Organisation

Referat für Pfarrgemeinden

Blutzeugen des Glaubens

Erinnerung am Tag des Anschlusses an sechs Kärntner Märtyrerpriester

 (© Foto: fotomax)
(© Foto: fotomax)

In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 hörte Österreich auf, für sieben Jahre als eigener Staat zu existieren.  Österreichische Nationalsozialisten lösten das austrofaschistische Ständestaatsregime ab, tags darauf, am 12. März übernahmen Wehrmacht-, SS- und Polizeieinheiten das Kommando, die unter dem Jubel beträchtlicher Teile der Bevölkerung einmarschiert waren. Hitler traf in Österreich ein und startete offiziell jenen Anschluss-Prozess, der mit einer fragwürdigen Volksabstimmung im April 1938 sein Ende fand. 

Die katholische Kirche hatte in den Jahren des NS-Terrors auf unterschiedlichste Art und Weise zu leiden: Enteignung kirchlicher Güter, Auflösung katholischer Vereine, Bespitzelung und Verhaftungen von bekennenden KatholikInnen standen an der Tagesordnung und führte viele ChristInnen in Konzentrationslager, Gestapogefängnisse und einige vor den Henker. Vor allem Priester wurden gezielt verfolgt.

In der Diözese Gurk kam es zusätzlich zu den generellen Repressalien gegenüber die Kirche zu massiven "Germanisierungsversuchen" in Südkärnten. Slowenische Priester wurden mit Predigtverbot belegt, aus dem zweisprachicgen Gebiet abgezogen und durch "rein deutsche" Priester ersetzt, slowenische Gebete und Lieder verboten uvm.  Die gesamte Kärntner Priesterschaft hatte einen hohen Blutzoll zu entrichten: 20 Priester, Theologen und Ordensbrüder fielen oder starben an den Kriegsfolgen, 87 Priester und ein Theologe wurden verhaftet, 17 von ihnen wurden in Konzentrationslager interniert, sechs Kärntner Priester wurden von Handlangern des nationalsozialistischen Schreckensregimes direkt ermordet bzw. kamen in KZs zu Tode. Es sind dies:

Dr. Anton Granig (hingerichtet am 15. April 1945 im Gefängnis Stein bei Wien) 

Anton Koperek (gestorben im KZ Dachau im November 1942)

Anton Kutej  (gestorben im KZ Dachau im Februar 1941)

Marcel Leeb  (gestorben im KZ Mauthausen im November 1940)

Josef Pollak  (gestorben im KZ Oranienburg im Juli 1940)

Dr. Otto Schuster (gestorben im KZ Dachau im November 1942)

(Zitiert nach: Peter G. Tropper (ed.), Kirche im Gau; Dokumente zur Situation der katholischen Kirche in Kärnten von 1938 bis 1945. Mit einem Beitrag von Karl Heinz Frankl; Klagenfurt: Universitätsverlag Carinthia, 1995)

Anbei einige Daten zu den Priestern und ihrem Märtyrertum:

Dr. Anton Granig (geb. 1901 in Großkirchheim, 1932 Priesterweihe, ab 1941 Direktor der St. Josefs-Bruderschaft); Dr. Granig war eine der Schlüsselfiguren und geistiges Haupt der „Antifaschistischen Freiheitsbewegung Österreichs“(AFÖ), einer Widerstandsgruppe, die sich in Granigs Wohnung 1942 konstituierte und der zwei weitere Priester, die Franziskanerpatres Kapistran Pieller und Angelus Steinwender sowie Politiker wie der Landtagsabgeordnete Karl Krumpl und Beamte wie Anton Jaklitsch angehörten. Nach mehreren erfolgreichen Flugblattaktionen (die Flugblätter wurden größtenteils im Wiener Franziskanerkloster gedruckt und zum Teil durch Geldspenden von Bischof Rohracher finanziert) begann die AFÖ mit der Planung von Sprengstoffanschlägen gegen Eisenbahnbrücken. Im Frühsommer 1943 flog die Gruppe allerdings auf. Anton Granig wurde am 17. Juni 1943 verhaftet und nach Wien überstellt, in den Wochen darauf die AFÖ durch weitere Verhaftungen komplett zerschlagen. Am 11. August 1943 wurden Granig und die weiteren Hauptangeklagten wegen „staatsfeindlicher Umtriebe“ in einem Schauprozess vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Gnadengesuche von Bischof Rohracher als auch Altbischof Hefter blieben ungehört. Granig wurde am 05. April 1945 von Wien ins Gefängnis Stein an der Donau überstellt und dort gemeinsam mit 43 anderen Gefangenen am 15. April 1945 erschossen. An jenem Tag erreichte die Rote Armee St. Pölten und war somit nur mehr 30km vom Gefängnis Stein entfernt.

