Frankenweg und Reisfelder
In der letzten Septemberwoche d. J. waren wir schon zum neunten Mal im Herbst auf Sigerichs Spuren auf dem Weg, der in Canterbury beginnt und bei den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom endet. Diesmal ging es – beginnend in Santhià in der piemontesischen Provinz Vercelli – in vier Etappen bis nach Garlasco in der Lombardei. Die gesamte Entfernung betrug knapp 100 Kilometer und unser Gehen auf staubigen Schotter- und grasbedeckten Feldwegen spielte sich auf einer Meereshöhe zwischen knapp 190 und etwa 100 m ab. Auf allen vier Etappen – von Santhià bis nach Vercelli, von Vercelli nach Robbio, von Robbio nach Mortara und von dort nach Garlasco – begleitete uns herrliches Spätsommerwetter und wir alle machten dabei eine völlig neue Erfahrung: die Ernte in Europas größtem Reisanbaugebiet. Obwohl viele Pilgerinnen und Pilger dieser Gruppe noch immer enge Verbindungen zur Landwirtschaft haben, waren viele Eindrücke und Informationen zum Reisanbau für alle ganz neu. Glücklicherweise konnten wir Frankenweg-Begleiter, die wir im Rahmen unserer Vorbereitungstage Auskünfte aus erster Hand von einem Reisbauern vor Ort erhielten, den Wissensdurst dieser Pilgergruppe in punkto Reis stillen.
Die zwar sehr langen aber weniger anstrengenden Etappen erlaubten uns, sich in dieser ebenen und nur am Horizont von den hohen Gipfeln der Westalpen begrenzten Landschaft, voll auf den spirituellen Sinn des Pilgerns zu konzentrieren. Wie immer gelang es unserem Geistlichen Begleiter, Pfarrer Josef Allmaier, mit Gebet, Meditation und Heiligenlegenden sehr gut eigene Unpässlichkeiten zu vergessen und die Zeit zu verkürzen. Wunderschön war es auch, mit unserem „Pilgerpfarrer Don Giuseppe (Josef)“ für jeden Pilgertag in einer jeweils anderen Kirche auf unserem Weg eine Pilgermesse zu feiern und dort den einheimischen Gläubigen und den Ortspfarrern in wahrhaft christlichem Sinn zu begegnen. Unvergessen wird uns die Andacht in der großen Maria-Himmelfahrts-Kirche in Garlasco zum Abschluss der heurigen Herbst-Pilgerwanderung am Frankenweg bleiben. Dankgebet, Marienlied und als Höhepunkt ein Lied in unserer zweiten Landessprache – wohlvorbereitet und von einer verdienten Mitpilgerin mit Notenblättern versorgt - sehr stimmig vorgetragen von unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem gemischtsprachigen Kärnten. Die großartige Akustik bei dieser Feier in der Kirche beeindruckte viele junge Menschen am Platz vor der Kirche und der zufällig anwesende Ortspfarrer dankte unserem Pilgerpfarrer für das schöne und einmalige Erlebnis.
Bis auf zwei „neue“ Teilnehmerinnen waren alle wenigstens schon einmal mit uns auf der Via Francigena unterwegs gewesen. Als Frankenweg-Begleiter sind wir darüber sehr glücklich und glauben, dass ein gewisser „Wohlfühlfaktor“ für diese Entwicklung verantwortlich ist und dass alle Pilgerinnen und Pilger von sich aus gerne alles zu diesem guten Gelingen beitragen. Glücklich sind wir auch, dass „unser“ erster Frankenweg-Busfahrer, Hans Wieltschnig, wieder mit uns diese Pilgerfahrten unternimmt – das „Via Francigena-Glückskleeblatt“ (Pfarrer Mag. Josef Allmaier, Busfahrer Hans Wieltschnig und wir beide FW-Begleiter) ist endlich wieder komplett.
brigitte & werner geson