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Internetredaktion der Diözese Gurk

Fasten bei uns Christen und in den Weltreligionen

von Hochschulseelsorger Pfarrer Hans-Peter Premur

Wer jemals einen muslimischen Gläubigen in der Zeit des Ramadans erlebt hat, kann sich als Christ dabei einiges zum Vorbild nehmen. Es ist die große Ernsthaftigkeit, die aus dem islamischen Fastengebot entspringt, dem weltweit nicht nur Strenggläubige, sondern auch viele säkularisierte Muslime folgen. In diesem Zeitraum in ein kulturell islamisch geprägtes Land auf Urlaub zu fahren, ist für Konsumjunkies eher nicht ratsam. Was bei uns hierzulande kaum (mehr) vorstellbar ist, gilt in diesen Ländern und Gesellschaften als kollektives und alternativloses Programm für alle. Heuer fällt der Beginn des Ramadans auf den 10. März.

In der Tradition des Propheten Mohammed wird das Fasten mit einer Dattel gebrochen. (Foto von Abdullah Arif auf Unsplash)
In der Tradition des Propheten Mohammed wird das Fasten mit einer Dattel gebrochen. (Foto von Abdullah Arif auf Unsplash)

In der orthodoxen Christenheit können wir ebenso das strengere gemeinschaftliche Befolgen der Fastengebote beobachten. Dort, vor allem in Griechenland und in Rumänien oder Bulgarien, wird an dem Verzicht auf Fleisch, Milchprodukten und Fisch heute noch aus religiösen Gründen festgehalten. Auch das kann zu Überraschungen bei Reisen führen.

Wiederentdeckung des Fastens

Was aber ist geschehen, dass im sogenannten Westen das Fasten für lange Zeit von der kollektiven Bildfläche verschwunden ist? Dass man nicht einmal mehr in kirchlichen Welten den Konsumverzicht ernst genommen und vor allem das Fleischessen scheinbar zur Pflicht erhoben hat? Vielleicht weil das Fasten unmodern geworden ist, weil die Verweltlichung Oberhand bekommen hat? Weil der Konsum zur Garantie des Wohlstands geworden ist und alle möglichen Lobbyisten und Lobbyistinnen gegen eine bremsende Kirche agitieren? … Doch diese weichlichen Zeiten sind nun scheinbar eh vorbei. Das Fasten wurde säkularisiert und von der allgemeinen Gesundheitsbewegung wiederentdeckt. Energetiker, Gesundheitsberater, Esoteriker und auch viele seriöse Gruppierungen haben das Fasten von jeglichem muffigen Staub befreit und es zu einem Geschäftsmodell weiterentwickelt, das nicht nur dem kapitalistischen Marktprinzipien folgt. Damit wird das moderne Fasten heute eine Möglichkeit, um vieles in der eigenen Kultur und im eigenen Leben wieder im neuen Licht zu sehen. Wir von der Kirche tun gut daran, diese nun doch allgemein und stark gewordene Fasten-Bewegung als einen Aufruf an uns und unsere Verkündigung zu sehen. Denn Fasten ist mehr als eine Kur zu machen oder ein paar Kilos für eine Challenge loszuwerden.

Körperliche Buße, Werke der Nächstenliebe und spirituelle Sehnsucht

„Wer fastet, verbindet sein Ich mit dem Wir“ schreibt unser Bischof Josef in seinem diesjährigen Fastenhirtenbrief. Das finde ich wirklich gut. Denn die Gefahr auf einen Egotrip zu geraten und dabei die Augen vor der Not der Welt zu verschließen, ist durchaus gegeben. Wer stolz ist darauf, dass er oder sie fastet, der geht in die falsche Richtung. Ob Muslim, bei denen die Leistung beim Fasten hochgeschrieben wird, ob westlich-indischer Yogi, der mit vielen Techniken an sich arbeitet oder als Katholik, der oder die sich mit der Fastenzeit beweist, kein Alkoholiker zu sein – Fasten ist in keiner Religion dazu da, aus uns Übermenschen zu machen. Das Ziel bleibt immer auch die soziale und die spirituelle Dimension. Ich würde die Dreiheit des Fastens, wie es eine liturgische Präfation aus dem Messbuch dieser Zeit sagt, für alle Religionen als gemeinsamen Nenner sehen: körperliche Buße in Verbindung mit Werken der Nächstenliebe und spiritueller Sehnsucht.

Hans-Peter Premur (Foto: Diözesan-Pressestelle/Eggenberger)
Hans-Peter Premur (Foto: Diözesan-Pressestelle/Eggenberger)

Hans-Peter Premur ist Pfarrer in Krumpendorf und Hochschulseelsorger an der Universität Klagenfurt. Er ist zudem Bischofsvikar für Schöpfungsverantwortung, Interreligiösen Dialog und Migration