Organisation

Referat für Trauerpastoral

„Abschied neu gedacht“

Wie wir heute trauern, bestatten und erinnern – eine Tagung über Chancen im Wandel

Fachtagung “Abschied neu gedacht“  (RfT)
Fachtagung "Abschied neu gedacht" (RfT)

Am 12. April 2025 fand im malerischen Ambiente des Stiftes St. Georgen am Längsee erstmalig eine Fachtagung unter dem Titel „Abschied neu gedacht – Veränderungen und Chancen in der Bestattungskultur“ statt. Über hundert interessierte Teilnehmer:innen aus den Bereichen Bestattungswesen, Seelsorge, Psychotherapie, Psychologie, Einsatzkräfte, Trauerbegleitung und Interessierte kamen zusammen, um gemeinsam über den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer im 21. Jahrhundert zu reflektieren und um sich gemeinsam einem Thema zu widmen, das uns alle betrifft – dem Abschiednehmen.

Durch das vielfältige Programm des Tages führte mit viel Feingefühl und professioneller Leichtigkeit Martina Klementin. Ziel der Veranstaltung war es, neue Perspektiven auf die Bestattungskultur zu eröffnen, den gesellschaftlichen Wandel zu beleuchten und konkrete Impulse für eine würdevolle Abschiedsgestaltung zu geben.

Individueller Abschied – persönlich, bewusst, einzigartig

Den Auftakt machte Christoph Claus Hufnagl, bekannt durch seinen Podcast „Ein Abschied. Ein Licht“. In seinem Vortrag stellte er die Frage nach der Individualität in den Mittelpunkt. Jeder Mensch trägt seine ganz persönliche Geschichte, seine Vorstellungen und Werte in sich – warum also sollte der Abschied von diesem Leben nicht ebenso individuell gestaltet werden?

„Wir werden alle sterben!“ sagte Hufnagl pointiert – und machte damit unmissverständlich klar, dass das Thema Tod aus dem Abseitz geholt werden muss.

Es gehe nicht nur darum, wie wir selbst gehen, sondern auch darum, wie wir von anderen in Erinnerung behalten werden.

Durch bewusste Auseinandersetzung könne man nicht nur den Hinterbliebenen Raum und Halt schenken, sondern auch für sich selbst eine Form von innerem Frieden schaffen. Der Vortrag war ein Plädoyer für selbstbestimmte Bestattungsvorsorge, echte Begegnung und den Mut zur Offenheit.

Der Tod im Wandel – ein kulturgeschichtlicher Blick

Dompfarrer Peter Allmaier gab in seinem Vortrag einen tiefgehenden historischen Überblick über die Entwicklung der Trauer- und Bestattungskultur in Europa. Vom mittelalterlichen Umgang mit dem Tod als Alltagsrealität bis zur heutigen Tendenz, ihn zu verdrängen oder zu kommerzialisieren, zeichnete er eine eindrucksvolle Entwicklung nach:

  • Im Mittelalter: Tod als ständiger Begleiter, das Leben galt als Vorbereitung auf das Jenseits.
  • Im Barock: Der Tod wurde erstmals personalisiert, Rituale und Gedenkkultur entstanden.
  • Im 19. Jahrhundert: Emotionen rückten stärker in den Fokus, Trauerarbeit wurde zentral.
  • Im 20. Jahrhundert: Der Tod wurde zunehmend tabuisiert, die Rolle der Familie rückte in den Hintergrund.
  • Heute: Digitalisierung, Individualisierung und neue Formen der Bestattung wie Online-Gedenkseiten, anonyme Begräbnisse oder Naturbestattungen prägen die neue Trauerkultur.

Sein Fazit:

Die Trauer ist und bleibt ein zutiefst menschliches Bedürfnis – unabhängig vom Zeitgeist

Im Dialog mit Einsatzkräften: Menschlichkeit im Ausnahmezustand

Ein eindrucksvolles Panel boten die Vertreter:innen der Blaulichtorganisationen.

Mit dabei waren:
Tanja Baumschlager, Kriminalpolizei
Markus Stromberger, Leiter des Kriseninterventionsteams (KIT) des Roten Kreuzes
Helmut Unterluggauer, Feuerwehr
Ingo Sternig, Bestattung Kärnten
Christiane Eberwein, Psychotherapeutin und Vertreterin der Plattform „Verwaiste Eltern“

Sie gaben Einblick in ihren herausfordernden Alltag, in dem sie oft als Erste mit Tod und Trauer konfrontiert sind. Die Diskussion machte deutlich, wie wichtig eine enge und menschliche Zusammenarbeit ist – auch hinter den Kulissen des Notfalls. Kritisch äußerten sich die Einsatzkräfte zum zunehmenden Filmen und Fotografieren an Unglücksorten – eine Entwicklung, die ethisch und emotional schwer wiegt.

Nachmittag mit Tiefgang – Trauerbegleitung, Wahrheit und Empathie

Am Nachmittag vertieften drei erfahrene Fachpersonen die emotionalen und psychologischen Aspekte der Trauerarbeit:

Markus Stromberger (Krisenintervention Rotes Kreuz):

Er erklärte die Aufgaben des Kriseninterventionsteams, das Angehörige in Akutsituationen unterstützt, ihnen Stabilität vermittelt und hilft, erste Schritte in der Trauer zu gehen. Besonders betonte er:

„Lassen Sie Trauer zu – in welcher Form auch immer.“

Xenia Hobacher (Rainbows Steiermark):

Sie sprach über die Einbindung von Kindern in Abschiedsprozesse. Die Wahrheit sei Kindern zumutbar, betonte sie – ein liebevoller, ehrlicher Umgang sei essenziell, um Vertrauen und Stabilität in der Familie zu sichern.

„Es gibt keinen idealen Zeitpunkt für die Wahrheit – aber es gibt den richtigen Weg, sie zu vermitteln.“

Rainer Sinader (Hospiz Österreich):

Mit großer Einfühlsamkeit beleuchtete er das Thema Empathie.

Wer viel für andere da ist, trägt auch eine große Verantwortung für sich selbst.

Er warnte vor sekundärer Traumatisierung und rief zur Selbstfürsorge auf: Meditation, Bewegung, Natur, regelmäßiger Austausch – all das könne helfen, die eigene seelische Gesundheit zu schützen.

Ausklang im Friedensforst – ein Ort der Stille

Zum Abschluss führte Ingo Sternig, Bestattung Kärnten die Teilnehmenden in den Friedensforst von St. Georgen – ein Ort der Stille, des Innehaltens und der Besinnung. Hier konnten die Eindrücke des Tages nachwirken

Fazit der Fachtagung 2025:

„Menschen brauchen Menschen“ – diese einfache, aber tiefgreifende Erkenntnis stand am Ende eines intensiven Tages. Der bewusste Umgang mit Sterben, Tod und Trauer braucht Offenheit, Räume zum Reden, professionelle Begleitung und vor allem: echte Nähe.

Ob im familiären Umfeld, im Einsatzdienst, in der Beratung und Begleitung, in der Seelsorge oder im Bestattungswesen – es sind oft die kleinen Gesten, die Großes bewirken können.

Abschiedskultur verändert sich – aber die Sehnsucht nach Würde, Halt und Menschlichkeit bleibt.

Gemeinsam mit Bestattung Kärnten / PAX und dem Referat für Trauerpastoral der Diözese Gurk-Klagenfurt wurde diese Fachtagung als Plattform für Austausch und Begegnung ins Leben gerufen.