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Internetredaktion der Diözese Gurk

Das Magnificat: Eine Blütenlese im Garten der Bibel

Psalm des Monats Mai

Das Magnificat aus einem Stundenbuch des frühen 15. Jahrhunderts. Es ist die Antwort Mariens auf den Gruß ihrer Verwandten Elisabet. Beide Frauen deuten ihr Leben auf dem Hintergrund der Heiligen Schrift, in der sie gemeinsam lesen. (Foto: gemeinfrei Wikicommos)
Das Magnificat aus einem Stundenbuch des frühen 15. Jahrhunderts. Es ist die Antwort Mariens auf den Gruß ihrer Verwandten Elisabet. Beide Frauen deuten ihr Leben auf dem Hintergrund der Heiligen Schrift, in der sie gemeinsam lesen. (Foto: Folio 59v - Page 59 with a miniature of The Visitation in Les Très Riches Heures du duc de Berry. - Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Lobgesang Mariens wird zwar im Rahmen der Kindheitsgeschichte Jesu im Lukasevangelium überliefert, ist der Form nach jedoch den Lobpsalmen sehr ähnlich. Daher ist er im Mai, einer Zeit intensiver Marienfrömmigkeit, der Psalm des Monats. Im Licht des biblischen Osterglaubens singt Maria von Gott, ihrem Retter, der Erniedrigte erhöht und dem Treiben der Gewalttäter ein Ende setzt. Das dürfen wir auch heute von ihm erhoffen.

In diesem Sinne lädt Bischof Dr. Josef Marketz alle Gläubigen ein, im Mai täglich ein Magnificat für den Frieden zu beten. Hier finden Sie den Gebetsaufruf des Bischofs (DT / SLO), anschließend den Text des Psalms in deutscher und slowenischer Sprache und eine kurze Auslegung. Zudem erwarten Sie eine detaillierte Auslegung als Videovortrag und Audioaufnahmen zum Anhören oder Mitsingen.

GEBETSAUFRUF von Bischof Marketz

DER TEXT

Der Lobgesang Mariens – das Magnificat

Meine Seele preist die Größe des Herrn, *
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. *
Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan *
und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht *
über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: *
Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
er stürzt die Mächtigen vom Thron *
und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben *
und lässt die Reichen leer ausgehn.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an *
und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat, *
Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.


Marijin slavospev – Magnifikat

Moja duša poveličuje Gospoda, *
moje srce se raduje v Bogu, mojem zveličarju.
Ozrl se je na nizkost svoje dekle, *
glej, odslej me bodo blagrovali vsi rodovi.
Velike reči mi je storil Vsemogočni, *
njegovo ime je sveto.
Iz roda v rod skazuje svoje usmiljenje *
vsem, ki mu zvesto služijo.
Dvignil je svojo močno roko, *
razkropil je vse, ki so napuhnjenih misli.
Mogočne je vrgel s prestola *
in povišal je nizke.
Lačne je napolnil z dobrotami *
in bogate je odpustil prazne.
Sprejel je svoje izvoljeno ljudstvo, *
kakor je obljubil našim očetom.
Spomnil se je svoje dobrote *
do Abrahama in vseh njegovih potomcev.

Hier finden Sie den Text des Psalms im Postkartenformat, damit Sie ihn mittels Smartphone immer bei sich haben und wenn Sie möchten auch gemeinsam beten können.

DIE AUSLEGUNG

Hier finden Sie einige Gedanken zum Psalm von Klaus Einspieler, Bibelreferent der Diözese Gurk.

