlass war die Verleihung des Ehrendoktorats an den Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner durch die römisch-katholisch-theologische Fakultät der Babe-Bolyai Universität (UBB) am Donnerstag. Im Zuge dessen veranstaltete die UBB mit der Universität Wien ein Symposium über "die Zukunft der Kirche und ihre Praxis in Ost(Mittel)Europa", bei dem u.a. Pastoraltheologen aus Österreich, Polen, Ungarn etc. sprachen.

Dr.<sup>in </sup>Anna Hennersperger leitet das Bischöfliche Seelsorgeamt in Klagenfurt (Archivfoto: KH Kronawetter)
Dr.in Anna Hennersperger leitet das Bischöfliche Seelsorgeamt in Klagenfurt (Archivfoto: KH Kronawetter)


Aktuell gebe es in Österreich und Deutschland zwar einige Schulamtsdirektorinnen, die Mehrheit der Frauen in kirchlichen Leitungspositionen sei auf Seelsorge und Pastoral beschränkt. Die Finanzkammern und "damit die Entscheidungen über den Einsatz der Mittel sind ganz klar in der Hand von Männern", attestierte Hennersperger. Die Karriere-Grenzen führte die Theologin aber auch auf "klerikale Bünde" und den fehlenden Mut der Frauen zurück.

Die Frauenfrage sei nicht nur gesellschaftlich, sondern auch für die Kirche längst zu einem "Zeichen der Zeit" geworden. Dringend benötigt seien "mutige Schritte" und "Grenzerweiterungen", forderte die Theologin, ansonsten laufe die Kirche Gefahr, dass "sich die engagierten Frauen langsam aber sicher endgültig verabschieden und sich anderweitig um Betätigungsfelder umsehen". Die Zeit dränge, da das ehemals "heiße Thema" Frauenordination inzwischen "längst zum kalten Konflikt mutiert" sei.

Die gläserne Decke sei in der Kirche "strukturell vorgegeben. Sie ist immer noch divinisiert und damit als unveränderlich bezeichnet". Die Seelsorgeamtleiterin bezog sich in ihrer These auch auf die Entscheidungen der beiden Päpste Paul VI. (1897-1978) und Papst Johannes Paul II. (1920-2005), die dem Nein zur Priesterweihe von Frauen durch eine Erklärung der Glaubenskongregation und einem Apostolischen Schreiben noch Nachdruck verliehen. Aber so Hennersperger: "Das lehramtlich immer wieder vermittelte Frauenbild entspricht nicht mehr der Wirklichkeit".

Als Lösung des Problems schlug Hennersperger eine Orientierung am Leitsatz des Kirchenvaters Vinzenz von Lerins vor, dass das, "was überall, immer, von allen geglaubt worden ist", wirklich katholisch sei. Denn: Es seien längst nicht alle so überzeugt vom päpstlichen "Nein" zur Frauenordination, zeigte sich die Theologin überzeugt. Als Beispiele zitierte sie den deutschen Bischof Franz-Josef Overbeck, der in einem Interview im Oktober 2019 meinte, dass er den vom Lehramt als "definitiv" verteidigte Ausschluss von Frauen vom Weiheamt hinterfrage. Dahinter stehe laut dem Bischof von Essen auch die Frage, ob der Zugang zum Priesteramt von einem "Y-Chromosom" abhängig gemacht werden könne.

Positiv wertete Hennersperger das Abschlusspapier der Amazonien-Synode, das die vielfältigen Rollen der Frauen in der amazonischen Kirche würdigte. Auch wenn die "Tür" zur Priesterweihe geschlossen sei, wie die Theologin eine Aussage des Papstes aus dem Jahr 2013 zitierte, könnten sich Grenzen noch immer weiten. "Morgenrot" sei in Sicht, meinte Hennersperger.

An dem ihm zu Ehren gemeinsam von den der Universitäten Wien und Cluj veranstalteten Symposium unter dem Titel "Papst Franziskus und die Pastoraltheologie in Ost(Mittel)Europa. Bestandsaufnahme und Entwicklungsmöglichkeiten 30 Jahre nach der Wende." sprachen u.a. Schüler, Fachkollegen und Weggefährten des emeritierten Professors. Die Festvorträge wurden u.a. von dem ungarischen Theologen Andras Mate-Toth, seinen Nachfolger am Wiener Institut für Pastoraltheologie, Johann Pock und Regina Polak sowie der in Erfurt lehrenden Maria Widl gehalten. Vorträge zu Themen wie Futurologie, Frauen in der Kirche und 30 Jahre Wende standen auf dem Programm. Die gesammelten Beiträge sollen in einem Tagungsband erscheinen, wie die Organisatoren bereits ankündigten.