Organisation

Referat für Menschen mit Behinderungen

Mit der “Joëlette” über Stock und Stein

Gäste aus der Diözese Belluno bringen einen Einrad-Rollstuhl nach Klagenfurt

Am 21. Oktober brachten Anna Della Lucia und Lorenzo Toscani, beide Mitarbeiter der Diözese Belluno, ihre „Joëlette“ nach Klagenfurt, wo sie die kommenden Wochen als Leihgabe im Einsatz sein wird. Das Referat für Menschen mit Behinderungen möchte sie nutzen, um Familien mit behinderten Angehörigen Ausflüge und Entlastung anbieten zu können, gerade in den kommenden Monaten, wenn die Covid-Einschränkungen manche andere Aktivitäten unmöglich machen sollten. Auch die Diözesansportgemeinschaft, das Pilger-Referat und die jungeKirche möchten testen, ob und wie sich der Einradrollstuhl in der Praxis einsetzen lässt.

Die Joëlette, benannt nach ihrem Konstrukteur Joël Claudel, ist noch eine sehr junge Erfindung. 1987 wollte der Bergführer seinem Neffen, der an Muskeldystrophie erkrankt war, die Teilnahme an Outdoor-Aktivitäten ermöglichen. Er konstruierte einen Sessel mit einem zentralen Rad und Griffstangen für zwei Begleiter. So ausgerüstet ging es mit dem 17-jährigen Stéphane auf die Insel «La Réunion” und später nach Marokko ins Atlasgebirge. Um diese Möglichkeiten mit anderen Menschen zu teilen, entstand eine Kooperation mit dem auf Metall und Mechanik spezialisierten Unternehmen Ferriol-Matrat. Und zur ursprünglichen Joliëtte sind mittlerweile ein Modell mit Elektro-Unterstützung, eine Kinder-Joëlette, ein Baderollstuhl und ein Sitz-Schi hinzugekommen.

Wie fährt sich eine Joëlette? Für den darin Sitzenden sehr komfortabel, sozusagen wie in einer Sänfte: Das Rad unter dem Sitz ist gefedert. Die neueren Modelle haben einen ganz leichten Einstieg, die Sitzfläche lässt sich auf die Höhe eines Rollstuhls absenken. Für die beiden HelferInnen ist das Gefährt eine Herausforderung: Der hintere schiebt und ist für die Balance zuständig, der vordere zieht und lenkt. Kurven sind dabei eine besondere Herausforderung, denn: Geht der vordere nach rechts, muss der hintere nach links ausschwenken. Und während der Fahrt telefonieren sollte möglichst nur der, der in der Mitte sitzt … Körperlich anstrengend sind dagegen nur Anstiege, ansonsten ruht die Joëlette ja auf dem Rad in der Mitte, die HelferInnen halten lediglich das Gleichgewicht.

Von ihrer Konstruktion her ist die Joëlette unglaublich geländegängig: Lassen normale Rollstühle schon aus, wenn der Weg etwas schottrig wird oder Hindernisse von mehr als wenigen Zentimetern auftreten, so fängt dort mit der Joëlette der Spaß erst an: Fotos auf der Facebookseite des Unternehmens zeigen unglaubliche Einsätze bis ins Hochgebirge, auch Einsätze bei Laufevents. Grenzen setzen nur die Möglichkeiten der Begleiter. Faszinierend ist dabei vor allem der gemeinschaftsstiftende Aspekt: Es geht um das Gemeinsame, gute Abstimmung, Gegenseitigkeit. Am besten unterwegs ist man in einer Gruppe, in der man sich beim Betreuen abwechseln und unterstützen kann. Übrigens: Einige der waghalsigsten Fotos stammen von unseren Freunden aus der Dolomiten-Diözese Belluno, in der Freiwillige Menschen mit Behinderungen tatsächlich ermöglichen, mithilfe des Einrad-Rollstuhls an Bergwanderungen teilzunehmen.

Im deutschen Sprachraum ist die Joëlette noch recht unbekannt. Auf der Website des Herstellers (www.joeletteandco.com/de) kann man aber einige Besitzer finden, die die ihrige verleihen, in der Regel für etwa 5,- € pro Tag. Auch wir werden nun diesen Einrad-Rollstuhl testen und Ihnen in naher Zukunft davon berichten.

Vertrieb für Österreich: Thomas Janvier, Innsbruck, Tel. +43 681 84 4808 79 oder Mail: thomas.janvier@gmail.com