Im Horizont der Heiligen Schrift

Auf vielen Darstellungen liest Maria gerade in der Bibel, als der Erzengel Gabriel zu ihr kommt, um sie zu berufen, den Sohn Gottes zur Welt zu bringen. Das ist erstaunlich, da der Evangelist Lukas diesen Umstand mit keinem Wort erwähnt. Wie also ist es dazu gekommen? Ein Teil der Antwort verbirgt sich wohl im Magnificat, dem Lobgesang Mariens. Bei genauerem Hinsehen fällt nämlich auf, dass jede Zeile des Liedes zumindest auf einen alttestamentlichen Text verweist. Man könnte sagen, die Beterin wäre im bunten Blumengarten der Bibel unterwegs und würde die schönsten Blüten zu einem Strauß verbinden. Dieser hat die Gestalt eines berichtenden Lobpsalms. Maria erzählt jedoch nicht nur von sich selbst. Auf dem Hintergrund ihrer Erfahrungen leuchtet die biblische Geschichte auf. Doch nun der Reihe nach. Am Beginn des Magnificats kündigt Maria an, Gott zu loben. „Groß macht meine Seele den Herrn“ müsste man die erste Zeile (Lk 1,46) wörtlich übersetzen. Die Sängerin weiß: der Mensch muss sich nicht klein machen, damit Gottes Größe aufleuchten kann. Im Gegenteil – weil ER den ersten Schritt getan, auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut, sie also emporgehoben hat, gibt Maria nun ihrerseits Gott die Ehre. Ihr Lobgesang ist Antwort auf das Große, das ihr widerfahren ist. Gerade deshalb werden sie nämlich von nun an alle Geschlechter selig preisen (Lk 1,48). – Gott hat an ihr gezeigt, wozu seine Gnade imstande ist.

Der rote Faden in der Begegnung mit Gott

Was ist eigentlich der rote Faden durch die Jahrhunderte währende Gemeinschaft Gottes mit seinem Volk Israel? Die Beterin nennt an erster Stelle das Erbarmen. Es ist die feste Stütze, die auch in den großen Krisen getragen hat. Gleich zweimal ist davon die Rede: Gott erbarmt sich von Generation zu Generation über alle, die ihn fürchten, also an ihn glauben und ihn lieben (Lk 1,50) und denkt an sein Erbarmen (Lk 1,54). Diese beiden Aussagen bilden einen Rahmen um sieben Sätze, die davon erzählen, was Gott getan hat. Die Zahl steht für Fülle und Vollkommenheit. Zudem hat sie mit der Vier eine goldene Mitte. Dort, im vierten Satz, verkündet Maria, dass Gott die Niedrigen erhöht. Was er ihr, der niedrigen Magd, erwiesen hat, entspricht also seiner Sympathie für die Armen, Schwachen und Erniedrigten. Am eindrucksvollsten wurde dies wohl beim Auszug der Israeliten aus Ägypten deutlich. Daran spielt der erste der sieben Sätze an, der erzählt, dass Gott mit seinem Arm machtvolle Taten vollbringt (Lk 1,51). Gottes starken Arm, das Sinnbild für Schutz und Rettung, rühmt auch Mose in seinem Siegeslied am Schilfmeer (Ex 15,6.16). Den tyrannischen Pharao aber hat damals sein eigener Hochmut zu Fall gebracht.

Ein Revolutionslied?

Wenn Gott am Werk ist, stürzen die Throne und die Habe der Reichen löst sich in nichts auf (Lk 1,52-53). Ist das nicht ein Umsturz, den Maria bejubelt? Ihr Gesang gilt sogar als Revolutionslied! Freilich führt die hier gefeierte Änderung der Verhältnisse nicht zur „Diktatur des Proletariats“, die weder Frieden noch Gerechtigkeit gebracht hat. Die Beterin weiß nämlich, dass Gott die Gewaltherrscher durch Sanftmütige ersetzen wird (Sir 10,14). Ihm geht es nicht um Rache, wohl aber darum, dass die Erniedrigten zu selbstbestimmtem Leben ermächtigt und gerechtfertigt werden.

Maria, die Magd und Israel, der Knecht

Gott hat auf Maria, die Magd, geschaut wie er sich zuvor seines Knechtes Israel angenommen hat. Im siebenten Satz (Lk 1,54) erinnert die Sängerin schließlich an den zweiten Exodus Israels. Der Prophet Jesaja erzählt davon. Auch das babylonische Exil, die zweite Epoche der Knechtschaft des Volkes Gottes, hat ein gutes Ende genommen. Wieder hat sich Gott als Retter erwiesen, sein Volk erneut aus der Gefangenschaft geführt und berufen, ihm zu dienen. Im Grunde genommen ist Gott seit Abraham mit den Seinen auf dem Weg. Dies ist der Boden, auf dem das Ja Marias zu Gottes Ruf gewachsen ist und bis heute Hoffnung schenkt.

