Lied des Monats März
Zum Reden setz´ ich an
Zum Reden setz´ ich an,
doch stirbt der Ton im Mund.
Denn was ich sagen will,
verschließt des Herzens Grund.
So rede du in mir.
Sprich aus, was mich bewegt.
Eröffne, wer ich bin,
die Sehnsucht, die mich trägt.
Lass wehen deinen Geist
und töne du in mir.
Ich - eine stumme Wand:
dein Echo schenk ich dir.
.... damit die Stimme Gottes hörbar wird ...
Dieses Lied entstand im Herbst 2019. Der Text stammt von Klaus Einspieler (Referent für Bibel und Liturgie), die Melodie von Christoph Mühlthaler (Kirchenmusikreferent).
Beten - sei es in Gemeinschaft oder alleine - heißt Zwiesprache mit Gott zu halten. Dieser Dialog ist jedoch anders als die zwischenmenschliche Kommunikation, da der Gesprächspartner - Gott - anders ist als der Mensch und daher auch auf seine Art spricht und antwortet. Diese Erfahrung bewegt heute viele Menschen: Wie kann ich beten? Was soll ich beten? Worum geht es eigentlich, wenn wir beten? Letztlich erzählt davon schon die Bibel. So hört Elija am Gottesberg Horeb ein sanftes, leises Säuseln und weiß trotzdem, dass Gott zugegen ist (1 Kön 19,12). In der Begegnung des Mose mit Gott auf dem Sinai geschieht etwas Ähnliches (Ex 34,4-7). Obwohl das Wort "Gebet" in diesem Text gar nicht vorkommt, können wir an der Erfahrung des Mose lernen, was es heißt, zu beten. Demgemäß ist das Gebet der Aufstieg der Seele zu Gott. Beten heißt, in der Gegenwart Gottes zu verweilen, ohne ihn zu sehen. Beten heißt außerdem, zu Gott zu sprechen, aber auch zu hören, was ER zu sagen hat. Wie schwer es sein kann, die richtigen Worte zu finden, bringt der Apostel Paulus im Brief an die Römer zur Sprache. Demgemäß wissen wir gar nicht, was wir in rechter Weise beten sollen. Als Christen dürfen wir jedoch vertrauen, dass uns Gottes Geist geschenkt worden ist. Zu beten heißt also, sich dem Geist Gottes zu öffnen und zuzulassen, dass er in uns spricht (Röm 8,26-27). So wird unser Innerstes zu einem Ort des innergöttlichen Dialogs des Dreifaltigen Gottes. Beten heißt also, still zu werden, zu schweigen, zu hören, was Gott spricht und Gottes Geist in uns zu Wort kommen lassen. Dieses versucht diese schlichte Lied anzudeuten. Im Grunde genommen sucht der Beter darin nach einem Weg, wie er in rechter Weise beten kann. In der ersten Strophe wird Erfahrung benannt, die viele Menschen machen, wenn sie beten. Eines Tages kommt ihnen der Inhalt ihrer Gebete banal vor. Wofür lohnt es sich überhaupt zu beten? Nicht selten ist damit auch die Erkenntnis verbunden, dass man Gott nicht zu seinem Erfüllungsgehilfen seiner eigenen Wünsche machen kann. Noch drängender ist die Frage: Weiß ich überhaupt so genau, was ich von Gott erwarte? Kenne ich mich selbst gut genug, um genau sagen zu können, welchen Weg ich in Zukunft einschlagen möchte? Auf diesem Hintergrund machen wir gelegentlich die Erfahrung, dass wir mitten im Gebet verstummen. Es passt nicht, und wir haben keine Idee, wie wir es besser machen könnten. Wir dürfen diese Erkenntnis als Geschenk betrachten, unserem Gebet eine neue Ausrichtung zu geben. Die zweite Strophe geht davon aus, dass Gott unser Innerstes schon länger ergründet hat und kennt (siehe zb Psalm 139,13-19). Daher gehört zum Beten nicht nur das Reden, sondern zu allererst das Hören. Daher hat die geistliche Schriftlesung - das betende Bibellesen - das geistliche Leben der Mönche seit alters her geprägt. Wenn der Mensch Tempel des Heiligen Geistes ist, redet Gott auch in seinem Inneren. Freilich anders als in der zwischenmenschlichen Kommunikation. "Rede, denn dein Diener hört" (1 Sam 3,10) - wie einst Samuel, lädt nun der Beter Gott ein, das Wort zu ergreifen und ihm sein eigenes Innerstes zu offenbaren. In der dritten Strophe ist der Beter in seiner Suche nach einer angemessenen Form der Zwiesprache mit Gott an ein gutes Ende gekommen. Er lädt den Geist Gottes ein, in ihm zu tönen und ist bereit, ihm Raum zu geben. Er selbst sieht sich als Resonanzboden des Geistes. Ähnlich einer Bergwand möchte er, dass in ihm nachhallt, was der Geist gesprochen hat. So wird sein Gebet zum Echo dessen, was Gott gesagt hat. Was in diesem Lied mit knappen Worten besungen wird, ist ein Lebensprogramm. Der Text versteht sich lediglich als kleine Hilfestellung, das Wesentliche im Auge zu behalten: Wir müssen vor Gott nicht viele Worte machen. Das Wichtigste am Beten ist, ihm genügend Raum in der Gestalt von Zeiten der Stille und Betrachtung zu schenken, damit seine Stimme hörbar wird.
Klaus Einspieler