Von Verrès (Aostatal) nach Santhià (Piemont)
Pilgern auf der Via Francigena
Die zweite April-Woche d. J. – so früh im Jahr wie noch nie - nützten 56 Pilgerinnen und Pilger – davon nur fünf, die bisher noch nie mit uns auf der „Via Francigena“ unterwegs waren – um gemeinsam mit unserem Geistlichen Begleiter, Pfarrer Mag. Josef Allmaier, die mehr als 85 Kilometer zu Fuß in vier Etappen zu bewältigen.
Diesmal führte uns der Frankenweg, der bereits im Jahr 343 n. Chr. das erste Mal von Pilgern aus Franken - die zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom aufbrachen - begangen wurde, von Verrès nach Santhià („Sant’Agata“). Schon nach kurzer Zeit war es diesmal notwendig, Regenbekleidung anzulegen und der zunehmende Regen und der kalte, immer stärker werdende Wind erzwangen auch nach Absolvierung von etwa ¾ der geplanten Etappe eine vorzeitige Beendigung vor dem Aufstieg auf die einmalige Festung Bard.
Die Pilgergruppe überquerte am zweiten Tag – nach Begrüßung durch den Ortspfarrer Don Claudio (Perruchon) und einer Morgenandacht in der Laurentius-Kirche von Pont-Saint-Martin - den Gebirgsbach Lys auf einer aus dem Jahre 25 v. Chr. stammenden Römerbrücke, die immer noch intakt ist und die bis vor etwa 150 Jahren die einzig mögliche Flussüberquerung in Pont-Saint-Martin war, und betrat wenige Kilometer danach die italienische Region Piemont, flächenmäßig die größte auf dem Festland. Nach einigen schwierigen Auf- und Abstiegen auf Felsstufen und bei Nässe gefährlichen Kugelstein-Pflasterungen zwischen Carema, Airale und Torredaniele mussten wir vor Cesnola wieder die Regenausrüstung aktivieren. Wir konnten nach etwa 2/3 der geplanten Etappe die Fraktion Montestrutto in Settimo Vittone erreichen und mit dem Bus die Rückfahrt zu den Hotels antreten.
In dem mit knapp 25.000 Einwohnern größten Ort der diesjährigen Pilgerwanderung, in der Stadt Ivrea - Heimat der Familie und Firma Olivetti und bedeutendstes Zentrum der Informatik in ganz Italien - begannen wir in der Krypta des dortigen Domes die dritte Etappe am Donnerstag mit einer von Pfarrer Josef Allmaier bewegend gestalteten Andacht und zogen durch die Vorstadt hinaus in die „Serra d’Ivrea“, die mit einer Ausdehnung von mehr als 25 Kilometern Länge die größte eiszeitliche Endmoräne Europas bildet. Etappenziel war der auf einer Anhöhe liegende mittelalterliche Ort Piverone und die dortige Pfarrkirche – übrigens wieder eine Laurentius-Kirche – vor der wir vom Ortspfarrer Don Gennesio freundlich begrüßt wurden. Hier war es uns auch möglich einen Pilgergottesdienst zu feiern und für die erste regenfreie Etappe dieser Pilgerwanderung zu danken.
Die vierte und letzte Etappe am Freitag führte uns - von Piverone ausgehend - zunächst in die aus dem 11. Jahrhundert stammende Kirchenruine von Gesiun, in der unser Pilgerpfarrer, Mag. Josef Allmaier, den Auftakt zur Etappe mit einem morgendlichen Lobpreis setzte. Mit Blick auf den See von Viverone wanderten wir durch den gleichnamigen Ort, passierten Roppolo, in dem gerade der traditionelle Wochenmarkt stattfand, und erlebten auf dem Weg hinunter in die Ebene nach Cavaglià eine Meditation, die alle Pilgerinnen und Pilger ganz tief berührte. Nach der auf freier Flur verbrachten und noch sehr kühlen Mittagsrast ging es vorbei an den ersten, teilweise schon bestellten Reisfeldern Italiens. In unserem südlichen Nachbarland werden etwa 100 verschiedene Reissorten angepflanzt und somit ein Drittel der europäischen Reismenge produziert. Glücklich erreichten wir das Pilgerziel dieses Jahres, die Collegiata Sant’Agata in Santhià, wo wir nach sehr herzlicher Begrüßung durch den Vice-Paroccho Don Marco, wieder einen Pilgergottesdienst feiern durften.
Diesmal war es möglich – auch durch das wohlwollende Entgegenkommen des UNA-Golf-Hotels in Cavaglià - an jedem Pilgertag (Dienstag bis Freitag) eine Pilgermesse zu feiern und schon traditionell war auch diesmal wieder der Dank- und Sendungsgottesdienst bei der Heimreise am Autobahn-Parkplatz Santa Caterina-Est in Udine.
Trotz des am Anfang regnerischen und sehr kalten Aprilwetters sind wir mit vielen schönen Eindrücken wohlbehalten zu unseren Familien zurückgekehrt. Bleiben werden die Erinnerungen an einen einmaligen Pilgerweg und das Interesse, die Gastfreundschaft und die Freundlichkeit der Landesbewohner des Piemont.
Brigitte & Werner Geson, Frankenwegbegleiter