DER VORTRAG AUF VIDEO

Hier finden Sie eine detaillierte Auslegung des Magnificats in Gestalt einer Videodatei (Dauer 85 Minuten). Vortragender: Klaus Einspieler.

https://youtu.be/UOZOR3BlveI

Onlinevortrag zum Magnificat mit Gesprächsmöglichkeit

Dienstag, 3. Mai 2022, 20.00 Uhr (auf ZOOM)
Zoom-Meeting beitreten:
https://zoom.us/j/93341740219?pwd=YTJuVUpqaG9LRFg2a3pWVnVORkZ1dz09
Meeting-ID: 933 4174 0219
Kenncode: hg4Lf9

PSALMEN BETEN (>> bitte klicken)

DER PSALM ZUM ANHÖREN ODER MITSINGEN

Statt selbst zu beten, können Sie sich den Text auch anhören oder ihn mitsingen. Die Aufnahmen entstanden unter der Leitung des diözesanen Kirchenmusikreferenten Christoph Mühlthaler.

Magnificat – Psalmton IX (Gl 631), Schola: Gerda Heger, Christina Hardt-Stremayr, Peter Dolschak, Pavel Zablatnik, Christoph Mühlthaler, Orgel: Klaus Waltritsch
Magnificat – Psalmton VIII/slowenisch (GLORIA 213), Kantor: Christian Koren, Schola: Veronika Stern, Milena Kernjak, Martin Kuchling, Pavel Zablatnik
Magnificat Bibeltextrevision 2016 – Gurker Psalter, Gesang: Edeltraud Hirm, Harfe: Eveline Schuler
Magnificat Bibeltextrevision 2016 – Vertonung von Ch. M. 1993/2016, Sopran: Doris Mühlthaler, Klarinette: Gregor Dermol, Cello: Olivia Schöffmann, Orgel: Christoph Mühlthaler

Schreiben auch Sie mit!

Ihre Gedanken zum Magnificat und davon inspirierte selbst verfasste Friedensgebete veröffentlichen wir gerne auf der Homepage (mit oder ohne Angabe des Namens, Kürzungen vorbehalten). Versuchen Sie zum Beispiel, den Text so umzuschreiben, dass er zu Ihrem Gebet wird. Ihren Text senden Sie bitte an: klaus.einspieler@kath-kirche-kaernten.at.

Du großer und gütiger Gott!
Von alters her haben auch Frauen dich,
ihren barmherzigen Retter, gepriesen,
weil sie dein befreiendes Handeln erfahren haben:
Mirjam, nachdem du dein Volk
beim Durchzug durch das Schilfmeer
vor der Streitmacht Ägyptens gerettet
oder Hanna, als du das bittere Los der Unfruchtbarkeit
von ihr genommen hast.

Ganz anders Maria:
Sie preist dich bereits, als sie Jesus, den Retter,
in ihrem Schoß empfangen hat.
In ihrer gläubigen Bereitschaft
durfte sie dein rettendes Handeln schauen:
Wie du, treuer ICH-BIN-DA,
durch die Sendung deines Sohnes
und durch sein liebevolles Wirken bis in den Tod
alle Menschen aus Leiden und Erniedrigung,
die wir uns gegenseitig immer wieder antun,
befreist und in dein Reich des Friedens führst,
wo nicht mehr die Macht des Stärkeren herrscht.

Noch ist dein Rettungswerk nicht beendet.
Du rufst uns, dass wir gläubig mitwirken,
indem wir uns in der Nachfolge Jesu
und durch die Kraft des Heiligen Geistes
liebevoll und achtsam für das Recht, das Wohl
und die Würde aller Menschen,
ja, all deiner Geschöpfe einsetzen:
zu deinem Lob
und zum Segen für die ganze Schöpfung.

Höchster, du unbeirrbare Liebe,
verwirkliche in deinem großen Erbarmen deine Verheißung,
die wir alle ersehnen:
Die Fülle des Lebens und der Freude bei dir,
jetzt und einst auch in der Vollendung deiner ewigen Herrlichkeit.
Amen.


Katharina Kistenich

Z Marijo vzklikam:
Velike reči mi je storil On,
ki je mogočen in je njegovo ime sveto.

Poklical si me v življenje,
me vzljubil
in mi razodevaš svojo ljubezen.
Poklical si me v redovniški poklic
in mi daješ vse možnosti,
da razodevam svetu tvojo ljubezen –
tvoj ljubeči čut do vsakega človeka.
Hvala, ker se daješ spoznati malim in preprostim.
Veselim se!

s. Magdalena Cimerlajt