Dr. Anton Koperek (geb. 1902 in Essen, 1928 Priesterweihe, ab 1940 Pfarrer von Kreuzen); Koperek, der der polnischen Sprache mächtig war, betrieb für polnische Kriegsgefangene in Kreuzen Seelsorge und schrieb Briefe nach Polen. Außerdem versuchte er möglichst viele Kinder bei Kinderseelsorgsstunden katechetisch zu unterweisen. Am 11. Mai 1942 wurde Koperek zur Gestapo nach Villach vorgeladen und nach einem Verhör und Unterzeichnung des Verhörprotokolls zunächst freigelassen. Etwas mehr als zwei Wochen später, am 28. Mai 1942, wurde er von der Gestapo verhaftet und ohne Prozess im Juli ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 31534) gebracht, wo er am 11. November 1942 an den Folgen von Misshandlungen, Hunger, Ruhr und Wassersucht verstarb. Als offizielle Todesursache wurde Darmkatarrh angegeben.

Als Anton Kutej (geb. 1909 in Klagenfurt, 1937 zum Priester geweiht, von 1939 bis 1940 Kaplan in St. Michael bei Bleiburg) den Wehrpass bekam, weigerte er sich, diesen ohne Rückfrage im Ordinariat zu unterschreiben. Außerdem gab er „Deutsch“ als Fremdsprache an. Am 26. März 1940 wurde Kutej nach Ende des Gottesdienstes in der Filialkirche Wackendorf von der Gestapo verhaftet und ohne Prozess wegen „Unterschriftsverweigerung im Wehrpass“ ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 21996) gebracht. Er wurde von Dachau ins KZ Mauthausen überstellt und von dort am 8. Dezember 1940 wieder nach Dachau rücküberführt, wo er am 16. Februar 1941 starb.

Marzell Leeb (geb. 1893 in Gnesau, 1918 Priesterweihe, ab 1936 in Ruhestand); Leeb wurde im November 1939 verhaftet und zunächst ins KZ Dachau (Häftlingsnummer 10494) und im folgenden Jahr ins KZ Mauthausen deportiert . Im selben Jahr wurde er mithilfe einer Giftinjektion ermordet. Sein Todestag war das Fest Allerheiligen, der 01. November 1940

Josef Pollak (geb. 1874 in Tržič, Priesterweihe 1896, ab 1934 Pfarrer in St. Philippen/Sonnegg); Pollak pflegte während seiner Priesterzeit in Kärnten weiterhin Kontakte zu ehemaligen Mitschülern in Ljubljana und hörte ausländische Radioprogramme. Als er sich außerdem weigerte, anlässlich des Sieges über Polen die Kirchenglocken zu läuten, wurde er am 21. Oktober 1939 verhaftet und nach Klagenfurt überstellt. Als Begründung wurde Pollack Volksverhetzung und Staatsfeindlichkeit vorgeworfen. Im Laufe des ersten Halbjahres 1940 wurde Pollack von Klagenfurt ins KZ Sachsenhausen/Oranienburg überstellt, wo er am 24. Juli 1940 verstarb. Die offizielle Todesursache lautete „Lungenentzündung und Herzschwäche“.

