500 Jahre in Bewegung: Kirche in Klagenfurt
Ausstellung im Dom zu Klagenfurt zeigte die Geschichte eines halben Jahrtausends (1518 bis 2018)
Die historische Entwicklung der katholischen Kirche in Klagenfurt – von der Schenkung der Stadt an die Landstände durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1518 bis in die Gegenwart – dokumentieren sechs Schautafeln im Dom zu Klagenfurt.
In Jahrhundert-Schritten werden dabei die Jahre 1518 (Zeit des Umbruchs), 1618 (Religion und Gewalt), 1718 (Im Zeitalter der Vernunft), 1818 (Bürgerliches Biedermeier), 1918 (Auf dem Weg zur neuen Gesellschaft) und 2018 (Sowohl als auch) exemplarisch vorgestellt. Haptisch erfassbares Bildmaterial sowie hörbare Beispiele zeitgenössischer Literatur und Musik ergänzen diese interaktive Dokumentation, die der Beitrag der katholischen Kirche zum Jubiläum „Klagenfurt 500“ ist.
Verantwortlich für die Projektentwicklung und die Umsetzung zeichnen bossGRAFIK und Diözesanarchivar Peter G. Tropper. Unterstützung boten die Dommusik Klagenfurt (Melissa Dermastia, Klaus Kuchling, Thomas Wasserfaller) und ORF-Moderatorin Waltraud Jäger. Die Ausstellung wird bis Ende August 2018 in der Domkirche Klagenfurt zu sehen sein.
1518 - Zeit des Umbruchs
Aufbruch der Kultur?
In der Zeit des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit schenkt Kaiser Maximilian I. am 24. April 1518 den Kärntner Landständen (Adel, hohe Geistlichkeit, Städte und Märkte als politische Vertretung im Landtag) die im Jahr 1514 niedergebrannte Stadt Klagenfurt. Die Bürger, deren Rechte und Freiheiten stark beschnitten werden, protestieren und fügen sich erst im Mai 1519.
Die Seelsorge in Klagenfurt wird seit dem 13. Jahrhundert von Maria Saal aus wahrgenommen. Im Stadtgebiet liegen die 1347 genannte Kirche St. Egid (Pfarrkirche 1416) und die Kirche zum Heiligen Geist mit dem angeschlossenen Spital. Die kirchliche Oberaufsicht liegt beim Salzburger Erzbischof Leonhard von Keutschach, einem gebürtigen Kärntner. Als Zeitgenosse von Leonardo da Vinci führt er Salzburg zu wirtschaftlicher Blüte.
1618 - Religion und Gewalt
Von Reformation und Gegenreformation
Das Aufblühen und Anwachsen der Bevölkerung der Stadt fallen mit dem Erstarken des Evangelischen zusammen. Nach dem ersten evangelischen Gottesdienst 1563 wird die Kirche St. Egid zur Stätte der protestantischen Messfeiern. Die rasche Zunahme der Protestanten führt zur Errichtung der 1591 geweihten evangelischen Dreifaltigkeitskirche durch die Landstände. Dieses Gotteshaus wird im November 1600 von der Reformationskommission gesperrt, der die Rekatholisierung der Bevölkerung aufgetragen war. 1604 wird diese Kirche dem Jesuitenorden übertragen; sie dient seit dem Ende des 18. Jahrhunderts als Kathedralkirche der Diözese Gurk.
Die Kirche von Klagenfurt wird aus der Oberhoheit von Maria Saal gelöst – in engem Zusammenhang mit dem Ringen um den Glauben. 1613 wird in Klagenfurt der Franziskanerorden angesiedelt, der – wie auch die Jesuiten – die katholische Erneuerung unterstützt.
1718 - Im Zeitalter der Vernunft
Blüte des Katholizismus
Seit 1705 wird die Stadtpfarre St. Egid von Pfarrer Johann Andreas Benaglio von Rosenbach in Krain geleitet. Er schließt den Wiederaufbau der Pfarrkirche ab, die im Jahr 1690 durch ein Erdbeben so stark beschädigt worden war, dass sie abgetragen werden musste. Die Neuerrichtung, finanziert von den Kärntner Landständen, der Stadt Klagenfurt und aus Spenden von Wohltätern, wurde unter Pfarrer Jakob Rohrmeister begonnen.
