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Jesuitenzeitschriften führten Interview mit Papst Franziskus

Papst Franziskus (© Foto: Wikipedia Commons)
Papst Franziskus (© Foto: Wikipedia Commons)

(Kathpress) - Radio Vatikan und Jesuitenzeitschriften in vielen Sprachen - darunter "Stimmen der Zeit" (München) - haben am 19. September zeitgleich ein 29 Seiten langes, in sechs Stunden aufgenommenes Interview von Papst Franziskus veröffentlicht, in dem er sich erstaunlich offen auch zu den "heißen Eisen" in der Kirche äußert. Das Papst-Interview führte der Chefredakteur der italienischen Zeitschrift des Ordens "Civilta Cattolica", P. Antonio Spadaro SJ. Franziskus gehört selbst den Jesuiten an.
 
"Wir können uns nicht nur mit der Frage um die Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit den Verhütungsmethoden: Das geht nicht. Ich habe nicht viel über diese Sachen gesprochen. Das wurde mir vorgeworfen. Aber wenn man davon spricht, muss man den Kontext beachten. Man kennt ja übrigens die Ansichten der Kirche, und ich bin ein Sohn der Kirche. Aber man muss nicht endlos davon sprechen", sagt der Papst in dem Interview.
 
Er spricht sich auch gegen eine moralische Verurteilung von Homosexuellen in der katholischen Kirche aus. In seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires habe er Briefe von Homosexuellen bekommen, die sich von der Kirche verurteilt gefühlt hätten. Es dürfe keine "spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben", so Franziskus. Die Religion habe zwar das Recht, "die eigene Überzeugung im Dienst am Menschen auszudrücken", Gott habe die Menschen in der Schöpfung jedoch "frei" gemacht. Zugleich bekräftigt der Papst seine Treue zur Morallehre der katholischen Kirche.
 
Die Kirche müsse sich jedoch wieder auf das Wesentliche konzentrieren; dies sei die Glaubensverkündigung. Diese müsse in ein "neues Gleichgewicht" mit den Äußerungen zu moralischen Fragen gebracht werden. Andernfalls falle auch "das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen".
 
Franziskus weist zudem darauf hin, dass er mit seiner Äußerung zur Homosexualität während des Rückflugs vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro Ende Juli lediglich bekräftigt habe, was im Weltkatechismus stehe. Damals hatte Franziskus mit der Aussage Aufsehen hervorgerufen, dass er eine homosexuelle Person, die guten Willens sei und Gott suche, nicht verurteilen könne.
 
Er sei einmal gefragt worden, ob er Homosexualität billige, berichtet er dem Interview weiter. Daraufhin habe er sein Gegenüber gefragt, ob Gott eine homosexuelle Person mit Liebe anschaue oder sie verurteile oder zurückweise. Franziskus hebt hervor, dass im Mittelpunkt stets die Person stehen müsse.
 
Vatikanische Behörden keine "Zensurstellen"
 
Franziskus spricht sich in dem Interview auch für eine stärkere Stellung der Bischofskonferenzen gegenüber dem Vatikan aus. Es sei "eindrucksvoll", die Anklagen wegen Mängeln an Rechtgläubigkeit, die in Rom einträfen, zu sehen. Kurienbehörden dürften jedoch keine "Zensurstellen" sein. Solche Fälle würden "besser an Ort und Stelle" von den jeweiligen Bischofskonferenzen untersucht. Die vatikanischen Stellen seien "Einrichtungen des Dienstes" und nicht "autonom", hebt Franziskus hervor. Sie müssten als Vermittler auftreten und den Ortskirchen oder den Bischofskonferenzen helfen.
 
Die Mitspracherechte für Frauen in der katholischen Kirche sollen nach Meinung des Papstes ebenfalls ausgeweitet werden. "Die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche müssen weiter werden", sagt er. Die katholische Kirche stehe heute vor der Herausforderung, über den "spezifischen Platz der Frau" nachzudenken. Das gelte "gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird".
 
Der Papst deutete an, dass eine größere Rolle von Frauen nicht automatisch einen Zugang zu Weiheämtern bedeute. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass Frauen eine andere Persönlichkeitsstruktur hätten als Männer. Wörtlich warnte er vor einer "Männlichkeit im Rock". Die Gottesmutter Maria etwa sei zwar wichtiger als einzelne Bischöfe, erläuterte Franziskus. Man dürfe aber nicht Funktion und amtliche Würden verwechseln. Der Papst rief abermals dazu auf, eine "gründliche Theologie der Frau" zu erarbeiten, um die Funktion der Frau innerhalb der katholischen Kirche weiter zu klären.
 
"War autoritär, aber nie einer von den 'Rechten'"
 
Nach eigenen Worten habe er nie zum rechten Flügel innerhalb der katholischen Kirche gezählt, so der Papst. Seine "autoritäre und schnelle Art", Entscheidungen zu treffen, habe ihm während seiner Zeit als Ordensoberer der Jesuiten in Argentinien zwar "ernste Probleme und die Beschuldigung eingebracht, ultrakonservativ zu sein", sagt Franziskus im Interview. Doch auch wenn er sicher nicht die "heilige Imelda" gewesen sei, sei er "nie einer von den 'Rechten' gewesen.
 
Der Papst bekennt, dass sein Führungsstil anfangs viel Mängel gehabt habe. Ihn mit nur 36 Jahren an die Spitze seines Ordens in Argentinien zu berufen, bezeichnet er als "Verrücktheit". Er habe in dieser Zeit eine "große innere Krise" durchgemacht. Der heutige Papst leitete von 1973 bis 1980 die argentinische Ordensprovinz der Jesuiten.

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