Dr. Otto Schuster (1897 in Klagenfurt geboren, 1924 Priesterweihe, 1938 Provisor in Vorderberg); Eine Woche nach Kriegsbeginn, am 09. September 1939, wurde Schuster verhaftet und in die Strafanstalt Garsten eingeliefert. Ein Jahr später wurde er zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Grund für die Inhaftierung und der Verbleib Schusters wurde dem bischöflichen Ordinariat lange Zeit nicht mitgeteilt. Als Schuster nach Ablauf der zweijährigen Gefängnisstrafe weiterhin verschollen blieb, wandte sich das bischöfliche Ordinariat direkt an die Strafanstalt Garsten. Von dieser war zu erfahren, dass Schuster am 13. März 1942 aus der Anstalt entlassen und direkt der Gestapo in Linz übergeben worden sei. Der damalige Generalvikar Josef Kadras erfuhr schließlich von einem Gestapo-Mann, dass Schuster von der Gestapo ins KZ Dachau deportiert worden sei (Häftlingsnummer 29782). Mithäftlinge berichteten nach dem Krieg, dass Schuster im KZ für medizinische Experimente missbraucht worden und am 25. August 1942 aufgrund dieser Experimente gestorben sei. 

 

Neben den Priestern, die das Märtyrertum erlitten haben, ist aber vor allem eine Märyterin zu erwähnen: die Pfarrhaushälterin Josefa Sumper (1887-1945). 

Josefa Sumper wurde als zweites von vier Kindern der Bauernfamilie Sumper am 17. März 1887 in Latschach, Pfarre St. Egyden an der Drau geboren. Sie fand Arbeit als Pfarrhaus-Köchin und Wirtschafterin in der Pfarre St. Egyden und verfasste im Jahr 1910 sogar ein eigenes Kochbuch. Bei der Volksabstimmung des Jahres 1938 bewies Josefa Sumper großen Mut, indem sie laut Pfarrchronik als einzige im Ort nicht für den Anschluss stimmte. Die Pfarrchronik beschreibt Josefa Sumper außerdem als „tapfere und gesinnungstreue Katholikin und (Kärntner) Slowenin“. 

Im Mai 1943 wurde der aus dem Rheinland stammende Dechant Jakob Vianden, der als Stadtpfarrer von Gmünd 1938 mit der Gestapo in Konflikt gekommen war, nach St. Egyden an der Drau versetzt. Obwohl Vianden selbst kein Slowenisch konnte, unterstützte er die slowenische Volksgruppe und hielt auch mit den Partisanen des Gebietes immer wieder Kontakt. Dieser Kontakt geschah oftmals durch Josefa Sumper, die weiterhin Pfarrhaus-Köchin blieb und sich selbst den Partisanen anschloss. 1944 wurde die Gruppe mit Hilfe von Doppelagenten und Verrat enttarnt. Ein Brief von Pfarrer Vianden an die Partisanen, der diese vor einer geplanten Razzia warnte, wurde abgefangen, Vianden selbst musste fliehen. Für Josefa Sumper gab es keine Fluchtmöglichkeit. Sie wurde verhaftet und mehrere Monate in Klagenfurt interniert. Trotz harter Verhöre verweigerte sie jede Aussage um Pfarrer Vianden nicht zu belasten. Außerdem gelang es ihr die Nationalsozialisten zu überzeugen, dass die mit ihr ebenfalls verhaftete Maria Oberlercher zu Unrecht inhaftiert worden sei. Josefa Sumper selbst konnte dem Regime aber nicht mehr entkommen. Sie wurde von Klagenfurt aus ins KZ Ravensbrück deportiert und dort am 18. Februar 1945 ermordet. Augenzeugenberichten zufolge wurde Josefa Sumper im KZ an einen Pfahl gebunden, von Polizeihunden attackiert und sterbend in die Gaskammer des Konzentrationslagers gebracht.

Kurzbiographien vgl.: Jan Mikrut (Hg.), Blutzeugen des Glaubens; Martyrologium des 20. Jahrhunderts; Bd 3. Diözesen: Feldkrichen, Innsbruck, Gurk, Salzburg, (Wien: Dom-Verlag, 2000, 143-209).