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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Synodal leben - wie Odysseus oder Abraham

I. Weggefährten

Das Wagnis des Abraham (J. Kapeller)
Das Wagnis des Abraham (J. Kapeller)

Im Vorbereitungsdokument für die Bischofssynode 2023 „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ führt Papst Franziskus zehn Themenfelder an, die dabei helfen sollen Erfahrungen ans Licht kommen zu lassen, um sich so in tieferer Weise bei diesem Beratungsprozess einbringen zu können. Das erste Themenfeld ist mit „Weggefährten“ überschrieben. Dabei handelt es sich sowohl um eine Wesensumschreibung von Kirche als auch um einen Auftrag, der den Kern menschlicher Existenz berührt.

Weggefährten sein

Für Papst Franziskus ist eine Synode im wörtlichen Sinn ein gemeinsamer Weg, mehr noch ein gemeinsames Gehen. So schreibt der Papst im Vorbereitungsdokument zur Synode:

Unser „gemeinsames Gehen“ ist tatsächlich das, was wesentlich die Natur der Kirche als pilgerndes und missionarisches Volk Gottes verwirklicht und darstellt.

Diese Weggefährtenschaft schließt alle Getauften ein. Daher braucht es, so der Papst, einen aufmerksamen Blick dafür, wer in der eigenen Teilkirche mitgeht, wer lieber andere Wege einschlägt bzw. wer aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen wird.

Pilgerschaft des Lebens

Damit rührt der Papst an eine anthropologische Grunderfahrung unseres Menschseins: Von meinem ersten bis zu meinem letzten Atemzug bin ich in Entwicklung begriffen, bin ich innerlich wie äußerlich in Bewegung, ein Homo viator, ein Pilger bzw. eine Pilgerin, ein Mensch auf dem Weg. Karl Matthäus Woschitz entschlüsselt unterschiedliche Fassetten dieses Identitätsmerkmals menschlicher Existenz, indem er den griechischen Helden Odysseus dem biblischen Stammvater Abraham gegenüberstellt.

Die Irrfahrt des Odysseus

Der Heimkehr des Königs von Ithaka, Odysseus, geht eine zehnjährige Irrfahrt voraus. Dabei erleidet er Schiffbruch, überlistet den Riesen Polyphem, schützt sich gegen den Zauber Kirkes und widersteht dem betörenden Gesang der Sirenen, indem er sich an den Schiffmast binden lässt. Durch List und mit Hilfe der Götter gelingt Odysseus schließlich die Rückkehr in die Heimat. So wird Odysseus im literarischen Gedächtnis des Abendlandes zum Urbild des Heimkehrers und zur Erfüllung der Sehnsucht nach Ruhe, Heimat und Familie.

Seine Lebensbahn schließt sich von sich weg zu sich selbst zurück. (Karl Matthäus Woschitz)

Ausgangs- und Zielpunkt fallen zusammen. Das Unterwegssein des Odysseus erschöpft sich, so Woschitz, in einem innerweltlichen Kreisen um sich selbst.

Der Aufbruch des Abrahams

Ganz anders verhält sich dies bei Abraham. Nur aufgrund der Verheißung Gottes bricht Abraham auf und wagt den Weg in die Fremde und dies ganz ohne Aussicht auf eine Rückkehr in das Vertraute der Heimat. Dabei kommt es zu einem Überschreiten des Alten in ein Neues.

Diese Bewegung als handelndes Denken bedeutet nicht Rückkehr, sondern Umkehr zum Ganz Anderen. (Karl Matthäus Woschitz)

Diese Umkehr wird angestoßen durch die Begegnung mit dem Anderen. Seine bzw. ihre Erhabenheit oder auch Hilflosigkeit nimmt den Menschen in Anspruch und führt ihn bzw. sie mehr zu sich selbst und damit auf die Spur Gottes, als dem Ganz-Anderen. Abraham lässt sich auf diesen Weg ein, begleitet von Gottes Zusage:

Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. (Gen 12, 2)

Abraham überschreitet sich selbst auf den Anderen und damit auf Gott hin. Er bleibt nicht derselbe, sondern lässt sich verwandeln und begibt sich damit auf einen Weg in eine neue „Heimat“.

Synodale „Nagelprobe“

Für Papst Franziskus steht wohl außer Frage. Der synodale Prozess soll das Volk Gottes auf den Weg Abrahams führen. Das setzt die Bereitschaft voraus, die wohlige Wärme der Pfarrsäle, die vertrauten Muster theologischer Reflexion und die bewährten Vorstellungen, wie Kirche zu sein hat, hinter sich zu lassen. Das ist die Nagelprobe dieses synodalen Prozesses: Abschied zu nehmen von der Vorstellung einer Kirche, die der Logik des Odysseus folgt und wo eine Rückkehr zur vermeintlichen Größe, Bedeutung und gesellschaftlichen Relevanz früherer Tage ersehnt wird. Leitend soll viel mehr die Bereitschaft des Abrahams sein, alles auf eine Karte zu setzen und sich mit Sack und Pack aufzumachen, in die Fremde, einzig und allein auf Gottes Wort hin.