Die Zahl der Gotteshäuser in Klagenfurt war angewachsen: Das Kloster der Kapuziner war 1649 geweiht worden, die Landstände hatten 1679 die Schutzengelkirche in der St. Veiter Vorstadt errichtet. Mit dem Bau der Kirche St. Lorenzen beim Konvent der Elisabethinen wurde 1708 begonnen. In Maria Loretto am Wörthersee war 1658 eine Kapelle entstanden, die als Hochzeitskirche genutzt wurde.
1818 - Bürgerliches Biedermeier
Hinwendung zu Geschichte und Kultur
Die Stadt Klagenfurt, seit 1787 Sitz des Bischofs von Gurk, verfügt über die beiden Pfarren St. Egid und die Dompfarre St. Peter und Paul mit insgesamt 984 Häusern und 10.277 Personen. Neben dem Gurker Domkapitel, das mit dem Bischof in die Landeshauptstadt übersiedelte, existieren das Kapuzinerkloster, das Kolleg der Benediktiner aus St. Paul im Lavanttal im ehemaligen Franziskanerkloster und die beiden Frauenklöster der Ursulinen (Schule) und
der Elisabethinen (Krankenpflege). Die Kreuzberglkirche am Kalvarienberg war um 1740 errichtet worden.
In der Stadtpfarrkirche St. Egid wirken die beiden Kapläne Simon Martin Mayer und Urban Jarnik. Während Mayer als Redakteur der „Carinthia“, der „Kärntnerischen
Zeitschrift“ und der „Klagenfurter Zeitung“ wie auch als Schriftsteller und Dichter hervortritt, wird Jarnik Verteidiger der slowenischen Muttersprache, die er von der Germanisierung bedroht sieht.
1918 - Auf dem Weg zur neuen Gesellschaft
Bildung, Genossenschaften und Politik
Das Dekanat Klagenfurt-Stadt zählt zum Ende des Ersten Weltkrieges über 38.500 Katholiken, denen 30 Kirchen und Kapellen in den vier Pfarren St. Peter und Paul, St. Egid, der Vorstadtpfarre St. Lorenzen und in St. Ruprecht bei Klagenfurt zur Verfügung stehen. 40 Weltpriester werden in der Seelsorge von 14 Ordenspriestern aus dem Jesuiten- und Kapuzinerorden unterstützt. Außerdem sind 183 Ordensfrauen in Klagenfurt tätig.
In den vorhergehenden Jahren waren zahlreiche katholische Vereine ins Leben getreten: Nicht nur religiöse Verbindungen wie die Marianische Kongregation, sondern auch soziale Vereine wie der Kolping- und der Vinzenz-Verein oder die Press-Vereine boten den Katholiken reiche Möglichkeiten, religiöse, soziale oder politische Neigungen zu entfalten. Einer der bedeutendsten Priesterpolitiker Kärntens, Michael Paulitsch, wirkt im Jahr 1918 als Prediger in St. Egid.
2018 - „Sowohl als auch“
Dialog mit der Welt
Der Weg der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert aus dem „Bruch mit der Welt“ ist gekennzeichnet vom Einstieg in den „Dialog mit der Welt“ – das „Entweder – Oder“ wich einem „Sowohl als auch.“ In Klagenfurt zeigt sich diese Entwicklung in gelebter Ökumene und interreligiösen Kontakten von Katholiken, Orthodoxen, Protestanten, Altkatholiken und Muslimen: Bischof und Superintendent feiern gemeinsam, Bischofsvikar und Imam treffen sich im Gebetsraum, die katholische Kirche stellt orthodoxen Christen die Kreuzberglkirche für den Gottesdienst zur Verfügung. Seit der Auslöschung des Klagenfurter Judentums und der Zerstörung des Bethauses in der Platzgasse (10. November 1938) existiert in Klagenfurt keine jüdische Gemeinde.